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❄︎Holly❄︎

《Ms Evans?》

Ich drehe mich um. Mein Nachthemd flattert an mir hinab. 《Sie dürfen die Krankenstation nun verlassen.》Ich nicke und lasse mir meinen Zimmerschlüssel aushändigen. Kalt ist er. Aber nicht so kalt wie ich es bin.

Es ist früh am Morgen. Schnell streife ich mir Klamotten über, die man mir rausgelegt hat und haste aus dem Raum.

Auf den Gängen höre ich plötzlich Geräusche. Schritte. Sie kommen näher, biegen um die Ecke.

《Holly!》ruft plötzlich jemand. Überrascht drehe ich mich um. Diese Stimme kenne ich doch von irgendwoher.

《Summer?》frage ich und laufe im selben Moment noch auf sie zu. Sie umarmt mich und ich umarme sie. 《Wo warst du die ganze Zeit?》frage ich und merke, dass sie dasselbe gefragt hat. Wir lachen beide. Es ist ein vorsichtiges Lachen, was wir da von uns geben, doch es ist ein Lachen.

Dann fängt sie an zu erzählen. 《Einen Tag, nachdem ich mich mit dir angefreundet habe, erhielt ich einen Anruf. Er kam von meiner Oma. Sie erzählte mir, meine Eltern seien in einem Autounfall gestorben. Offenbar gab es ein Bremsversagen. Beide waren sofort tot, erzählten die Ärzte mir. Ich durfte solange für mich sein, wie ich wollte, hatte mir meine Therapeutin erlaubt.》Tränen rollen ihre Wangen hinab. 《Wieso müssen immer alle Menschen, die ich lieb habe, gehen? Wieso kann nie eine Person bleiben? Habe ich es nicht anders verdient? Wieso ist das Leben nicht einmal nett zu mir? Wieso, wieso, wieso nur immer ich?》

Sie bricht in Tränen aus. Ich lege ihr eine Hand auf die Schulter und will Anstalten machen sie zu umarmen, doch sie weicht zurück. Summer trocknet ihre Tränen und nuschelt ein schwer zu vernehmendes 《Ich muss gehen.》 Ihre Augen weiten sich dabei ängstlich. Dann rennt sie fast schon davon und lässt mich zurück.

Ich bleibe dort stehen, von allen verlassen. Jeder normale Mensch würde sich jetzt fragen wieso sie sich so komisch verhalten hat. Ich jedoch denke darüber nach, was ich falsch gemacht haben könnte. Was um alles Welt war es denn, was sie zum Weglaufen vor mir bewegte? Was um alles in der Welt hat sie dazu veranlasst? Was ist falsch mit mir? Wieso verlassen mich immer alle? Habe ich es nicht anders verdient?

Ja ,denke ich mir. Ja du hast es nicht anders verdient. Wieso hättest du nicht sterben können Holly? Wieso hat dich der verdammte Typ retten müssen? Wieso bist du noch am Leben, wenn du es nicht mehr verdienst? Wieso musst du immer noch eine Last für andere sein? Und wieso verlassen dich alle, außer die Therapeuten, die damit beauftragt wurden, dich zu "heilen"? Ihr könnt mich nicht heilen, denn meine Seele ist schon in zwei Stücke zerbrochen. Der Riss ist nicht länger ein Riss. Das Loch ist nicht länger ein Loch. Nein es sind jetzt zwei Teile, die auseinanderdriften wie Grundschulfreunde, nachdem sie 11 geworden sind. Da hilft nichts mehr.

Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Könntet ihr mich nicht einfach loslassen? Könntet ihr mich nicht einfach aufgeben? Wieso tut ihr es nicht? Denn ich möchte fallen. Ich bin bereit dazu. Mehr als nur bereit. Es wäre so einfach.

Und dann würde ich einfach gehen und nie wieder zurückkommen. Ich hätte es nicht anders verdient und ihr würdet lernen mich zu vergessen, denn ich bin nur ein Windhauch, wenn ich erstmal tot bin. Bald schon bin ich weg. Bald schon bin ich aus den Köpfen der Menschen, die mich kannten, ausgelöscht. Ich bin in Vergessenheit geraten und das möchte ich auch bleiben. An mich und meine Taten soll sich niemand erinnern.

Niemand soll sich daran erinnern, dass ich einen kleinen Jungen überfahren habe, denn das war kein Schicksal. So böse kann es gar nicht sein. Nein, es war vielmehr ich. Es gibt keinen anderen Schuldigen. Das Kind liegt unter der Erde wegen mir. Es ist tot und kalt wegen mir. Es ist im endlosen nichts gelandet wegen mir. Es musste den Schmerz vor dem Tod erdulden wegen mir. Alles wegen mir.

Ich fasse mich wieder. Ich darf jetzt nicht schon wieder zusammenbrechen. Nicht auf den Gängen, wo es jeder sehen könnte und nicht nur die Leute vor den Kameras. Ich schiebe die Gedanken weg, auch wenn ich weiß, dass sie wieder zurückkommen werden, denn sie haben keine Gnade mit mir, einer Mörderin, und ich habe sie nicht länger unter Kontrolle. Wieso sollten sie auch Gnade mit mir haben? Wieso sollten sie auch?

Ich gucke auf die Uhr. Kurz darauf renne ich schon fast durch die Gänge. Fuck. Wie kann ich nur so ein schlechtes Zeitgefühl haben? Ich hätte schon längst beim Frühstück sein müssen, doch die Zeit ist jetzt weg, denn eigentlich läuft die Sitzung mit meiner Therapeutin schon seit einer Viertelstunde.

5 min später befinde ich mich vor der Tür, atme tief ein und aus um meinen Atem zu beruhigen und klopfe zaghaft an. 《Herein.》ertönt es hinter der Tür.

Ich trete ein. Hinter dem Schreibtisch sitzt Mrs Clark. 《Hallo Holly》begrüßt sie mich und bietet mir eine Tasse Tee an. Dankend lehne ich ab und grüße zurück. 《Wie geht es dir wirklich?》wirft sie die Frage in den sonst so leeren Raum. Einfach so, wie als wäre ich nicht gerade dabei im Begriff mich hinzusetzen.

Ich antworte nicht. Ich bleibe still, denn was hätte ich auch antworten sollen? Dass es mir scheiße geht, wie jeden anderen Tag auch? Was kann ich ihr sagen, was sie noch nicht weiß? Sie sieht doch, dass es mir schlecht geht. Sie weiß doch, dass ich Depressionen habe. Muss ich das jetzt auch noch laut aussprechen?

《Holly, wenn ich dir helfen soll, musst du dich mir gegenüber schon öffnen. Ich weiß, ich kann dich nicht zum Reden zwingen, aber es wäre wirklich schade, wenn du nicht wenigstens den Versuch starten würdest dir helfen zu lassen.》Ich nicke und schüttele gleichzeitig den Kopf. Soll ich mir helfen lassen? Soll ich mich ihr öffnen? Einer Person, die ich nicht wirklich kenne? Kann ich ihr vertrauen?

《Nagut, einen Versuch ist es wert. 》antworte ich schließlich. 《Aber dann habe ich Bedingungen.》Sie seufzt. 《Wieso hätte ich mir das nicht gleich denken können?》

《1. Wir duzen uns gegenseitig. Wenn sie mich Holly nennen dürfen, darf ich sie auch Marilyn nennen.

2. Ich schreibe Tagebuch, wann ich Lust habe.

3. Alles, was in diesem Raum gesagt wird, bleibt in diesem Raum.

4. Wir machen einen Neustart.》

Sie nickt verständnisvoll.

《Angenommen.》Ich nicke ebenfalls. 《Gut, gut.》《Na dann stell dich mal vor Holly.》antwortet Mrs Cl...., äh Marilyn. Verdutzt gucke ich sie an.《Neustart?》hakt sie nach. 《Oh ja, natürlich.》

Zerstreut fange ich an mich vorzustellen.

⌨︎A/N☕︎

Es tut mir wirklich leid, dass ich jetzt länger nicht mehr geupdated habe. Irgendwie war mein Kopf nicht sehr ideenreich in letzter zeit, aber gut. Hat diese Phasen nicht jeder manchmal?

Ich hoffe wirklich ihr mögt das Kapitel. 

How to liveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt