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Jimin Pov

Nachdem Yoongi los war um Katzenfutter und was weiss ich noch alles für Tony zu kaufen, hat Tae festgestellt, dass unser Kühlschrank mal wieder ganz schön leer ist. Er und Jungkook sind also noch einkaufen gegangen. Ich sitze vertieft an einem meiner Kunstprojekte für die Uni. Der Regen hat inzwischen aufgehört, doch der Himmel ist immer noch tiefgrau.

Das nervtötende Surren der Klingel ertönt. Ich seufze, da hat wohl wieder jemand seine Schlüssel vergessen, lege den Pinsel beiseite und laufe farbbekleckst zur Tür. Nur steht vor der Tür niemand. Keine Menschenseele. Ich mache einen Schritt hinaus, um um die Ecke zu gucken. Unter meinem Fuss knistert etwas, ein Zettel.

Der Zettelt ist an den Rändern geknittert und wirkt, als wäre er in aller Eile aus einem Heft gerissen worden. Die Schrift darauf ist unordentlich und es dauert etwas, bis ich den Text darauf entziffern kann.

Yoongi, überweis das Geld, sonst wird dein Freund leiden.

Mehr steht da nicht, doch ich kann es kaum fassen und lese den Text immer und immer wieder. Vielleicht habe ich die krakelige Handschrift falsch entziffert? Oder es ist bloss ein Witz, ja bestimmt ist das Ganze bloss ein Witz.

Ich schaue mich noch mal nervös um und gehe dann zurück in die Wohnung. In meinem Zimmer beschliesse ich das Ganze erst mal nicht ernst zu nehmen und erst die anderen drei zu fragen, was sie davon halten, da klingelt es wieder.

Mit klopfendem Herzen öffne ich die Tür. «Was ist denn mit dir los? Hast du einen Geist gesehen?», Yoongi stapft mit vollen Händen an mir vorbei. Er streift sich die Schuhe von den Füssen und stellt jede Menge Katzenbedarf auf dem Boden ab. Katzenfutter, ein Katzenkloh, Streu und Spielzeug.

Ächzend streckt er seinen Rücken durch, während ich immer noch bei ihm im Gang stehe. Endlich dreht sich der dunkelhaarige fragend zu mir um und ich halte ihm kommentarlos den Zettel unter die Nase.

Auf seiner Stirn bildet sich eine Sorgenfalte. Er greift nach dem Zettel und liest die Zeilen, wie ich, mehrere Male durch. Yoongi lässt seufzend seine Hand sinken und schaut mich direkt an. Der Ältere wirkt plötzlich erschöpft, in seinen dunklen Augen spiegelt sich Sorge. «Jimin. Erinnerst du dich an den Gefallen, den du mir schuldest?» Ich nicke vorsichtig. «Jetzt ist es an der Zeit ihn ein zu lösen. Bitte, vergiss den Zettel einfach wieder und stell keine Fragen.»

«Aber Bitte, sag mir doch was los ist. Ich will dir helfen.» Versuche ich es trotz seiner Bitte. Yoongi lacht bitter und rauft sich verzweifelt die Haare. Er wirkt noch blasser als sonst. «Du hast keine Ahnung. Lass es einfach, da kannst du nicht helfen.»

«Yoongi, du machst mir Angst. Wenn du schon nicht mit mir reden willst, dann geh damit wenigstens zur Polizei.» Ich mache eine ausladende Handbewegung in Richtung des Zettels. Yoongi zerknüllt ihn in seiner Faust. «Du verstehst das nicht, Jimin. Bleib einfach in deiner heilen Welt. Ich kann damit nicht zur Polizei, weil ich damals selbst darin verwickelt war.» Der Ältere wird bei jedem Wort lauter. Er zerreisst den Zettel in kleine Fetzen. Tony maunzt leise und verkriecht ich unter dem Sofa.

Yoongi scheint wie ausgewechselt. Sein Blick wirkt gehetzt. «Du wirst Stillschweigen bewahren und damit ganz bestimmt nicht zur Polizei. Das hätte auch ernsthafte Konsequenzen für mich.» Den sonst so starken Yoongi so zu sehen, schmerzt mich. So kenne ich ihn gar nicht. Ich weiss nicht, was ich tun soll, also überbrücke ich den Abstand zwischen uns und nehme ihn in den Arm.

Yoongi riecht nach Karamell und Kaffee. Er versteift sich in meinen Armen, macht jedoch keine Anstalten mich von sich zu schieben. Eine gewaltige Last scheint von seinen Schultern zu fallen und er schlingt seine Arme um mich. «Ich hasse Umarmungen.», murmelt er und vergräbt sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Leise lache ich in mich hinein. Sein weiches Haar kitzeln an meinem Kinn, seine Arme liegen um meine Taille.

Tony tapst auf leisen Pfötchen wieder unter dem Sofa hervor und streicht schnurrend um Yoongis Beine. Der Ältere löst sich von mir und nimmt den kleinen Kater auf die Arme. Das Fehlen seiner Körperwärme lässt mich frösteln. Er stapft, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen, mit dem zerrissenen Zettel in der Hand und dem Kater auf dem Arm, in sein Zimmer.

Einige Sekunden später, ich stehe immer noch ratlos im Gang herum, kommt Yoongi wieder aus seinem Zimmer gestürmt. Er greift nach dem ganzen Katzenbedarf, flucht vor sich hin, als ihm die Hälfte wieder runterfällt und verschwindet wieder in seinem Zimmer. Ich bücke mich kichernd, hebe den Rest auf und trage es ihm hinterher.

Der Drohbrief geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Würde Yoongi mir wenigstens erklären was los ist, anstatt mich darüber im Dunkeln zu lassen.

Yoongi sitzt, mit Tony auf dem Schoss, auf dem Boden vor seinem Bett und schaut sich mit ihm das ganze Zeug an. Die zwei sind schon ganz süss, wie sie da hocken und den neuen Kram bestaunen. Ich stelle die restlichen Sachen ab und setze mich dazu.

Mein Handy klingelt. Ich beschliesse es zu ignorieren, aber es will einfach nicht aufhören zu klingeln. Yoongi schaut mich genervt an. «Geh doch endlich ran.» «Ist ja gut!» Ich lache, klaube das Telefon aus meiner Hosentasche und nehme den Anruf entgegen.

«Ja?» Keine Antwort. «Hallo?», versuche ich es erneut. Auf der anderen Seite der Verbindung hört man bloss jemanden atmen. Yoongi schaut mich fragend an. Ich warte noch einen Moment, dann wird es mir zu bunt und ich lege auf.

«Wer war das?», fragt der Ältere, während er einen metallenen Fressnapf aus einer Tüte klaubt. «Keine Ahnung. Vielleicht hat sich die Person verwählt.», rate ich und zucke mit den Schultern.

«Du wirst das Geld nicht überweisen, oder?» Ich bin sicher, er weiss wovon ich rede. Yoongis Miene verfinstert sich wieder. «Nein, ganz bestimmt nicht. Nicht mal wenn ich es hätte.» Er schaut vor sich auf den Boden, während er spricht. Schon bereue ich es, dass ich gefragt habe. Ich hätte es einfach auf sich beruhen lassen sollen. Er wird mir sowieso nicht mehr verraten.

CaramelMacchiatoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt