Kapitel 17: Is the glass now broken?

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Sichtwechsel: Samu

Ich wusste nicht wie lange wir jetzt schon so dastanden. Beide mit offenen Augen und den Schock deutlich ins Gesicht geschrieben.
Meine Ex-Freundin war im zweiten Monat von mir schwanger und ich wusste absolut nicht, was ich fühlen sollte. Ich hatte mir immer Kinder gewünscht, irgendwann. Mit einer Frau, die mich liebte und die ich liebte.
Dies war absolut nicht so eine Situation und mein Arsch ging mir wortwörtlich auf Grundeis, seit Tanja die Worte ausgesprochen hatte.
I am two months pregnant. It is yours, Samu...
Die Sätze ratterten in meinem Kopf, wie eine Tonspur auf Dauerschleife, als hätte sie sich an irgendeiner Stelle verknotet und lief deshalb nicht weiter. Weiter zu dem Teil, an dem der Text darauf einen Sinn ergab.
So hatte ich mir das Ganze nicht vorgestellt, und Tanja wahrscheinlich auch nicht.
Völlig in Gedanken, fiel mein Blick wieder auf Yvonne, die ebenso schockiert vor mir stand und sich gar nicht mehr von der Stelle rührte. Auch sie hatte es sich vermutlich nicht so vorgestellt.
Zu viele Fragen kreisten durch meinen Kopf und mein Puls schoss immer weiter in die Höhe, so deutlich, dass ich schon gar spürte, dass ich Kopfschmerzen bekommen würde.
Yvonne und ich waren doch gerade erst zusammengekommen, nachdem wir so lange um unsere Gefühle herumgetanzt hatten, oder immer irgendjemand im Weg zu sein schien.
Im Weg..das traf es wohl ganz gut.
Doch sobald ich diesen Gedanken gedacht hatte, war ich nur noch geschockter und verbannte ihn sogleich aus meinem Kopf. Wie konnte ich so etwas nur denken? Es war immerhin ein unschuldiges Kind. Mein Kind, rief ich mir ins Gewissen und musste für einen kurzen Augenblick die Augen schließen, um meine Gedanken wieder zu sammeln. Doch so wirklich funktionieren tat es nicht.
An diesen Gedanken musste ich mich wirklich noch gewöhnen.
Am Telefon hatte Tanja mir erzählt, dass sie es auf jeden Fall behalten würde, egal, ob ich involviert sein wollte, oder nicht und ich hatte einfach nur gesagt, dass wir reden würden, wenn ich zurück in Helsinki bin. Nicht, dass ich es mir auch nur anmaßen würde ihr da irgendwie rein zu reden. Wie könnte ich das, wenn es nicht mein Körper war?
Dennoch wusste ich sogleich, dass auch für mich einige Entscheidungen anstanden und dass ich mir selber erstmal über vieles klar werden musste.
Ein Kind. Ich konnte es nicht glauben und schloss meine Augen erneut, in der Hoffnung es würde mir beim Nachdenken helfen.
Erst als ich spürte, wie Yvonne nun doch ihre Hände von meinen Wangen nahm, öffnete ich meine Augen wieder und sah sie traurig an.
In ihrem Gesicht war große Sorge zu erkennen. Ihre Stirn leicht in Falten gelegt und ihre Zähne, die nervös auf ihrer Lippe herumkauten, verrieten dies. Mit ihren Augen wechselte sie den Blick ständig zwischen dem Boden und mir und ich meinte zu erkennen, dass sie glasig wurden, doch ich war mir nicht ganz sicher.
Denn gerade, als ich nun meine Hand an ihre Wange legen wollte, wich sie unweigerlich ein Stück zurück und sah wieder betreten zu Boden, bevor sie ein Mal tief durchatmete.
Ihr Zurückweichen versetze mir sofort einen Stich ins Herz, aber was hatte ich auch erwartete? Man erfuhr schließlich nicht jeden Tag, dass sein Freund ein Kind mit seiner Ex-Freundin erwartete.
„Yvonne, I am so sorry..", hatte ich sofort das Bedürfnis mich bei ihr zu entschuldigen, schließlich hatte ich dazu beigetragen, dass wir beide jetzt in dieser Lage waren, doch Yvonne wirkte so abwesend, dass ich mir nicht einmal sicher war, ob sie mich gehört hatte.
Mit einmal schüttelte sie nur den Kopf und sah dann knapp zu mir auf. Jetzt konnte ich die Tränen, die sich in ihren Augen abzeichneten, deutlich erkennen.
So gerne hätte ich sie jetzt einfach in den Arm genommen und ihr gesagt, dass alles gut werden würde, doch wieder wich sie zurück und brachte nur ein verzweifeltes und kurz angebundenes: „Ich brauche frische Luft.", hervor, bevor sie sich einfach umdrehte und in die kühle Abendluft entschwand.
Nicht einmal ihre Jacke hatte sie auf die Schnelle mitgenommen und alles was ich tun konnte, war ihr hinterherzuschauen. Unfähig mich zu bewegen.
So eine verdammte Scheiße.
Verzweifelt, rieb ich meine Hände durch mein Gesicht und musste mich mit meinem Rücken am Küchentresen anlehnen, denn ansonsten hätte ich wahrscheinlich den Halt unter meinen Füßen verloren, so weich, wie meine Knie wurden und so hektisch, wie meine Atmung ging.
Yvonnes plötzliches Herausstürmen hatte mir dabei den Rest gegeben und mich daran zweifeln lassen, ob wirklich alles so gut werden würde, wie ich es ihr eben noch beteuern wollte.
Würde Yvonne überhaupt mit dieser Situation klar kommen? Ging ihr das nicht alles viel zu schnell? Die Mutterrolle für ein Kind einzunehmen, dass nicht einmal ihres war, obwohl wir erst wenige Monate zusammen waren... Würde sie mich jetzt verlassen? Hatte ich sie endgültig verloren, obwohl es so lange gedauert hatte, bis wir überhaupt den Schritt gewagt hatten zusammenzukommen?
Die Fragen drängten sich in meinen Kopf und wüteten umher, wie ein Wirbelsturm, der eine Stadt in Schutt und Asche legte. Das konnte doch alles nicht wahr sein.
Auf wackligen Knien, ging ich einen Schritt zur rechten Seite, um mir ein Wasserglas aus Yvonnes Küchenschrank zu holen und füllte mir etwas Leitungswasser aus dem Hahn hinein.
Das konnte doch alles nur ein schlechter Scherz sein.
Ein Traum vielleicht...wohl eher ein Albtraum, verbesserte ich mich in meinen Gedanken selbst.
Wieder fuhr ich mir mit meiner freien Hand durch das Gesicht und nippte dann vorsichtig an dem Glas in meiner Hand.
Sollte ich Yvonne hinterherlaufen? Sollte ich ihr Zeit geben?
Meine Gedanken waren völlig blank, und doch so durcheinander.
Wie schnell 10 Minuten alles verändern konnten.
Ich wagte es trotz des Schwindelgefühls, das sich in mir anbahnte, ein paar Schritte in Richtung ihrer Haustür zu gehen, doch wie ich es erwartet hatte, erkannte ich nichts außer die Dunkelheit der Nacht und ein paar vereinzelte Straßenlaternen in der Ferne, als ich mich nach einem Zeichen von Yvonne umsah.
Wäre ich doch nur schneller gewesen und hätte sie abgefangen.
Kalte Schweißperlen bildeten sich auf meiner Haut, als ich darüber nachdachte, ob dies wohl das letzte Mal sein könnte, dass ich Yvonne gesehen hatte, auch wenn dieser Gedanke völlig unlogisch war, betrachtete man, dass wir noch immer gemeinsam für The Voice drehten und ich außerdem gerade in ihrem Haus stand.
Als ich dann auch noch erkennen konnte, dass es angefangen hatte zu regnen, wollte ich mir meine sieben Sachen schnappen und sie suchen, doch ich wusste, dass das nichts bringen würde. Wie sollte ich sie bitte bei dieser Dunkelheit und in einer Stadt, die ich nur halb so gut kannte, wie sie, finden?
Mit einmal fiel das Glas, welches ich in meiner Hand hielt schwungvoll zu Boden, ohne dass ich mich daran erinnern konnte es geworfen zu haben. Nicht einmal die Träne, die über meine Wange lief, als ich in die leeren Straßen vor mir blickte war mir aufgefallen, sondern es war das Klirren des Glases, welches mich aus meiner Trance aufschrecken ließ.
Das Bild vor meinen Füßen passte zu dem in meinen Kopf und ich musste traurig über diese Ironie den Kopf schütteln, als ich die Träne aus meinem Gesicht wischte und mich nach einer gefühlten Ewigkeit, die ich einfach so dastand auf die Suche nach einem Kehrblech machte, mit dem ich die Scherben auf sammeln konnte.
Zu schade, dass dies in meinem Kopf nicht genauso leicht funktionierte.
Also trat ich langsam wieder zurück und entschloss mich nachdem ich die Scherben in den Müll geworfen hatte, auf Yvonne zu warten. Viel mehr blieb mir gerade wohl nicht übrig, als die Sorge, die von allen Seiten kam hinzunehmen und mit kauernden Händen angespannt auf dem Sofa Platz zu nehmen. Mein Blick fiel dabei kurz auf den vorbereiteten Wohnzimmertisch.
Das Essen vom Asiaten, welches Yvonne vorhin noch gedrängt hatte zu Essen, war mittlerweile schon längst kalt geworden....

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Hallo ihr Lieben,
wie bereits angekündigt, kommt heute nur ein recht kurzes Kapitel, aber ich hiffe es gefällt euch trotzdem. :) (Die nächsten beiden Kapitel sind dafür etwas länger ^^)
Es passiert zwar nicht viel an Aktionen, aber doch sehr vieles in Samus Kopf und Gedanken, was ich auch ganz wichtig finde und durchaus emotional aufwühlend fand zu schreiben.

Ich hoffe ihr mögt auch diese Art Kapitel mal, aber wenn nicht, lasst es mch gerne wissen, dann werde ich in Zukunft (nach den bereits geschriebenen Kapitel) darauf achten ^^. Denn wie ihr wisst, ist auch konstruktive Kritik bei mir natürlich immer willkommen. Nur daraus kann man schließlich lernen^^.
Aber natürlich freue ich mich auch über einen Kommi, falls es euch gefällt, oder ihr einfach mal was loswerden wollt, denn all eure Kommentare freuen und motivieren mich immer sehr! An dieser Stelle also auch vielen Dank fürs Lesen und Mitfiebern!

Also dann: Bis nächste Woche und bleibt mir ja gesund!

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