Das Prinzip zur Auswahl eines freiwilligen Tributs ist ganz simpel. Der Moderator des Distrikts hat die Ehre, fünf bereitstehende Jugendliche auszuwählen, die er als ausdrucksstark empfindet – das sind meist die, die ihre Hand am schnellsten heben, oder aber die, die mit ihrem äußerlichen Erscheinen beeindrucken können. Die meisten Freiwilligen kommen aus den Reihen der Siebzehn- und Achtzehnjährigen, weil sie den anderen Altersgruppen körperlich überlegen sind. Die fünf erwählten Jugendlichen stellen sich auf der Bühne vor, bevor der Bürgermeister und die Mentoren abstimmen, wer das Zeug hat, in den Hungerspielen zu siegen. Nur der erste Eindruck zählt. Diese Prozedur kann einige Minuten oder aber mehrere Stunden dauern. Die Auswahl des Tributes Lyme Grandine aus Distrikt 2 dauerte bloß wenige Sekunden, denn mit ihrer beeindruckenden Körpergröße von fast zwei Metern und der muskulösen Statur überragte sie die anderen Kandidaten bei weitem.
Meine Hand ist immer noch oben, während ich darauf warte, aufgerufen zu werden. Ich schaue mich um und stelle fest, dass es um die fünfzig Mädchen in meinem Alter sein müssen, die ebenfalls gebannt ihre Hände nach oben strecken. Dove Fanning bemerkt das auch. Sie reißt die Augen überrascht auf, die durch ihre langen, geschwungenen Wimpern noch viel größer wirken. »Na sie mal einer an. So leid es mir tut, Persephone Slater, aber wie es ausschaut, ist deine Chance leider schon vorbei!« Ich höre, wie eine der Reihen hinter uns jubelnd in die Hände klatscht, und auf dem großen Bildschirm über der Bühne sehe ich in das erleichterte Gesicht eines jungen Mädchens, das gerade mal dreizehn oder vierzehn sein muss. Dove Fanning räuspert sich. »Doch welche junge Frau wird die Ehre haben, Distrikt 1 bei den neunundsechzigsten Hungerspielen zu vertreten?« Die Kameras schwenken auf die Reihe der Siebzehnjährigen, dann auf unsere Reihe. Ich bin mir sicher, dass die Kameras an mir heften bleiben, doch sie bewegen sich weiter.
Mein Arm schmerzt langsam, als Dove Fanning anfängt, die diesjährigen Kandidatinnen auszuwählen. Als erstes wählt sie ein schwarzhaariges Mädchen aus der Reihe der Achtzehnjährigen, dann zwei Siebzehnjährige. Ich werde langsam nervös. Das vierte Mädchen macht sich auf den Weg zur Bühne und ich denke schon, meine Chancen sind vorbei, als Dove Fanning auf mich zeigt und mich zu sich hinauf winkt. »Und einen riesigen Applaus für unsere letzte Kandidatin in diesem Jahr!« Meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding und ich gebe mein bestes, mir nichts anmerken zu lassen und in einem Stück auf die Bühne zu kommen. Ich schaue ein letztes Mal auf den großen Bildschirm und blicke mir direkt ins Gesicht. Für einen Moment sehe ich angsterfüllt aus, daher setze ich mein strahlendstes Lächeln auf und stelle mich selbstbewusst und aufrecht neben die anderen Mädchen. In den Mengen höre ich enttäuschendes Stöhnen und Seufzen, denn während die Siebzehnjährigen nächstes Jahr noch einmal die Chance auf die Teilnahme an den Spielen haben, bleibt es den Achtzehnjährigen nun für immer verwehrt.
Nun ist es an der Zeit, einen guten Eindruck zu machen. Der geschieht nur mündlich, denn unsere Fähigkeiten im Kampf sollen wir uns für das Training und die Einzelstunde aufheben. Jede von uns hat einige Sekunden bis hin zu wenigen Minuten zur Verfügung, sich vorzustellen. Das erste Mädchen, das mit den pechschwarzen Haaren, ist zuerst an der Reihe. Ihr Name ist Blaze. Sie ist gut gebaut und wirkt furchteinflößend, zugegebenermaßen perfekt für die Arena, und sie erzählt davon, in ihrer Trainingsgruppe die Beste zu sein wenn es darauf ankommt, mit dem Schwert zu kämpfen. Das nächste Mädchen ist gut im Messerwerfen. Die anderen beiden langweilen den Bürgermeister und die Mentoren so sehr, dass sie direkt nach ihrer Vorstellung gebeten werden, die Bühne wieder zu verlassen. Und dann bin ich an der Reihe.
Ich trete einige Schritte nach vorne. »Darling Valentine«, stelle ich mich vor. »Ich werde seit zehn Jahren trainiert. Vier Jahre davon im Umgang mit allerlei Waffen und Überlebenstechniken. Seit sechs Jahren bin ich im Einzeltraining. Ich kenne eine Vielzahl an traditionellen Kampfkünsten und kann diese im Kampf perfekt anwenden.« Ich atme aus und spüre, wie mein ganzer Körper vor Anspannung verkrampft. Meine Hände sind zu Fäusten geballt, und meine Fingernägel schneiden sich bereits in die Haut, daher versuche ich, meine Gliedmaßen zu entspannen. »Ich wurde hierfür geboren.«
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Die Tribute von Panem - Die Hungerspiele der Darling Valentine
FanfictionSie wurde geboren, um zu gewinnen - oder zu sterben. Darling ist achtzehn, als sie sich für die neunundsechzigsten Hungerspiele freiwillig meldet. Es ist die Chance, ganz Panem zu beweisen, was in ihr steckt. Zunächst ist sie von Stolz erfüllt - bis...