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✯𝗡𝗼𝗮𝗵✯

Holly. Holly. Der Name hört sich so weihnachtlich an. So fröhlich und liebevoll.

Holly. Ich liebe diesen Namen, doch wenn ich in ihre Augen sehe, ist da keine Holly. Da sitzt nur Traurigkeit. Eine Mary hätte im Moment eher zu ihr gepasst.

Mary, die Bittere. Holly, die immergrüne Stechpalme. Aber auch Holly, die Glückliche. Holly, die Freie. Und wenn Holly lacht, passt ihr Name auch wirklich zu ihr doch im Moment...  Für den Augenblick ist sie viel mehr eine Mary als eine Holly.

Holly, der Name hört sich so leicht an, doch sie spricht ihn so schwer aus. Und genau so scheint sie sich auch zu fühlen. Schwer. Schwer mit Schuld beladen und traurig. So traurig.

Ich muss sie aufmuntern. Irgendwie muss ich sie doch erheitern. Aber mir fällt nichts ein. Mein Kopf ist so leer und tut plötzlich auch so weh.

Ich taumele. Nur noch verzerrt vernehme ich das 《Alles okay?》von Holly. Mein Kopf tut so weh. Er tut so unbeschreiblich weh.

Ärzte kommen auf uns zugeeilt. Doch wieso sehe ich sie doppelt? Sie packen mich unter den Armen und schleifen mich den ganzen Weg bis zu meinem Zimmer entlang. Eine erneute Welle von Schmerz trifft mich. Ich stöhne auf. Wieso tut mein Kopf so weh?

Ärzte dunkeln mein Zimmer ab. Sagen mir, ich solle hier still liegen bleiben und nichts machen. Ich muss die Schmerzen jetzt ausharren, erklären sie mir. Wie soll ich mich denn auch bewegen bei diesen unerträglichen Schmerzen?

Dann verschwinden die Menschen und es wird still um mich herum. So unglaublich still.

In der Dunkelheit sehe ich Geschöpfe und Schatten und Schmerzen. Wellen, die abebben und in die Höhe gehen. Doch die Wellen bestehen nicht aus Wasser, sondern aus Schmerzen.

Manchmal schreie ich. Manchmal stöhne ich laut auf. Doch die meiste Zeit über bin ich still und halte die Explosionen in meinem Kopf aus.

Und irgendwann sind die Schmerzen weg. Sie sind einfach weg. Wie als hätte jemand in einem Meer aus Schmerz den Stopfen gezogen. Der Schmerz fließt ab und ich kann wieder atmen. Luft strömt aus meinen Lungen raus und wieder rein. Ich schaue auf die Uhr. Zwei Stunden waren das.

Ich drücke auf den roten Knopf. Mein Therapeut kommt hinein. Der große bärtige Mann setzt sich an mein Bett und erklärt mir, dass wir das Antidepressiva schnellstmöglich absetzen müssen. Mein Körper reagiere zu stark auf die Nebenwirkungen. Ich müsse nun lernen mit meinen Depressionen zu leben. Das Antidepressiva wäre keine Lösung für mein ganzes Leben. Die Nebeneffekte wären zu stark.

《Das Antidepressiva absetzen? nein das geht nicht!》höre ich mich panisch rufen. Doch ich will nicht panisch klingen. Ich muss gefasst reden. Klar und deutlich.

Das Antidepressiva ist das einzige, was mich von diesem Loch abhält. Es hält mich davon ab zu fallen. Und jetzt wollen sie, die Ärzte, es mir wegnehmen nachdem sie es mir angedreht und mich davon abhängig gemacht haben wie einen Drogenabhängigen.

Wie andere Leute süchtig nach Schokolade oder Kaffee sind, bin ich es nach Antidepressiva. Diese Leute müssen ihren Konsum auch nicht abstellen, wieso muss ich es dann?

Antidepressiva war mein Leben nach dem Vorfall, der alles für immer veränderte.

Wieso habe ich sie damals rausgelassen? Wieso habe ich an diesem Tag nicht Nachrichten geschaut? Verdammt, ich hätte wissen müssen, dass sie nicht raus darf. Wieso habe ich nicht auf Mum und Dad gehört? Wieso habe ich ihre Aussagen an mir vorbeirauschen lassen, wie einen schlechten Film? Wieso erschien mir alles, was aus ihrem Mund kam so unwichtig damals obwohl es dann doch ein Leben ausgemacht hat. Verdammt ich hätte die Warnung hören sollen. Ich hätte sie in ihren Augen sehen sollen. Doch ich tat es nicht. Im Radio, im Fernsehen, sowie von meinen Eltern. Jeder wusste davon außer ich und sie.

Ich komme zurück. Das Antidepressiva scheint meinen Körper schon langsam zu verlassen. Es kann sich nur noch um Stunden handeln, bis es weg ist und eine unendliche Traurigkeit und Schuld mich befangen wird. Nur noch Momente des Glücklichsein verbleiben mir und selbst die Freude verschwindet langsam.

Freude und Trauer liefern sich einen endlosen Kampf in meinem Kopf, bis die Trauer gewinnt und die Freude endgültig verschwindet.

Das Lächeln schwindet von meinem Gesicht und macht einer Leere Platz. Ich fühle mich schwer. Schwerer als unser Planet. Schwerer als Raum und Zeit. Schwerer als Holly.

So schwer, dass ich unter der Last auf meinen Schultern zusammenbreche. Ich bin Schuld. Ich bin schuldig. Sie- tot wegen mir. Weil ich meine Pflicht vernachlässigt habe. Ich bin ein schrecklicher Mensch. Ich verdiene es zu sterben. Ich will nicht mehr sein. Sie, ich kann ihre Namen nicht aussprechen wollen nicht mehr, dass ich einen Tag länger hier bin.

Ich haue gegen irgendwelche Wände, in der Hoffnung meine Hände zu verletzen. Ich brauche irgendeinen Schmerz, der meinen inneren ausgleicht und mich bestraft, doch kein Schmerz dieser Welt reicht. Kein Schmerz lässt mich frei von Schuld werden. Kein Schmerz ist genug.

Minuten später kommen Ärzte. Sie packen mich an Armen und Beinen und legen mich wieder in mein Bett. Dann verschwinden sie wieder. Tage vergehen. Licht und Schatten ziehen vorbei. Das endlose Ticken der Uhr klingt laut in meinen Ohren. Viel zu laut um wahr zu sein. Jeden Tag setzen sie mir etwas zu Essen vor. Ich darf jetzt nicht mehr raus, weil ich mich noch an ein Leben ohne Medikamente gewöhnen muss. Jeden Tag wünsche ich mir den Tod. Doch er kommt nicht. Deshalb bleibe ich weiter in diesem unausstehlichen Bett mit meinen unausweichlichen Gedanken und hasse mein Leben. Manchmal weine ich und vergesse warum. Die Therapiesitzungen finden weiterhin statt, obwohl wir keinen Fortschritt machen. Jeden Tag gehe ich in einen Raum und komme erkenntnislos wieder hinaus.

Wenn meine Fenster doch nicht vergittert wären. Dann könnte ich einfach hinausspringen und alle meine Probleme wären gelöst.

⌨︎𝗔/𝗡☕︎
Long time no see, but I'm back mit einem Kapitel zumindest. Ich bin am Ende eines jeden Jahres irgendwie immer so ideenlos.

I'm very sorry.

Das war dann das erste Kapitel aus Noahs Sicht. Auf seine Vergangenheit und warum er Suizid begehen wollte, kommen wir später noch zurück. Ich kann ja nicht gleich alle Karten auf den Tisch legen. I hope u are okay with that.

Ich glaub Noah ist kinda more depressed than Holly.

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und das wars dann 2020 auch schon von mir. Kann immer noch nicht glauben, dass das Jahr jetzt einfach bald schon vorbei sein soll. Ich war irgendwie in keiner Weihnachtsstimmung dieses Jahr und erst recht nicht in "Ich mach mir gute Vorsätze-Stimmung, die ich eh nicht einhalten werde". Aber habt noch ein schönes Leben und Rest 2020 und ja. Ich finde mich jetzt damit ab, dass es bei uns schon wieder nicht geschneit hat.

Hat es bei euch geschneit?

Oh gott die A/N war gefühlt länger als das Kapitel, aber egal haha.

How to liveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt