Diesmal war die Tür abgeschlossen. Keiner kam rein ohne Schlüssel. Während ich Jamiro also meinen Schlüssel reichte und dabei peinlich genau darauf achtete, dass sich unsere Hände nicht berührten, fiel mir wieder ein, dass die Tür beim ersten Mal offen gewesen war. Sofort blickte ich unruhig durch den Vorgarten. Es wäre ein Leichtes, sich zwischen dem Wirrwarr an Pflanzen zu verstecken und nicht entdeckt zu werden. Wer weiß, vielleicht saß der Einbrecher gerade direkt vor mir und beobachtete mich.
Ich drängte mich näher an Mira, die die Ruhe selbst neben Jamiro stand und ihm dabei zuschaute, wie er verzweifelt versuchte, den Schlüssel ins Loch zu bringen. Aber irgendwas hielt ihn zurück. Immer wenn er fast dran war, stieß ihn eine unsichtbare Kraft wieder zurück, wie bei einem Magnetfeld. Das dauerte mir zu lange. Solange wir hier draußen standen, waren wir für jeden angreifbar und das machte mich nervös. Hastig riss ich ihm den Schlüssel aus der Hand und drehte ihn rum. Die Tür sprang auf und wir waren drinnen.
Mit einem komischen Blick ging Jamiro an mir vorbei, während Mira immer noch vor sich hin grinste und sich anscheinend des Lebens freute, dass Jamiro und ich fast ein Paar waren. Wobei sie das fast wohl gerne übersehen würde. Ich wusste genau was sie dachte. Sie war wie meine beste Freundin Naomi auf der Erde. Wir hatten nicht mal den Anderen anschauen müssen, um zu wissen was er dachte. Es war wie Telepathie. Und genau das konnte ich bei Mira jetzt auch.
Der Boden knarzte unter unseren Füßen. Die Luft roch alt und modrig. Falls ich hier tatsächlich jemals einziehen sollte, müssen wir definitiv erstmal ausmisten. Angespannt warf ich einen Blick auf die Treppe. Viel Lust nach oben zu gehen hatte ich nicht. Nicht, weil ich Stufen nicht mochte, sondern weil dort oben möglicherweise eine gefährliche Person lauerte und nur darauf wartete, dass jemand nach oben kam um k. o. geschlagen zu werden. Mira zupfte an meinem Ärmel und deutete mir somit, dass sie und Jamiro weitergingen. Sofort folgte ich ihnen. Ich blieb ganz sicher nicht allein da stehen und wartete auf sie. Das war mir zu unheimlich. Da Jamiro vor uns lief und er so groß war, konnte ich nur ein paar Mal einen Blick über seine Schulter erhaschen.
Wir schlichen an der gewundenen Treppe vorbei, ein paar Stufen hinunter in einen offen zugänglichen Raum. Auf der einen Seite links war eine Art Bar, wo man sich Getränke, die dahinter in einem verglasten Regal standen, zusammenmischen konnte. Vermutlich alles Alkohol. Schräg dahinter verlief ein Flur mit weiteren Abzweigungen, bei denen man nicht erkennen konnte, wohin sie führten. Wenn man geradeaus sah, blickte man auf einen wunderschönen großen Garten, mit ausladenden Bäumen, Büschen und Beeten. Davor befand sich noch eine kleine Veranda, die augenscheinlich um das ganze Haus verlief, bis einschließlich zur Tür. Sobald man nur ein wenig nach rechts blickte erkannte man wieder einen breiten Flur der allerdings nicht so lang wie der links erschien, was mich ein wenig erleichterte.
Schon allein jetzt drehte sich mir der Kopf von den vielen Abzweigungen und ich war mir sicher, dass ich mich mindestens einmal hier verlaufen würde. Ich muss mir unbedingt einen Plan machen. Während ich also geistig schon damit beschäftigt war, eine To-Do-Liste für den Einzug anzufertigen, trat Jamiro in den rechten Flur. Mira ging genau in die entgegengesetzte Richtung, nach links. Verloren stand ich in dem riesigen Raum und wusste nicht, was ich tun sollte. Solange beide in meinem Sichtfeld waren, war ich noch nicht allzu sehr beunruhigt. Schlimmer würde es dann nur, wenn beide weg wären. Vermutlich würde ich panisch wieder aus dem Haus rennen und um Hilfe schreien. Ich grinste bei dieser Vorstellung.
Auf einmal knarrte der Boden über mir und Staub rieselte von der Decke. Sofort hörte ich auf zu grinsen. Jamiro, der näher bei mir war und das Knarren ebenfalls mitbekommen hatte, war sofort an meiner Seite. Mira hingegen schlenderte weiter seelenruhig durch den Gang und blickte in jedes Zimmer, als würde sie einen Freund suchen. "Mira!" Verärgert zischte ich zu ihr rüber. Warum hatte man denn einen Wächter dabei, wenn der sowieso nichts hörte? Natürlich hatten wir sie nicht nur mitgenommen weil sie ein Wächter war sondern auch eine Freundin, aber trotzdem. Konnte sie nicht wenigstens hier mal ein bisschen Einsatz zeigen?
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Dead Days
Fantasy》Mein Atem wurde immer weniger. Meine Augenlider wogen Tonnen. Nein Seraphina! Du schläfst jetzt nicht ein! Bleib wach!, ermahnte ich mich selbst. Aber es war so schwer... Mit verschleiertem Blick beobachtete ich meine Eltern und meine Schwester. Im...