17

121 9 9
                                    


„Leuteee!"
Erst Lauras Rufen bewegt uns dazu, unsere Lippen voneinander zu lösen.
„Wir kommen gleich!", antwortet Basti, bevor er sich zu mir zurückdreht. Grinsend tauschen wir einen Blick.
„Vorher habe ich aber noch etwas für dich." Langsam lässt er mich los und geht in Richtung Garderobe. Sofort vermisse ich das Gefühl seiner warmen Umarmung.

„Du hast meine Jacke geholt?", erstaunt sehe ich ihn an, als mit entsprechenden Mantel zurückkommt.
Lässig zuckt er mit den Schultern. „Wir sind sowieso quasi daran vorbeigefahren."


„Quasi?", ein Kichern entwischt mir. Die Bar liegt nämlich mitten in der Fußgängerzone, während die Straße, welche zur Skipiste führt, einen großen Bogen darum schlägt.

„Ja, aber mittlerweile bereue ich es fast."

"Warum?" Ich bin wie hypnotisiert von seinem warmen, verschmitzten Blick, als erneut die Arme um mich schlingt.

"Meine steht dir nämlich viel besser", flüstert er, bevor er mir sanft an die Nase stupst.

Prompt erröte ich.


Als wir schließlich, ein wenig verspätet, am Tisch erscheinen, wirft Laura uns einen neugierigen Blick zu.
„Was habt ihr denn so lange gemacht?" Sie mustert zuerst mich und dann ihren Bruder eingehend, bevor sich ein wissendes Grinsen auf ihr Gesicht schleicht und es aufhellt.


Basti erwidert es, bevor er meinen Blick sucht. Es scheint, als wolle er mein Einverständnis einholen. So, als wäre er drauf und dran etwas durchsickern zu lassen. Im letzten Moment - er setzt sogar schon zu einer Antwort an - bricht blanke Panik in mir aus.
„Basti hat mir nur meinen Mantel zurückgegeben", sprudelt es aus mir meinem Mund.

Überrascht hält er inne und mustert mich nachdenklich.

Auch Laura dreht ihren Kopf zu mir. "Aaahja." Für einen kurzen Moment scheint sie mit sich zu ringen, ob sie weiter nachbohren soll. Entscheidet sich jedoch dafür, es dabei zu belassen, während ich ihrem Blick mit hochrotem Kopf ausweiche. 

Sie ahnt etwas - definitiv. Es wäre so leicht gewesen eine Andeutung in die Richtung zu machen. Dann wäre die Katze aus dem Sack und meine Gewissensbisse weniger gewesen. Dabei weiß ich selbst nicht, warum sich ein Teil von mir vehement dagegen sträubt, sie einzuweihen, obwohl sie es mir so leicht macht.

Ich spüre noch einen Moment länger Bastis Blick auf mir, auch als sich das Gesprächsthema anschließend der Getränkeauswahl zuwendet und traue mich nicht ihn anzusehen.


Erst als wir schließlich im Bett liegen - diesmal in meinem - und ich noch lange nach Basti nicht einschlafen kann, gestehe ich mir endlich selbst ein, woran es liegt.

Mein Kopf hebt und senkt sich mit jedem seiner Atemzüge, da er auf seinem Brustkorb liegt. Eine Weile lausche ich seinem regelmäßigen Herzschlag. Spüre seinen Arm, der um meine Hüfte geschlungen ist. Dann hebe ich langsam meinen Kopf um seine Silhouette in der Dunkelheit betrachten zu können.

Und da ist sie wieder, meine Unsicherheit. Die Angst verletzt zu werden. Ja, jetzt gerade liege ich in seinen Armen, aber wie bin ich auf einmal dorthin gekommen und wie lange werde ich den Platz behalten?

Gerade scheint alles perfekt. Basti gibt mir das Gefühl, gesehen und erkannt zu werden. Überschüttet mich mit Küssen und Endorphinen, süßen Worten und noch viel tieferen Blicken. Aber das Alles kam so schnell und unerwartet, dass ich Probleme habe, die Wendung zu verstehen. Am liebsten würde ich meine Gedanken aussperren und die Zeit mit ihm einfach genießen, aber dafür bin ich ein viel zu viel Kopfmensch. Deshalb spuken mir immer mehr Fragen im Kopf herum und überfallen mich aus dem Hinterhalt, wenn Basti mich gerade nicht anderweitig ablenkt.

Seit wann will er etwas von mir? Bin ich die Eine für ihn? Oder ist die Zeit mit mir nur eine schöne Ablenkung von Sylvie? Wie ist ihre Beziehung damals zu Grunde gegangen? Weil er ihr von meinem Kuss erzählt und sie ihn daraufhin verlassen hat? Laura meinte, dass er danach eine ganze Weile lang nicht mehr so gut drauf war. Hatte er etwa Liebeskummer wegen ihr? Und ist er nun über sie hinweg? Was wäre, wenn er vor der Entscheidung zwischen seiner Ex und mir stünde? Würde er wirklich mich wählen?

So gerne würde ich über all das mit Laura reden, sie um Rat fragen. Da es jedoch um ihren Bruder geht, scheue ich mich davor. Denn wenn man von einem Typen verletzt wird, ist es normalerweise die Aufgabe der besten Freundin, einen wieder zu pushen, indem man Dinge sagt wie: "So ein Arschloch!" "Er hat dich nicht verdient!" "Dem zeigen wir es!" "Rache ist süß!"

Doch ich will nicht, dass sie das Gefühl hat, sich für eine Seite entscheiden zu müssen - auch wenn ich das niemals von ihr verlangen würde.


Sparkling eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt