Kapitel 26

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Das erste was sie wahrnahm, war ein Wirrwarr von Stimmen und Schmerzen am ganzen Körper. Sie verstand gar nichts, was gesagt wurde. Nur das alle sehr aufgeregt waren. Es kam ihr sogar so vor, als würde sie die Stimme nur durch Wasser hören. Als müsste sie erst auftauchen, um sie wahrzunehmen. Ein grelles Licht blendete sie und sie hörte jemanden sagen.
„Ich habe Reflexe."
Astoria versuchte das Licht zu verscheuchen und hustete schwer. Jeder Atemzug brannte.
„Sie atmete. Macht doch Platz, verdammt nochmal."
Sie kniff die Augen zusammen, alles war so hell und grell.
„Astoria.", sagte eine vertraute Stimme und sie versuchte erneut die Augen zu öffnen. „Tori.", wiederholte sich die Stimme und sie blinzelte erneut. Sie sah eine weiße Zimmerdecke über sich.
Sie wandte schwer den Kopf, als jemand nach ihrer Hand griff und erkannte die Person.
„Charlie."
Er lächelte schwach. Seine Augen waren gerötet. Ruß war auf seiner Stirn zu sehen. Sie schluckte hart und schloss kurz die Augen, bevor sie sie wieder öffnete und sich umsah. Es wirkte wie... ein Behandlungszimmer. Es sah nicht aus wie der Krankenflügel in Hogwarts. War sie im Mungo?

Sie sah ihn wieder an.
„Was ist passiert?" Charlie schien mit sich zu kämpfen. „Was ist mit dem Krieg?"; hakte sie nach.
„Es ist vorbei, Astoria. Harry hat gesiegt."
„Er lebt?"
Charlie nickte stumm und schien dann näherzurücken.
„Du wurdest verschüttet von einer einfallenden Mauer. Wir haben dich da herausgezogen und hierher gebracht."
Ja, das wusste sie noch. Draco. Er hatte sich über sie geworfen.
„Wo ist Draco?", fragte sie schwer und atmete stockend, als Charlie kurz wegsah. „Nein...", fing sie an und er schüttelte entschieden den Kopf.
„Er ist nicht... Sie behandeln ihn. Er lebt noch."
Noch? Was bedeutete noch? Wie schlimm war er verletzt?
„Ich muss zu ihm...", fing sie an und wollte aufstehen, doch Charlie drückte sie aufs Bett.
„Nein. Nein du bist schwer verletzt. Astoria, du hast vorhin nicht einmal geatmet."
Sie musste trotzdem nach ihm sehen. Schauen, ob es ihm gut ging.

„Mrs. Malfoy.", fing eine unbekannte Stimme an und eine Frau in einem Kittel und einem strengen Dutt kam in ihr Sichtfeld. „Ich bin ihre zuständige Heilerin. Smith." Sie musterte sie aufmerksam. „Ihr Mann wird gegenwärtig noch behandelt. Wenn meine Kollegen fertig sind und wir sie auch fertig behandelt haben, werden wir sie beide auf ein Zimmer verlegen. Aber sie müssen jetzt hierbleiben, damit keine Komplikationen auftreten.", erklärte die Frau um die vierzig ruhig. „Sie haben mehrere gebrochene Rippen, eine schwere Beinfraktur und zwei angebrochene Wirbeln. Sie können froh sein, dass sie beide überhaupt noch leben." Die Heilerin lächelte milde. „Es wird alles gut, aber sie müssen liegen bleiben. Sie können ihrem Mann jetzt nicht helfen." Die Heilerin sah Charlie an. „Wir bringen sie in wenigen Minuten in den OP."
Charlie nickte und die Heilerin ging.

Astoria schluckte schwer und sah sie wieder an.
„Was ist mit den anderen? Sind noch mehr gestorben?"
In Charlies Augen regte sich etwas.
„Wir haben noch keinen genauen Überblick."
Andromeda.... sie war mit den Kindern alleine und Andromedas Tochter, Dracos Cousine, war...
„Andromeda...", fing sie an und Charlie nickte verstehend.
„Fleur ist zu ihr mit Bill."
„Lucie und Scorpius, ich muss..."
„Du musst zuerst gesund werden. Fleur wird sie bestimmt im Laufe des Tages zu dir bringen. Aber du musst dich jetzt erst einmal behandeln lassen und dann schauen wir weiter. Ja?"
Sie nickte widerwillig und blickte zur Seite, als offenbar zwei Pfleger kamen.
„Wir werden Mrs. Malfoy jetzt in den Operationssaal bringen.", verkündete der Pflege rund Charlie stand auf.
Astoria sah ihn wieder an.
„Schau nach Draco, bitte."
Er nickte erneut.
„Das mache ich. Habe keine Angst."
Aber sie hatte Angst. Sie durfte ihn nicht verlieren.






Narzissa fragte sich, wie lange sie hierbleiben sollten. Sie war doch ohnehin unwichtig. Zumindest befragten seit Stunden Kingsley und andere Auroren ihren Mann und das bereits, als sie hier im Mungo angekommen waren um Lucius zu heilen. Sie hatten mittlerweile ein Zimmer bekommen und Lucius saß mit bandagiertem Arm auf einen Stuhl vor einem Tisch, während er befragt wurde und jedes Detail eine Feder mitschrieb. Man hatte ihn nicht verhaftet und auch sie nicht. Was wohl an Potter lag. Sie hatte gelogen und damit keine Sekunde gezögert, als sie Potter gefragt hatte, ob Draco noch lebte. Sie hatte ihn selbst gesehen. Er war am Leben und ihm schien es gutzugehen. Er war nicht alleine. Sie hatte diese Frau bei ihm gesehen.

Das Mädchen, das damals festgenommen worden war und dass er befreit hatte. Offenbar stimmten die Gerüchte. Die Gerüchte, dass er mit ihr etwas hatte und sie deshalb befreit hatte. Es war egal. Nicht mehr wichtig. Sie wollte nur noch zu ihrem Sohn und mit ihm reden. Ihm sagen wie Leid ihr alles tat. Dass sie ihn liebte und einfach nur froh war, dass er gesund war. Narzissa wandte sich von ihrem Mann, Kingsley und dem Auroren ab und trat an die geöffnete Zimmertür. Im Gang herrschte nicht mehr so viel Hektik wie vor einigen Stunden. Langsam kehrte Ruhe ein. Langsam kamen die ersten Verwandten und informierten sich von vermissten Personen. Ob sie hier waren. Verletzt... am Leben oder eben tot. Sie hoffte, dass es Draco gut ging. Als der Tumult angefangen hatte, hatte sie ihn aus den Augen verloren. Ihn und... die junge Frau. Keiner konnte oder wollte ihr sagen, was mit ihrem Sohn war und das machte sie verrückt.

Sie wandte den Kopf, als ein blondes Mädchen von vielleicht drei oder vier Jahren den Flur entlang lief und eine Stimme ihr auffordern hinter rief
„Warte!". Was das kleine Mädchen widerwillig tat. Narzissa legte den Kopf schief. Sie hatte... verdammte Ähnlichkeit mit ihrem Sohn, als dieser klein war. Das gleiche Haar... Sie keuchte leicht auf, als sie die Augen sah. Hätte Draco eine Schwester in dem Alter, könnte das Mädchen diese glatt sein. Die Frau, die nach ihr gerufen hatte, erkannte Narzissa sofort. Sie war in Dracos vierten Schuljahr Teilnehmerin des Trimagischen Turniers gewesen und jetzt die Frau einer der Weasley Jungs. Sie trug ein weiteres Kind auf dem Arm mit dem gleichen blonden Haar wie das kleine Mädchen und neben ihr herlief ein Mädchen, dass vielleicht ein oder zwei Jahre älter das kleine Mädchen war. Nur waren ihre Haare eher in einem Silber-blond und ihre Augen blau. „Du kannst doch nicht einfach davon laufen.", maßregelte die Französin das Mädchen.

„Aber ich will zu Mama und Papa.", erwiderte das Kind störrisch und die Französin rollte mit den Augen.
„Tu es tellement impatient. Das hast du eindeutig von deinem Vater."
„Ich weiß nicht was das heißt.", meinte das Mädchen bockig und das ältere Kind meinte gelassen.
„Mama sagt, dass du ungeduldig bist."
Sie gingen nicht weit, nur bis zu einer Sitzgruppe. Die Blondine wies die beiden Mädchen an, sich zu setzen, was sie taten und Fleur sah sich um, bevor sie das Kleinkind in die Spielecke auf den Boden setzte.
„Ihr passt auf Scorpius auf. Ich frage nach, wie es aussieht."
Die beiden Mädchen nickten brav und die Frau ging davon. Scorpius. Narzissas Herz klopfte stark. Scorpius hätte Dracos Bruder heißen sollen, der nie lebend zur Welt gekommen war. Das war doch kein Zufall.

„Mrs. Malfoy.", fing der Auror an, als sie einen Schritt in den Flur machte. „Wo wollen sie hin?"
Sie wandte nur kurz den Kopf.
„Ich bin nur... am Flur. Ich komme gleich wieder.", antwortete sie und ging einfach weiter. Die beiden Mädchen hatten sich inzwischen zu dem kleinen Jungen auf den Boden gesetzt und bauten mit ihm Türmchen, was ihn zum Glucksen und Brabbeln brachte. Das kleine Mädchen mit den grauen Augen blickte auf, als sich Narzissa ihr näherte. Es war, als würde sie in ein bekanntes Gesicht blickten. Ein vertrautes, bekanntes Gesicht. „Hallo.", sagte Narzissa freundlich und lächelte.
„Hallo.", meinte das Mädchen und das ältere Kind stieß sie an.
„Du darfst nicht mit Fremden sprechen."
„Ich spreche nicht mit Fremden. Ich habe nur Hallo gesagt.", schimpfte das blonde Mädchen zurück.

Narzissa kniete sich hin.
„Nun wenn man sich vorstellt und freundlich begrüßt, spricht sicher nichts dagegen." Keines der Mädchen sagte etwas. „Wie heißt ihr?"
„Ich bin Victoire Weasley. Meine Mama kommt gleich wieder.", meinte die Ältere der drei Kinder und das Mädchen mit den grauen Augen rollte diese.
„Und du?", hakte Narzissa weiter nach und das Mädchen sah sie wieder an.
„Ich bin Lucie und das ist mein Bruder Scorp. Er kann noch nicht viel sprechen."
Wie zu Zeichen hielt der kleine Junge Lucie einen Baustein hin und meinte aufgeregt „Da."
Er klatschte in die Hände, als Lucie ihn auf den bestehenden Turm stellte.
„Scorpius und Lucie.", murmelte Narzissa.
„Malfoy.", meinte Victoire und Narzissa glaubte das Atmen zu vergessen.
„Lucie ist keine Wealsey, sondern eine Malfoy."
„Das weiß ich selbst, Victoire."
„Aber die Frau doch nicht."
Die beiden Mädchen sahen auf, als die Französin wieder am Gang erschien und sich aufgeregt mit einem Heiler unterhielt. Victoire sprang auf und eilte zu ihr.

Malfoy. Sie waren... Dracos Kinder. Narzissas Brust zog sich fest zusammen. Draco war Vater. Vater von offenbar zwei Kindern. Ob die Mutter der Kinder Astoria Greengrass war? Wer den sonst? Sie hatte gesehen, wie sie aneinander festgehalten hatten, als der Dunkle Lord die Niederlage bekannt gegeben hatte und seinen Sieg. Wieso Lucie? Scorpius leuchtete ihr noch ein, aber Lucie? Es klang Lucius so ähnlich. Himmel, Lucius und sie waren Großeltern. Scorp lachte als Lucie den Turm um schmiss und reichte ihr wieder einen Stein, damit sie von neuem anfing zu bauen.
„Wo sind deine Eltern, Lucie?", hakte sie ruhig nach und das Mädchen sah sie nicht an.
„Tante Fleur sagt, dass sie hier sind. Das Heiler sie gesund machen." Das bedeutete dass sie verletzt sein mussten. Sie sah Narzissa wieder an. „Wie heißt du?"
„Narzissa. Aber du kannst gerne Zissy zu mir sagen." Was wohl leichter für ein Kind war. „Narzissa Malfoy.", fügte sie hinzu und die Kleine musterte sie interessiert.
„Du heißt wie ich?"
Sie nickte.
„Ja und wie dein Vater."
„Und Mama.", stellte die Kleine klar. „Mama heißt auch Malfoy."
Was bedeutet, dass Draco sogar verheiratet war. Himmel. Wie viel hatte sie von ihm verpasst?

Lucie blickte auf und sprang plötzlich auf.
„Onkel Charlie."
Es war einer der Weasley, der sie hochhob.
„Hallo meine Kleine. Wie geht es dir?"
„Ich will zu Mama und Papa.", verlangte sie und Charlie musterte Narzissa Malfoy, als diese Scorpius auf den Arm nahm.
„Mrs. Malfoy..."
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich wusste nicht..." Sie sah wieder ihren Enkel auf ihrem Arm an. „Kann ich bei ihnen bleiben? Wo ist Draco?"
Die Mimik des Rothaarigen war ernst.
„Draco wird immer noch operiert. Er... seine Verletzungen sind schlimmer als die von Tori. Astoria wurde gerade ins Zimmer gebracht, aber sie ist immer noch unter Betäubung."
„Ich will zu Mummy.", schaltete sich Lucie ein und vergrub ihren Kopf an Charlies Hals.
„Wir gehen jetzt zu deiner Mummy, Liebes."
„Ich möchte mitkommen. Bitte.", flehte Narzissa erneut.

Es ist nicht immer Liebe für eine Beziehung notwendigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt