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Sicht Roxanne

Es ist sehr spät, fast drei Uhr nachts, als es an meiner Tür klingelt, und ich aufstehe. Geschlafen habe ich nicht, ich konnte nicht. Aber ich wollte auch nicht raus gehen, eigentlich wollte ich nichts machen. Also bin ich einfach da geblieben und habe genau das gemacht. Nichts. Zumindest bevor die Klingel mich aus meinen Gedanken gerissen hat.

Das Rotweinglas lasse ich in der Hand, damit ich notfalls eine Waffe habe. Aber als ich sehe wer da vor der Tür steht, weiß ich dass ich die gar nicht brauche. Denn Lennard steht davor und grinst mich an, als sei es 13 Uhr und nicht drei Uhr. Aber etwas an seinem Grinsen stimmt nicht, es wirkt unfassbar unsicher und verletzlich. Und als ich ihm in die Augen sehe, weiß ich dass etwas nicht stimmt.

Sein ganzes Erscheinungsbild ist anders als noch vor den paar Stunden, als wir gemeinsam was getrunken haben. Jetzt sieht er so anders aus. Seine Haare sind verwuschelt und ganz zerzaust, und sein Anzug, der vorher wahrscheinlich noch wie angegossen saß, ist jetzt verknittert und sieht aus als hätte er eine Party hinter sich. Weil ich ihn nicht länger stehen lassen will, winke ich ihn rein und er zwängt sich vorbei.

Schnell schließe ich die Tür hinter mir und setze mich zu ihm in die Küche.
„Du riechst nach Rotwein. " Sagt er grinsend und schaut mir in die Augen.
„Und du nach Vodka. " Entgegne ich und grinse ihn ebenfalls an.

„Aber es hat einen Grund warum du hier bist. Immerhin ist es mitten in der Nacht und du siehst aus als hättest du ne krasse Party hinter dir. " Seine Augen verengen sich und schauen mich fragend an. Irgendwas beschäftigt ihn, so viel weiß ich jetzt schon.

„Kann ich dich mal was fragen?"
Sagt er dann, so leise als ob er sich selbst nicht sicher wäre, ob er es tun soll. Ich nicke und er sucht sichtbar nach den Worten die passen, um seine Frage zu stellen. Erst nach einer Weile traut er sich endlich und räuspert sich.

„Also, ich hab mich gefragt wie...also...wie du gemerkt hast dass du auf Mädchen stehst..." Sagt er wieder leise und sieht mich zögernd an. Ich muss kurz nachdenken, bevor ich etwas sage.

„Ich war immer mehr fokussiert auf Mädchen. Während meine Klassenkameradinnen sich für Jungs interessiert haben, habe ich mich für ihre Freundinnen interessiert weißt du? Und dann hatte ich meine erste Freundin. Ich wollte es nur mal probieren, schauen ob es stimmt, ob ich wirklich lesbisch bin. Aber als ich dann mit ihr zusammen war, da war alles anders. Alles war so...toll. "

„Wie meinst du das?"
Wieder muss ich nachdenken, bevor ich etwas sage und ignoriere seinen Blick, der auf mir heftet als wäre ich ein Magnet. Ein Magnet der alle seine Fragen beantworten kann.

„Als ich mit ihr zusammen war, da hat sich alles anders und richtig angefühlt. Das Kribbeln das ich hatte, die Blicke die sie mir gab, und das Gefühl. Bei ihr habe ich mich sicher gefühlt, als wäre ich etwas besonderes. Sie war meine ganze Welt, mein ein und alles. Wenn wir Zeit verbracht haben, hab ich mich gefühlt als hätte ich tausende Momente in einer Sekunde erlebt, als wäre sie die einzige die mich glücklich machen kann.

Sie war alles und doch nicht genug. Ich wollte immer mehr, weil sie einfach da war, weil sie bei mir war. Ich konnte nicht genug von dem Gefühl bekommen dass sie mir gab. Da wusste ich sie dass ich sie liebe. Und da wusste ich dass ich sowas mit einem Jungen nicht haben kann. Irgendwann merkst du es einfach, irgendwann weißt du einfach wie es ist. Und du merkst dass es richtig ist."

Seine Augen brennen, und Tränen flackern auf als er mich ansieht. Augenblicklich frage ich mich, was er wohl verbrochen hat dass er so drauf ist, und ich stehe einfach auf und umarme ihn. Seine Schultern beben, und ich merke wie meine Schulter nass wird, weil seine Tränen mein Shirt durchnässen.

Fixed (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt