„Denkt immer daran, meine Damen: Eine Frau, die etwas auf sich hält, wird zuerst von einem Gentleman angesprochen und nicht umgekehrt. Männer wollen um die Gunst ihrer Angebeteten werben. Ergreifen Frauen jedoch die Initiative, dann wirkt dies eher verzweifelt."
Ich unterdrückte ein Gähnen, während meine Mutter zum wiederholten Male überprüfte, ob unsere Kleider vom langen Sitzen während des Banketts keine unvorteilhaften Falten bekommen hatten.
„Wartet einfach adrett an der Seite der Tanzfläche, lächelt oder spielt mit eurem Fächer."
Alice verdrehte die Augen und flüsterte: „Ist das wirklich die einzige Möglichkeit sich heute Abend zu amüsieren?"
„Ich befürchte schon." Frustriert zog ich die Lippen kraus.
„Bisher scheint diese Strategie ja nicht so wirklich aufzugehen." Alice deutete auf meine Schwestern, die mittlerweile darum wetteiferten, wer sich eleganter strecken konnte. Das war doch sowas von unbequem.
„Sieh es positiv. Zumindest liegt so weniger Aufmerksamkeit auf uns."
„Gutes Stichwort!"
Und ehe ich mich versah marschierte Alice zum Buffett mit den Getränken. Schnell eilte ich ihr hinterher.
„Was hast du vor?"
„Na, ich bin sicherlich nicht auf einem Ball der Königin, um Staub anzusetzen. Sieh zu und lerne." Mit diesen Worten griff sie gleich drei Kristallgläser mit Perlwein und steuerte zwei sich unterhaltende Gentlemen unweit von uns an. Wenn ich Mutters Karten mehr Beachtung geschenkt hätte, dann wüsste ich sicher, um wen es sich handelte. Aber so blieb mir einfach nur zuzuschauen.
„Guten Abend, die Herren. Sie sahen so durstig aus. Da dachte ich mir, ich erlöse Sie von Ihrem Leid."
Die Männer wirkten überrascht, nahmen die Getränke aber dankbar entgegen.
„Zum Wohl!" Kokett stieß Alice mit ihren neuen Gesprächspartnern an: „Hat Sie die heutige Perücke der Queen auch an Schilfgras erinnert? Ich hatte wirklich Angst, dass gleich eine wütende Ente aus ihr hervorspringt um ihr Nest zu verteidigen."
Spätestens jetzt hatte meine rothaarige Cousine das Eis gebrochen. Beide Gentlemen brachen in schallendes Gelächter aus und sofort entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch, welches Alice klar dominierte. Gekonnt setzte sie ihre Mimik, und besonders ihren immer noch tiefroten Mund ein.
„Hortensia, meine Liebe. Darf ich dir Lord Bridgebatten vorstellen?"
Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich zu meiner Mutter um, die offensichtlich noch nichts von Alice' Aktion mitbekommen hatte. An ihrer Seite war ein Herr mit buschigem Schnauzbart, den ich auf Ende dreißig schätzte.
„Sir Bridgebatten. Ich bin hocherfreut Sie kennen zu lernen", presste ich den mir eingetrichterten Satz hervor.
„Die Freude ist ganz meinerseits, Miss Hardigree", er verbeugte sich kurz. „Ihre Mutter schwärmte von Ihren Tanzkünsten. Dürfte ich fragen, ob noch ein Platz auf Ihrer Tanzkarte frei ist?"
Ich warf meiner Mutter einen fragenden Blick zu. Ich und tanzen? Ich musste mich sehr zusammenreißen, um nicht laut loszuprusten.
Doch sie warf mir nur einen strengen Blick zu und deutete mit dem Kinn auf Sir Bridgebatten.
„Natürlich", ich hielt ihm meine Tanzkarte hin: „Aber erwartet nicht zu viel, meine Mutter neigt zu Übertreibungen."
Sir Bridgebatten verbeugte sich abermals und bot mir dann einen Arm. Während ich ihn ergriff warf ich einen letzten hilfesuchenden Blick zu meiner Mutter, doch die schien nur ganz verzückt darüber zu sein, ihre erste Debütantin an den Mann gebracht zu haben.
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Shock and Delight - Bridgerton Fanfiction
FanfictionEine neue Saison, drei junge Frauen, ein Sommer voller Träume und Hoffnungen. Möglichst schnell unter die Haube zu kommen gehört definitiv nicht zu Hollys Wünschen. Steckt sie ihre Nase doch viel lieber in Bücher. Wer hätte gedacht, dass ausgerechne...