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Ich starrte gespielt fragend auf das zeitaufzeichnungsdokument was mir mein Chef auf seinem iPhone hin hielt - das zeitaufzeichnungsdokument was ich bewusst nicht ganz richtig geführt hatte. Mein Chef legte eine kalte und bedrohliche Art an den Tag um mir klar zu machen wie ernst meine Lage war. Wir saßen allein in einem kleinen Raum da er nicht wollte dass etwaige ebenso zu dieser Zeit in der Agentur anwesende Mitarbeiter mitbekamen wie scheisse es um meinen Arbeitsplatz stand. Ich hatte die zeitaufzeichnungen bei Kevin manipuliert weil ich mir mehr Überstunden raus schlagen wollte und wusste dass er die Mehrkosten eh locker zahlen würde. Nun sollte ich also zu Kevin fahren und mich noch mal bei ihm entschuldigen - und dann natürlich auch gleich bei ihm arbeiten. Kaum war ich bei Kevin zur Tür herein brach ich in Tränen aus, es tat mir wirklich leid dass ich ihn so enttäuscht hatte. Ich stammelte meine Entschuldigungen und Erklärungen schnell und verzweifelt. Kevin reichte mir eine Packung Taschentücher um die Tränen abzuwischen. Er saß bei mir am Küchentisch und sah mich enttäuscht an während er seinen Kopf auf seiner Hand aufstützte. Ich konnte froh sein dass ich jemals wieder bei ihm arbeiten durfte - dass ich überhaupt noch einen Arbeitsplatz bei meiner Agentur hatte. Kevin war nicht wütend weil er mehr hätte zahlen sollen sondern weil ich ausgerechnet bei seinen Stunden meine Agentur betrogen habe. Ich hätte niemals so unvorsichtig sein sollen. Kevin beteuerte zwar dass er versucht hatte mich bei meinem Chef raus zu hauen damit ich nicht entlassen wurde aber er gab mir genau zu verstehen wie wenig er von meinen schwachen Entschuldigungen hielt. Doch er wollte mich schnellstens wieder lächeln sehen und so lud er mich in ein Café auf dem Vorplatz vor seinem Loft ein. Dort redeten wir dann kaum noch über meine Verfehlung sondern er versuchte nach allen Künsten mich abzulenken. Am liebsten wäre ich bei ihm geblieben und nicht zurück in die Agentur gegangen um ein weiteres ernstes Gespräch mit meinem Chef auszuhalten. Vor ihm weinte ich nicht aber vor einer meiner Arbeitskolleginnen die die ganze Geschichte doch mitbekommen hatte dann schon. Sie verzog bestürzt das Gesicht, tröstete mich aber nicht wirklich - meine Arbeit bei Kevin hatte einen unsichtbaren Keil zwischen meine Arbeitskollegen und mich getrieben, sie verstanden nicht was ich an ihm fand oder vermuteten dass er mich nach strich und Faden verwöhnte. Nach diesem Tag saß mir der Schock noch monatelang in den Knochen, nie werde ich das Gespräch mit meinem Chef vergessen, nicht auszudenken wenn er mich gefeuert hätte was ich dann für einen Ärger von meiner Mama bekommen hätte. Kevin hatte mich vielleicht gerettet wie ein Papa sein Kind rettet. Kevin hätte mit einem Fingerschnipsen dafür sorgen können dass ich meinen Job verlor aber er hat es sich doch anders überlegt. Und ein klein wenig konnte ich darüber lächeln, es war ein modes abgekämpftes Lächeln. Aber nun konnte ich wieder in die Zukunft schauen - eine Zukunft in der ich einen Job hatte. Und dafür war ich Kevin auf ewig unendlich dankbar.

Findet ihr es fair dass Stefanie nicht ihren Job verloren hat?

Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen

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