Kapitel 4

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 Langsam versuche ich meine Augen zu öffnen, doch ich schließe sie sofort wieder. Das grelle, weiße Licht um mich herum schmerzt höllisch und in meinem Kopf hämmert es, als ob dort oben jemand mit dem Presslufthammer herumwüten würde. „Wo bin ich??" schießt es mir durch den Kopf, „Was ist passiert?" Langsam erinnere ich mich wieder an die Geschehnisse des Abends, an den Typ im Club der mir etwas ins Getränk gemischt hat, an seine immer drängender werdenden Tanzbewegungen, meine missglückte Flucht, den Park und den Jungen, der mich in letzter Sekunde vor einer Vergewaltigung gerettet hat. Der Junge...wer das wohl war? Wenn ich doch nur seinen Namen wüsste, ich würde mich echt gerne bei ihm bedanken.

 Plötzlich vernehme ich Stimmen um mich herum. „Wenn ich den Kerl zwischen die Finger kriege, der meiner Tochter das angetan hat! Ich werde ihn verklagen und dafür sorgen das er nie wieder aus dem Gefängnis kommt!!" Das ist eindeutig meine Mutter, und die Anwältin in ihr scheint gerade mit ihr durchzugehen.

 „Jetzt beruhig dich doch ein wenig, Liebling. Du hilfst weder uns damit, wenn du hier aufregst, und noch weniger hilfst du damit unserer Tochter! Sie muss sich jetzt erst einmal von den Strapazen der vergangenen Nacht erholen, und aus medizinischer Sicht gesehen ist dein hysterisches Geschreie dabei wenig hilfreich." Das ist mein Vater, der in jeder Situation immer alles sehr ruhig und rational betrachtet. Das liegt wohl daran, dass er Chirurg ist und im Operationssaal auch in brenzligen Situation Fassung bewahren muss. Ich zwinge mich noch einmal meine Augenlieder leicht zu öffnen, und dieses mal erkenn ich wenigstens die Umrisse meiner Umgebung.

 „Mama? Papa? Seid ihr das?" krächze ich.

 „Schätzchen, du bist wach! Wie geht es dir? Tut dir etwas weh? Kannst du dich noch an etwas von gestern erinnern? Kannst du dich noch an den Täter erinnern oder sogar ein Phantombild erstellen? Ich möchte dieses Schwein so schnell wie möglich dingfest sehen, doch dazu muss die Poliz.."

 „Jetzt lass sie doch erst mal richtig zu sich kommen und ihre Gedanken ordnen, Maria! Ja Emma, wir sind hier bei dir." unterbricht Vater den Redeschwall meiner Mutter, wofür ich ihm unheimlich dankbar bin. Nicht falsch verstehen, ich liebe meine Mutter unheimlich, aber manchmal kann sie echt anstrengend sein mit ihren endlosen Vorträgen. Ich schließe meine Augen nochmals, atme zwei mal tief durch und dieses Mal sehe ich alles wieder ganz klar und scharf beim erneuten Öffnen der Augen.

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