Kapitel 1

1K 29 4
                                    

Josi

Ich höre den sprechenden Hut grübeln, bis er laut durch den ganzen Saal „Hufflepuff" brüllt. Erschrocken schaue ich zu meinem Bruder Will rüber, er schaut mit einem sorgenden Blick zu mir. Wir beide wissen genau, was diese Einordnung für einen Ärger zu Hause auslöst. Und in dem Moment ahnte ich noch nicht mal annähernd das Ausmaß an Ärger, den ich dafür bekam. Allein bei dem Gedanken an diesen Abend durchfährt ein schrecklicher Schmerz meinen Körper. Ich war schon immer etwas anders als meine Familie. Ich bin nicht so auf meinen eigenen Vorteil bedacht, ich bin nicht so ehrgeizig wie Vater, Mutter oder Will. Ich habe als Kind lieber mit Will im Matsch gespielt, als mit den Puppen zu spielen, welche Mutter mir schenkte. Ich habe schon als Kind unseren Hauselfen und unserem Kindermädchen Lucy bei sämtlichen Aufgaben geholfen, obwohl Mutter es mir deutlich untersagt hatte. Die Einordnung ins Haus Hufflepuff bestärkte meine Mütter, dass ich unserem Familiennamen großen Schaden zu fügen würde. Alle Mitglieder der Familie Thompson wurden schon seit Generationen ins Haus Slytherin eingeordnet. Ich breche diese Tradition und gehe damit wohl in die Familiengeschichte ein, nur leider nicht als positives Ereignis. „Josephine Thompson! Setz dich gerade hin!", reißt mich meine Mutter aus meinen Erinnerungen. Ich schaue sie an und entschuldige mich. Sie schnaubt nur verächtlich und wendet ihren Blick dann wieder zu Vater und Will. Sie hasst mich. Sie hasst mich einfach. Ich weiß nicht mal wirklich warum, aber ich denke, dass es mit meinem Aussehen und meiner Art zu tun hat. Vom Aussehen her falle ich total aus dem Muster. Ich sehe aus wie mein Großvater mütterlicherseits. Sowohl meine Eltern als auch Will haben pechschwarzes Haar, mein Haar ist braun. Vater und Will haben eisblaue Augen. Meine Mutter hat grau-blaue Augen, meine Augen sind grün. Für manche Leute mag das Aussehen der Kinder keine große Rolle spielen, für meine Familie allerdings spielt schon eine Rolle, denn es ist ihr Markenzeichen. Die pechschwarzen Haare und die eisblauen Augen stehen für die Familie Thompson. Meine Mutter und ihr Vater hatten keine gute Beziehung zueinander, ich erinnere sie wahrscheinlich an ihn. Mein Verhältnis zu meinem eigenen Vater ist auch nicht sonderlich gut. Vater arbeitet im Ministerium und ist so gut wie nie zu Hause. Der einzige, der dafür sorgt, dass es zwischen Mutter und mir nicht eskaliert, ist Will. William Thompson ist der Traum von Sohn und der Traum von Mann in einer Person vereint. Er ist fast 2 Meter groß und muskulös gebaut. Mit seinem schwarzen Haar und seinen eisblauen Augen bildet er den Traum der meisten Mädchen. Das schlimmste an dieser Geschichte ist, dass er dies ganz genau weiß und es auch schamlos ausnutzt. Ich will meinen Bruder nicht schlecht reden, denn wir kommen ganz gut miteinander klar. Außerdem kommuniziert er seine Absichten bei den Mädchen immer offen und ehrlich, nervig ist das Gedrängel um meinen Bruder trotzdem. In Hogwarts bekommen die Mädchen regelrecht weiche Knie, wenn er mit seinen Freunden durch die Korridore schlendert. Es ist fast lächerlich, wie sie durch die Korridore spazieren. Es sieht wirklich so aus, als würde sie in Zeitlupe und mit perfekt im Wind wehenden Haaren an einem vorbei laufen. So beliebt Will in Hogwarts auch ist, bin ich so ziemlich das Gegenteil. Ich bin die Unscheinbare. Ich habe ein richtige Freundin und ich weiß absolut nicht, warum Freya überhaupt mit mir befreundet ist. Sie ist ein zierliches, rothaariges Mädchen mit vielen Sommersprossen und ebenfalls wie Will sehr beliebt. Das überrascht mich allerdings nicht, Freya muss man einfach mögen. Sie trägt ihr Herz auf der Zunge und spricht direkt aus, was sie gerade denkt. Sie ist offen, zielstrebig, lebendig und voller Emotionen. Meine Freundschaft mit Freya ist so ziemlich das Einzige, was Mutter an mir nicht verabscheut. Sie liebt Freya, aber wie gesagt: Wer tut das nicht? Freya und ich sind seit frühen Kindertagen beste Freundinnen. In Hogwarts haben wir uns etwas auseinander gelebt, was daran liegt, dass ich in Hufflepuff bin und sie in Slytherin ist sowie sie beliebt ist und ich nicht, aber unsere Freundschaft ist immer noch stark. Durch Freya kenne ich ein paar weitere Personen. Als Freunde würde ich diese Personen nicht bezeichnen, sie kennen mich nur durch Freya und hängen nur wegen Freya mit mir rum. Meistens sprechen sie gar nicht wirklich mit mir, ich bin nur Freyas Anhängsel. Das stört mich allerdings weniger, denn abgesehen mit Will sowie Freya rede ich sowieso wenig.
Ich stochere in meinem Essen herum. „Josi, das Essen ißt sich nicht von allein.", höre ich Will sagen. Ich blicke hoch und schaue in Wills amüsierten Blick. „Ich glaube Josephine sollte dies nicht mehr essen, ein paar Kilos weniger könnten ihr nicht schaden, Darlin'.". Sofort senke ich meinen Blick und schiebe meinen Teller von mir weg. „Mutter, musste das sein?", verteidigt Will mich. „Lass gut sein.", murmele ich. Es bringt doch eh nichts. „Ich meinte es doch nur gut mit ihr, so wird sie keinen Ehemann finden", sagt Mutter herablassend. Ich kämpfe mit den Tränen und muss kräftig schlucken. Das ganze Abendessen über fasse ich meinen Teller nicht mehr an lasse meinen Blick gesenkt.
In meinem Zimmer starre ich an die Decke. Tränen steigen mir ins Auge und tropfen langsam meine Wangen herab. Ich muss an all die Dinge denken, die meine Mutter mir schon angetan hat. Die kleinen fiesen Kommentare nebenbei bringen das Faß bei mir immer wieder zum Überlaufen. Langsam schließe ich die Augen und weine mich in den Schlaf.

Unten höre ich bekannte Stimmen, als ich langsam aufwache. Wills Freunde sind zu Besuch. Mal wieder. Wenn Ferien sind, kommen sie uns regelmäßig besuchen. Ich drehe mich im Bett um und versuche nochmal zu schlafen, doch der Versuch bleibt vergeblich. Außerdem knurrt mein Bauch, also stehe ich auf. Ein Blick in den Spiegel verrät mir, dass meine Augen vom Weinen noch leicht angeschwollen sind. Mist! Schnell wende ich meinen Blick vom Spiegel ab, ziehe mir einen Pullover über mein Shirt und verlasse mein Zimmer in meiner kurzen Schlafshorts und einem Pullover über meinem Schlafshirt. Leise schließe ich meine Zimmertür. Ungern möchte ich Will und seinen Freunden über den Weg laufen, weswegen ich extra leise die Treppe heruntergehe. In der Küche angekommen, krame ich nach einer Schale und fülle sie mit Müsli. Noch in der Küche esse ich den ersten Löffel von meinem Müsli. Als sich plötzlich jemand räuspert, zucke ich vor Schreck zusammen und lasse den Löffel in der Hand fallen. „Guten Morgen!", höre ich eine Stimme sagen. „Morgen", murmele ich leise vor mir her, ohne nach oben zu schauen. Wills Freunde kenne ich nicht sonderlich gut und sie kennen mich auch nicht wirklich. Will und ich halten unsere Leben gerade in Hogwarts getrennt. Es ist eine Vorschrift von Mutter, außerdem hat er sowieso wenig Zeit, die er lieber mit seinen Freunden verbringt. „Willst du den Löffel nicht wieder aufheben?", höre ich die Stimme fragen. Automatisch bücke ich mich nach unten und greife nach dem Löffel, als ich wieder hochkomme, knalle ich mit voller Wucht gegen die Arbeitsplatte der Küchenzeile. „Autsch!", sage ich vor mir her, kneife vor Schmerz die Augen zu und reibe mir mit der Hand über den pochenden Schmerz an meinem Kopf. „Hey, Mann. Hier bist du also! Wir haben dich gesucht, Pucey.", höre ich Will sagen. Langsam komme ich hinter der Küchenzeile hoch. Will schaut mich an, muss sich sichtlich das Grinsen verkneifen und sagt: „Guten Morgen. Schon wach?", danach wendet er seinen Blick zu seinem Freund, „Kommst du jetzt, Pucey?". Das erste Mal traue ich mich hoch zu schauen, Wills Freund grinst Will an und antwortet: „Ich wollte mir nur eben Wasser holen und dann hab ich sie da getroffen. Euer Hausmädchen?". Jetzt kann Will sich vor lachen nicht mehr halten. Er prustet laut los, dreht sich dann zu seinem Freund und erklärt ihm unter lauten Lachen: „Das ist meine Schwester, du Spinner.". Sein Freund bewegt sich Richtung Kühlschrank holt eine Wasserflasche heraus und dreht sich zu mir. Er schaut mir in die Augen und sagt: „Sorry. Du siehst nur so..", er stockt. Offensichtlich weiß er nicht wie er den Satz beenden soll ohne mich gleichzeitig zu beleidigen. Das wird mir hier eindeutig zu viel, ich nehme meine Schüssel in die Hand, drehe mich um und verlasse die Küche in Richtung meines Zimmers. Im Flur kann ich hören, wie Will und sein Freund die Küche laut lachend verlassen. Wahrscheinlich lachen sie noch darüber, wie sein Freund dachte, dass ich das Hausmädchen sei. Solche Idioten. Wie war sein Name noch gleich? Pu.. Puce? Pucey? Klingt doch bescheuert.

Sternenklar * Adrian Pucey ff *Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt