Kapitel 21: Can't stop Thinking about you

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Mit einem leicht dröhnenden Kopf wachte ich am nächsten Morgen auf und wusste sofort, dass Steff rechtbehalten hatte.
Ich war letzte Nacht betrunken gewesen. Oder zumindest stark angetrunken. Doch wer konnte mir das nach den letzten Tagen auch verübeln?
Gequält kämpften meine Augenlieder gegen das Licht, welches durch mein großes Schlafzimmerfenster auf mich hineinfiel und ich beschloss, dass ein Glas Wasser und eine Kopfschmerztablette jetzt wohl erstmal die schlauste Entscheidung wären.
Diese in der Küche eingenommen, begab ich mich immer noch angeschlagen in mein Wohnzimmer, welches zumindest etwas dunkler war, und setzte mich dort auf die Couch, denn das grelle Licht in der Küche wirkte auf mich beinahe unerträglich. Meine Hand massierte dabei leicht meine Schläfe, in der Hoffnung den Druck etwas zu lösen, doch es dauerte einige Zeit, bis die Kopfschmerzen endgültig verflogen.
Wenigstens schaffte ich es so einmal an etwas anderes zu denken, als an Samu und sein Kind, welche die letzten Tage pausenlos meine Gedanken belegt hatten. Sich immer wieder in den Vordergrund drängten, als gäbe es nichts anderes, worüber man nachdenken könnte.
Diese Zeit, in der ich tatsächlich einmal durch meine Kopfschmerzen abgelenkt gewesen war, hatte ich genutzt um einfach nur auf dem Sofa zu sitzen und den letzten Abend Revue passieren zu lassen. Das Gespräch mit Stefanie, ihre Aussage, dass Samu nicht zurückkommen würde und ihre Anmerkung, dass unsere Beziehung vielleicht stärker war, als ich es ihr selber zutraute. Und mir wurde bewusst, dass ich es vielleicht doch nicht schaffte an etwas anderes zu denken...
All diese Dinge kreisten schon wieder in meinem Kopf und noch immer hatte ich keine Antwort darauf. Auf keine Frage, bis auf eine.
Sogleich fiel mir wieder ein, warum ich mein Handy in der Nacht nicht auf meinem Nachttisch gefunden hatte, als ich schauen wollte, wie spät es war, denn Stefanie hatte es mir aus der Hand gerissen, als ich Samu anrufen und zur Rede stellen wollte und es dann hier auf dem Wohnzimmertisch platziert. Schön aus der Reichweite, damit ich auch ja keine Dummheit machte.
Dafür war ich ihr jetzt im Nachhinein wirklich dankbar, denn wer wusste schon, was ich ihm gestern Abend sonst an den Kopf geworfen hätte...
Mit einem kurzen Blick auf den Bildschirm, welcher mir 2 Whatsapp-Nachriten anzeigte, nahm ich das Gerät vom Tisch und las die beiden Nachrichten durch. Beide waren von Stefanie.

Guten Morgen, Sonnenschein! Ich hoffe dir geht es heute Morgen etwas besser? :)

Fragte sie in der ersten und hängte dann in Klammern mit der zweiten Nachricht noch einen Nachschub an.

(und hast die Nacht keine Dummheiten angestellt?)

Direkt und vollkommen unverblümt wie immer, so kannte man Steff.
Mit einem leichten Lächeln, welches meine Lippen überkam, als ich ihre zu erwartende Frage las, tippte ich ihr ein einfaches „Nein, alles in Ordnung. Du hast mich gestern gut davor bewahrt. Danke dir!!" in die Tasten und sendete es ab. Denn das hatte sie wirklich. Unvorstellbar, was ich sonst vielleicht zwischen Samu und mir angerichtet hätte, als wäre es nicht schon kompliziert genug. Steff war wirklich eine gute Seele und ich war einfach nur unfassbar froh sie mittlerweile eine Freundin nennen zu dürfen. Sie hatte mich vor einem großen Missgeschick bewahrt, aber dennoch stand mein Entschluss weiterhin fest, dass ich Samus Entscheidung nicht einfach so hinnehmen konnte. Wir mussten uns zumindest noch einmal aussprechen, zumindest noch einmal vernünftig miteinander reden, selbst wenn es eines der härtesten Dinge werden würde, die wir bisher getan hatten.
Alleine bei dem Gedanken wurde mir schon ganz schlecht und ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie schwer mein Herz werden würde, wenn ich noch einmal in seinen blauen Augen die Liebe erkennen konnte, von welcher ich wusste, dass wir sie nicht ausleben konnten. Selbst, wenn es mir genauso ging und ich mir nichts sehnlicher wünschte als ihn. Vielleicht hatten wir zu schnell reagiert. Alles nicht richtig durchdacht, aber ich war einfach noch nicht bereit diese Rolle in meinem Leben einzunehmen, obwohl ich mir selbst immer Kinder gewünscht hatte. Doch dieses Kind hatte eine Mutter. Eine Mutter in Finnland. Wie sollte ich denn jemals da mithalten?
Wie würde das ganze überhaupt ablaufen? Eine normale Fernbeziehung war ja schon schwierig genug und das hatten wir beide vorher gewusst, aber ein Kind veränderte alles.
Ganz unbewusst scrollte ich in meinem Telefon weiter nach unten, bis ich irgendwann zu Samus Chat kam und genau dort verharrte, als würde der Chat zu mir sprechen. Da wir die letzten Wochen fast ausschließlich gemeinsam verbracht hatten, war dieser ziemlich weit nach unten gerutscht und ließ ihn mich fast übersehen, doch meine Augen verharrten an seinem Profilbild, welches er seit Monaten nicht geändert hatte. Es war fast, als wäre alles wie immer, als ich dieses Bild anschaute, aber das war es nicht. Nichts war wie immer und dieses Bewusstsein war eins, das ich zu gerne losgeworden wäre.
Ich überlegte, ob ich ihm wirklich schreiben sollte, oder ob mich seine Entscheidung nicht zurückzukommen nichts anging, doch die Sorge er könnte seinen Plan wirklich durchziehen, überwog und paarte sich mit einem Fünkchen Wut, die in mir aufkam. Wieso kamen Männer nur immer auf so bescheuerte Ideen und dachten sie wüssten alles besser?
Ich würde den Kontakt zu ihm doch niemals abbrechen wollen, war er doch einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden.
Doch noch während ich versuchte ein paar Worte zu tippen, drückte mein Daumen ganz automatisch auf den kleinen Anrufknopf oben in der Ecke und entschied ganz von alleine für mich, dass dies persönlicher war.

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