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Jimin Pov

Tae ist wieder damit beschäftigt, von Jungkook Mass zu nehmen, als ich zurück ins Wohnzimmer komme. Aus Yoongis Zimmer hört man immer noch Musik hinter geschlossener Tür.

«Wow, Jimin. Wir müssen an irgendeinen Anlass, damit du das Teil in der Öffentlichkeit tragen kannst.» Jungkook guckt mich gross an, was mich direkt zum Lachen bringt.

Tae tippt dem Jüngeren verspielt unter dessen Kinn, wie er es so oft macht. Tony ist gerade dabei es sich auf einem der ausgebreiteten Stoffe bequem zu machen, was Tae natürlich nicht entgeht. Fluchend stürzt er sich auf den kleinen, grauen Kater, welcher Tae entwischt und fauchend aus dem Zimmer hüpft.

Tae klatscht noch mal nachdrücklich in die Hände, bevor er sich noch ein letztes Mal Jungkook zuwendet. Er setzt das Massband an Jungkooks Hüfte an und zieht es schwungvoll Kookies Bein nach, in Richtung Boden. Das gleiche macht er nochmal auf der anderen Seite, während Kookie sichtlich unwohl auf den Älteren hinab blickt.

«So, das wars fürs erste.» Tae erhebt sich, rollt das Massband zusammen und schreibt die letzten Masse auf seinen Fresszettel. «Na, komm. Jetzt bist du an der Reihe.» Tae winkt mich zu sich rüber.

«Sagt mal, was habt ihr mit meinem Kätzchen gemacht?» Yoongi kommt mit Tony auf dem Arm ins Wohnzimmer und setzt sich mit dem schnurrenden Kater auf das Sofa. Dieses Mal achtet er sorgfältig darauf, keinen der Stoffe zu knittern. «Tony ist eskaliert, da sind jetzt Krallenspuhren an meiner Tür.»

Yoongi fährt dem grauen Fellknäuel auf seinen Armen über das flauschige Fell. Seine dunklen Augen haften für einige Momente an mir. Einige Momente länger als sonst, wie mir scheint. Ein seltsames Gefühl macht sich in meiner Magengegend breit, als sich unsere Blicke treffen.

«Der Kater hat dieselben Angewohnheiten, wie sein Herrchen.», murrt Tae und knackt mit den Fingerknöcheln, bevor er nach einigen Stecknadeln greift und sich mir zuwendet. Yoongi guckt einen Moment verwirrt, bis er begreift, wovon Tae da redet.

Der Ältere faltet seine Beine zum Schneidersitz zusammen und begutachtet weiter den fliederfarbenen Anzug. Ich fühl mich fast ein wenig unwohl, wie seine Augen über die Säume der Hosenbeine bis hinauf zu den Knöpfen des Jacketts wandern und er mir schlussendlich unverblümt ins Gesicht schaut. Schnell wende ich den Blick ab, schaue jedoch wieder zurück, bloss um fest zu stellen, dass Yoongi mich immer noch mustert. Röte steigt mir in die Wangen und ich gucke peinlich berührt weg, sehe aber noch, wie Yoongi ein Grinsen unterdrückt.

Etwas piekt in meinen Knöchel. «Solltest du mit den Nadeln nicht den Stoff bearbeiten, statt mich damit auf zu spiessen?», kichere ich und wische den kleinen Blutstropfen weg, der sich gebildet hat, damit der Stoff nicht schmutzig wird. «Tut mir leid. Man könnte meinen, ich hätte das langsam mal im Griff.» Tae fährt sich verlegen durch die, wie immer, perfekt gestylten Haare und greift nach der nächsten Nadel.

«Eigentlich passt der Anzug recht gut. Wenn ich die Hosenbeine und Ärmel noch ein kleines bisschen kürze und die Taille noch etwas schmaler nähe, passt er wie massgeschneidert.» Tae kichert leise über seinen eigenen Witz, während Yoongi bloss gedankenverloren den Kater streichelt.

Er zupft noch eine Weile am Anzug herum, bis er zufrieden scheint. «Kookie und ich müssen gleich los, wir gehen ins Kino, also macht ihr zwei euch einen schönen Abend ohne uns, ja? Den Anzug kannst du mir einfach auf mein Bett legen, das nähe ich dann morgen.» Tae faltet die Stoffe zusammen, greift nach der Kiste und dem Block und verschwindet mit voll beladenen Armen in seinem Zimmer.

Ein Abend zu zweit also. Mit Yoongi. Seltsamerweise stört mich das weniger, als ich gedacht hätte. Seine Anwesenheit ist mir inzwischen schon fast willkommen. Aber nur fast.

Yoongi macht sich extra breit auf der ohnehin schon kleinen Couch und kaut auf seinem Schokopopcorn herum, während er gebannt dabei zusieht, wie Harry Potter mit seinem Holzstock in der Luft herum wedelt.

«Warum magst du die Filme eigentlich so? Ich meine, sie sind ja nicht schlecht, aber müsstest du die nicht langsam mal auswendig können, so oft, wie du die schon geguckt hast?», frage ich und greife in die Schüssel mit dem Popcorn.

«Hm?» Yoongi dreht fragend den Kopf in meine Richtung. «Warum, fragst du? Sie erinnern mich halt an die wenigen guten Seiten meiner Kindheit. Davon gab es nicht sonderlich viel. Mein Vater hat meine Mutter sitzen lassen, als sie mit mir schwanger wurde. Sie hat den ganzen Tag gearbeitet, um uns ernähren zu können.» Yoongi blickt abwesend geradeaus, während er erzählt. Der flackernde Bildschirm wirft im Dunkeln Schatten auf sein blasses Gesicht.

«Wir hatten kein Geld für Bücher und die Harry Potter Reihe waren halt die einzigen Bücher, die wir hatten. Mit denen hab ich lesen gelernt.» Der Ältere lacht. «Und, bereust du es schon gefragt zu haben?», fragt er, wendet endlich seinen Blick vom Bildschirm ab. Sein Blick wird undurchdringlich.

Ich schlucke. «Nein, ich- Also, das tut mir leid... Du musst mir nicht mehr erzählen, wenn du nicht willst, aber ich hör dir gerne zu, wenn du reden magst.» Der Ältere nickt. In seinem Blick liegt auf einmal Wärme. Vergeblich versuche ich den Blick von Yoongi ab zu wenden. Er erstaunt mich immer wieder.

Ich bemerke mein Starren. Mein Gesicht wird warm und ich hoffe inständig, dass ihm nicht aufgefallen ist, wie oft ich in letzter Zeit in seiner Gegenwart erröte. Nervös spiele ich am Ärmel meines Pullis, darum bemüht mich auf dem engen Sofa, so klein wie möglich zu machen, während der Ältere doppelt so viel Platz einnimmt.

Yoongis Seufzen holt mich aus meinen Wirren Gedanken, welche sich um Sofas, Harry Potter, dunkle Augen und dem Geruch nach Karamell und Kaffee drehen. Er fährt sich mit seinen schlanken Händen durch die Haare. « Jedenfalls waren das die einzigen Bücher und als ich dann alt genug war um alleine in die Bibliothek zu gehen, hat meine Mutter einen Bandscheibenvorfall erlitten. Natürlich konnte sie sich die OP nicht leisten. Das war dann wohl der Punkt, wo ich angefangen hab, auf illegale weise an Geld zu kommen. Drogenhandel und so. Na, du weisst schon.»

Yoongi faltet seine Beine zum Schneidersitz zusammen, dass sein Knie unangenehm in meine Seite drückt. «Wobei, du kannst dir wahrscheinlich nicht wirklich vorstellen, wovon ich rede, hm.» Ich nicke leicht und lege meine Beine über seine, um eine halbwegs bequeme Position zu finden. «Da hast du wohl recht. Ich hab keine Ahnung von so Sachen.», murmle ich leise, greife nach einem der Sofakissen und ziehe es hinter Yoongis Rücken hervor. Tae hat die Bezüge selbst entworfen und genäht.

CaramelMacchiatoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt