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Sicht Lennard

Schnell schiebe ich mich durch die Leute, hinaus auf die Straße, wo ich neben Roxanne stehen bleibe, die sich zitternd umsieht. Tief atme ich durch und sehe sie dann von der Seite an.

„Roxanne, musste das sein? Du hast eine Freundin!" Ich versuche eigentlich nicht so enttäuscht zu klingen, aber ich merke dass ich das nicht hinbekomme. Meine Stimme zittert vor Wut und ich kann ihr ansehen, dass sie auch enttäuscht von sich ist.

„Ja ich habe eine Freundin, eine Freundin die im Krankenhaus liegt und die ich dort hin gebracht habe! Weißt du wie das ist? Weißt du was ich durchmache? Nein das weißt du nicht. aber wie auch? Bei dir läuft's ja perfekt oder? Aber bei mir nicht, bei mir nicht!"

Ihr Schrei ist zwar laut, aber die Musik verweht seine Lautstärke im Wind, und ich muss schlucken, während Roxanne sich weinend und schüttelnd auf den Boden fallen lässt. Ihre Schulter beben unkontrolliert, und ich lasse mich neben sie fallen, lege vorsichtig meinen Arm um sie und Versuche ihr zu vermitteln dass sie nicht alleine ist.

„Ich kann das verstehen Roxanne. Wirklich, und ich bin da okay? Ich bin immer für dich da, versprochen. Und wir kriegen das hin, wirklich, das verspreche ich dir. Wir holen dir deine Freundin zurück, aber du musst verstehen dass du jetzt nicht die Kontrolle verlieren darfst, nicht jetzt. Ich weiß Polly ist im Krankenhaus, scheiße ich hab mit ihr einem Zimmer gelegen. Aber du musst damit klarkommen okay? Und nicht so wie grade eben. "

Ihre Schultern hören auf zu beben, und ich sehe sie vorsichtig von der Seite an, während sie auf die Straße schaut. Ihre Augen glitzern und sind ganz rot, und ich muss feststellen dass ich nicht verstehe wie es ihr geht. Alle sagen immer „Ich kann das verstehen " aber tun wir das wirklich? Ich denke noch kurz nach, bevor ich die Worte höre die Roxannes Mund verlassen.

„Scheiße Lennard ich hab meine Freundin verloren. Ich habe sie ins Krankenhaus gebracht weil ich unbedingt noch eine Runde fahren wollte. Weil ich bei ihr sein wollte. Und jetzt ist sie im Koma. Ich Frage mich einfach...glaubst du sie liebt mich noch wenn sie wieder da ist?"

Die Frage überfordert mich ehrlich gesagt ein bisschen, aber ich versuche meine Gedanken zu sortieren, damit ich ihr eine Antwort geben kann.

„Ich sehe keinen Grund warum sie dich nicht lieben sollte. Ich weiß nicht wie ihr zusammen seid, aber ich kann mir vorstellen wie ihr seid. Und ich stelle es mir wundervoll vor. Und der Unfall hätte jedem passieren können, und überall. Das ist nicht deine Schuld. Das einzige was du wolltest, war Zeit mit der Person zu verbringen, die du liebst. Und das ist nicht verwunderlich oder irgendwie schlimm, das ist ganz normal. Aber es heißt nicht dass du schuld an dem Unfall bist, bitte rede dir das nicht ein. "

Ihre Schulter beben wieder, und ich mache mich bereit auf eine neue Hassrede die sie auf sich hält. Aber stattdessen schaut sie mich an, so lange und intensiv dass ich wegschauen muss.
Erst nach einer Weile senkt sie ihren Blick wieder, und ich kann sie wieder ansehen.

„Willst du wieder rein?" Frage ich sie langsam, und zögerlich als wüsste ich nicht welche Folgen meine Frage hat. Sie schüttelt den Kopf, was mich verwundert, aber dann redet sie wieder.

„Ich würde gerne nachhause. Aber einen Drink würde ich noch nehmen. "
Sanft muss ich lachen, bevor ich aufstehe und ihr meine Hand hinstrecke. Beherzt greift sie danach und zieht sich hoch. Mit einer Handbewegung bedeute ich ihr, zu warten, bevor ich wieder in das Haus gehe und dort Simon suche.

Als ich ihn endlich erspähe, muss ich mich kurz durch die Menge drängen, bevor ich ihn frage ob er einen Drink mit raus bringen kann. Er bejaht zwar, aber langsam, als wäre er sich nicht sicher ob es richtig ist was wir tun. Ich schnappe mir einen Becher,  der unberührt auf einem Tisch steht, und ich merke wie er mir durch die Leute zurück folgt.

Fixed (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt