„Gespött der Saison. Eine Frechheit, was sich diese Lady Whistledown da herausnimmt." Lady Barbara zerknüllte wutentbrannt die Zeitung. „Können Sie das glauben?"
„Fürschterlisch, Madame Bolingbrook'." Madame Delacroix nahm eine Nadel von ihrem Kissen und steckte den Kragen meines neuen Kleides ab.
„Sie sagen es." Meine Stiefmutter begann aufgeregt in der Nähstube auf und ab zu laufen. „Aber so schnell lassen wir uns nicht vertreiben. Der Ballsaison fernbleiben. Ha! Wer sind wir denn?"
Ich zuckte zusammen als die nächste Nadel meine Haut streifte.
„Pardon."
Ich versuchte der Handwerksfrau ein Lächeln zu schenken. Doch bevor ich etwas sagen konnte, kam meine Stiefmutter angerauscht und begann das neue Kleid mit Argusaugen zu beobachten.
„Sie müssen das Beste aus ihrem Können herausholen, Madame Delacroix. Die Leute müssen diesen schrecklichen Auftritt vergessen."
„Natürlisch, Madame Bolingbrook'. Isch gebe mein Möglischstes um Miss Prüdence erstrahlen zü lassen."
„Vielleicht sollten wir doch eine etwas leuchtendere Farbe wählen. Wie wäre es mit diesem hier?" Lady Barbara zeigte auf einen gelben Stoff mit pinken Schmetterlingen. Unwillkürlich verzog ich das Gesicht. Madame Delacroix bemerkte meinen Ausdruck und schenkte mir ein wissendes Lächeln.
„Pardon, Madame Bolingbrook', aber dieser Stoff ist bereits für Familie Featherington reserviert."
„Na wenn das so ist", meine Stiefmutter ließ ihn wieder sinken. „Haben Sie noch etwas Vergleichbares?"
„Wenn isch Ihnen einen Vorschlag machen darf?" Die Schneiderin wirbelte herum. „Isch würde Ihnen empfehlen, Miss Prüdence nicht nur dursch Farbe, sondern dursch Élégance auffallen zü lassen."
Und schon zauberte sie einen Tüllstoff hervor, der am Saum mit grünen Blättern bestickt war, und drappierte ihn um meine Taille.
„Voilá! So werden auch Miss Prüdence Kurven kaschiert. Ünd mit dem 'ellen Gründstoff sieht sie aus wie die Ünschüld selbst."
Ich betrachtete mich im Spiegel und kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Ich liebte grün. Und der Tüll ließ mich tatsächlich zur Elfe werden. Eine rundlichere Elfe, aber immerhin.
Doch Lady Barbara wedelte abwehrend mit den Händen: „Kein Grün. Sonst sieht sie noch aus wie ein Tannenbaum. Lieber etwas glänzendes wie dieser lila Satinstoff hier. Das weiße Grundkleid kann meinetwegen bleiben."
Ich sah, wie die Schneiderin ein „Tüt mir leid" mit den Lippen formte und dann den Wünschen meiner Stiefmutter nachkam.
„Verzeiht, Lady Barbara. Aber es erinnert mich etwas an ein Bonbon." Kritisch beäugte ich mich im Spiegel.
„Dass du auch immer nur an Essen denken kannst, Kind" Lady Barbara seufzte: „Der Stoff betont, dass du aus gutem Hause kommst. Und außerdem möchte doch bestimmt jeder Herr gern ein Bonbon besitzen."
Madame Delacroix machte ein merkwürdiges Geräusch, welches meine Stiefmutter unterbrach. „Pardon. Isch 'abe misch verschlückt."
„Wie auch immer. Du wirst dieses Kleid zu dem nächsten Tanzevent tragen. Dann wirst du hoffentlich auch mal aufgefordert."
„'aben Sie nischt getanzt, Miss Prüdence?"
Beschämt dachte ich an den Ballabend zurück. Einsam und allein hatte ich stundenlang neben der Tanzfläche gestanden. Und auch wenn niemand direkt etwas zu mir gesagt hatte, so hatte ich doch die Blicke, Tuscheleien und das Gelächter durchaus mitbekommen.
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Shock and Delight - Bridgerton Fanfiction
ФанфикEine neue Saison, drei junge Frauen, ein Sommer voller Träume und Hoffnungen. Möglichst schnell unter die Haube zu kommen gehört definitiv nicht zu Hollys Wünschen. Steckt sie ihre Nase doch viel lieber in Bücher. Wer hätte gedacht, dass ausgerechne...