»Autsch!«
Angespannt kralle ich mich in das weiße Laken auf dem ich liege, während ich die wohl schmerzhafteste Prozedur meines Lebens über mich ergehen lassen muss. Eine kleingewachsene Kapitolsdame mit rundem Gesicht, kurzgeschorenem, rosa Haar und schwungvollen, roten Lippen schaut mich mitleidig an, während sie mir rasch einen Wachsstreifen von meinem Bein zieht. »Es tut mir schrecklich leid!«, singt sie und tätschelt mir fürsorglich die Wange.
Ihr Name ist Blush, und im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern meines Vorbereitungsteams muss sie noch furchtbar jung und unerfahren sein. Sie ist aufgeregt und arbeitet mit zitternden Händen. Ihre länglichen, rosa lackierten Fingernägel tun ihr dabei keinen Gefallen. Ständig bleiben sie an den Streifen kleben und sorgen dafür, dass sich der Enthaarungsprozess meiner Beine deutlich in die Länge zieht. »Das Schlimmste hast du schon geschafft, Liebes. Immerhin bist du kein Bauersmädchen aus Distrikt 10. So eins hatte ich letztes Jahr.« Dann kichert sie und zieht mir ruckartig das nächste bisschen meiner Beinbehaarung heraus.
In meinem Distrikt wird sehr viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt. Die meisten Frauen rasieren sich, nur benutzen sie im Normalfall handliche Rasierer, die nicht nur wesentlich schneller ihre Arbeit machen, sondern glücklicherweise keine Schmerzen bereiten. Doch die Haare nach einer Rasur wachsen bekanntlich um einiges schneller, weshalb mir das Entreißen meiner Körperbehaarung schlichtweg nicht erspart bleibt. Und obwohl es sich so anfühlt, als ob Blush mir dabei jede einzelne meiner Hautschichten abzieht, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihr voll und ganz zu vertrauen.
Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren und frage mich verzweifelt, wie lange ich schon splitterfasernackt im Erneuerungsstudio bin. Zu meiner Enttäuschung sieht es bisher nicht so aus, als ob ich in nächster Zeit gehen darf. Daphne, eine Frau mit gewelltem, türkisen Haar und blassblauer Haut, die meinen Körper vor kurzer Zeit noch intensiv abgeschrubbt hat, macht sich nun daran, meine Fingernägel in die richtige Form zu bringen. Sie arbeitet stumm und konzentriert und schaut dabei einige Male zu mir hoch, um vermutlich sicherzugehen, dass ich vor Überwältigung und Unwohlsein nicht im Erdboden versinke. Noch nie hat mich jemand nackt gesehen und niemals habe ich damit gerechnet, dass drei kuriose Gestalten die ersten sein werden, die meinen Körper in voller Blöße zu Gesicht bekommen.
Der dritte im Bunde ist Cornelius, ein Mann mit langem, glänzendendsilbernem Haar. Mit seinem rosa Glasauge beäugt er mein Gesicht intensiv, als würde er es studieren. Er erzählt mir, dass er für das Frisieren meiner Haare zuständig ist, und schwärmt von der Struktur und Form meines Kopfes. »Elegant, verletzlich, aber auch gefährlich«, sagt er mit hoher Stimme, während er mir über die Wange streicht. »Wie ein Raubtier! Mit einigen Tricks werde ich dein Gesicht noch mehr hervorheben können.« Dann öffnet er den Zopf, den ich mir vorhin im Quartier gebunden habe, und sieht zu, wie mir die blonde Mähne auf die Schultern fällt.
Irgendwann ist mein Vorbereitungsteam fertig. Ich fühle mich wie ein Neugeborenes, so nackt und so haarlos bin ich, doch das bunte Trio betrachtet mich mit stolzen Augen und wirkt mit seiner Arbeit mehr als zufrieden. »Hinreißend! Wir haben einen wunderschönen Schwan aus dir gemacht«, flötet Blush begeistert und streckt ihre Arme lebhaft nach einer Umarmung aus, bevor sie innehält und krampfhaft versucht, ihre Euphorie in den Griff zu kriegen. »Melisande wird begeistert von dir sein!«
Melisande. Meine Stylistin und damit die vierte Person, die mich ohne ein Stück Stoff zwischen meinem Körper und der Außenwelt betrachten wird. Ich habe von Melisande bereits in den Capitol Times gelesen, denn ihr Name ist in ganz Panem bekannt. Sie übernimmt nicht nur seit Jahrzehnten das Styling der Tribute, sondern ist auch für das Aussehen vieler Models im Kapitol zuständig. Nur habe ich sie selbst bisher nie zu Gesicht bekommen.
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Die Tribute von Panem - Die Hungerspiele der Darling Valentine
FanficSie wurde geboren, um zu gewinnen - oder zu sterben. Darling ist achtzehn, als sie sich für die neunundsechzigsten Hungerspiele freiwillig meldet. Es ist die Chance, ganz Panem zu beweisen, was in ihr steckt. Zunächst ist sie von Stolz erfüllt - bis...