Apologize

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Alex

Es war nicht richtig. Und doch fühlte es sich unfassbar gut an. 

Die Sonne kitzelte mein Gesicht, als sich die schweren Türen hinter mir schlossen. Ich war vorzeitig entlassen worden. 

Freiheit. Dieses Wort klang ganz fremd in meinem Mund. Was sollte ich mit meiner Freiheit anfangen? Ich hatte versucht, Izzy zu erreichen, doch sie ging nicht an ihr Telefon. Vermutlich war sie immer noch sauer auf mich und ich konnte es ihr kaum verübeln. Sie hatte recht. Das hatte sie immer schon gehabt. Die Worte unseres Streites hallten tagelang in meinen Ohren wieder.

„Du bist so ein Sturkopf. Und ein Idiot!“

Ja, das war ich. Seit Beginn dieses ganzen Schlamassels war ich nichts weiter gewesen, als ein sturer Idiot. Ich war so überzeugt davon, dass mein Vater recht hatte mit seinen Behauptungen, dass ich meinen Verstand ausschaltete.

„Das ist absurd, Alex, das …die werden schon einen Grund haben, wieso sie dich freilassen wollen. Das geschieht nicht einfach so und auch nicht jeder bekommt dieses Privileg!“

Auch damit hatte Izzy recht. Ich sollte mich glücklich schätzen, einer der wenigen zu sein, dessen Zeit hinter Gittern verkürzt wurde. Anfangs wollte ich es jedoch nicht wahrhaben. Ich hatte Izzy erklärt, dass es keinen Sinn hatte. In der Außenwelt wartete nichts und niemand auf mich. Hier hatte ich wenigstens ein Dach über dem Kopf und einen geregelten Ablauf. Wohin sollte ich, wenn ich draußen war, und was sollte ich dann mit meinem Leben anfangen? In den Tagen nach dem Gespräch mit Izzy machte ich mir viele Gedanken. Irgendwann musste ich mein Urteil fällen und entschied mich - hoffentlich zu meinen Gunsten.

Zugegeben, ich bekam Unterstützung von meiner Anwältin sowie eines Bewährungsbeauftragten. Eine Liste von Leuten samt Telefonnummern wurde mir zugesteckt, an die ich mich jederzeit wenden konnte. Die einzige Nummer, die ich immer wieder wählte, war die von Izzy. Sie reagierte jedoch nicht, also trottete ich zur nächsten Bushaltestelle.

Der Lärm von New York brach über mich herein wie eine Welle an Geräuschen. Ich war im ersten Moment vollkommen baff. Knapp ein Jahr war es her, seit ich verurteilt worden war. Mir war gar nicht klar gewesen, wie laut die Welt außerhalb der Mauern war. So pulsierend und aufbrausend.

Beim nächsten Automat holte ich etwas Geld und nahm dann die U-Bahn in Richtung Greenwich Village. Sollte Izzy zuhause sein, könnte ich mit ihr reden und ihr alles erklären. Außerdem war ich ihr etwas schuldig. Eine Entschuldigung.

Schwerfällig stapfte ich die Treppen zu Izzys Haustür empor. Ein Knoten bildete sich in meinem Magen und ich blieb vor der Tür stehen. Eine gefühlte Ewigkeit starrte ich auf die Klingel, ehe mir im Augenwinkel auffiel, dass die Tür einen Spalt offenstand. War das gewollt?

Langsam trat ich vor und streckte meine Hand aus. Vielleicht war jemand eingebrochen oder irgendetwas anderes Schlimmes war passiert. Mein Herz schlug schneller und ich gab der Tür den entscheidenden Stoß, damit sie aufging.

„ÜBERRASCHUNG!“ Laute Rufe dröhnten in mein Ohr und ich war für einen Moment so perplex, dass ich meinen Atem anhielt. Bekannte und unbekannte Gesichter starrten mich ebenso verwirrt an, wie ich sie. Schließlich realisierten auch meine Gegenüber, wer vor ihnen stand und einige Mienen verfinsterten sich. Ich entdeckte Izzy am Rand der Meute. Vergeblich versuchte ich, in ihren Augen Halt zu finden. Die ganze Partydekoration im Hintergrund blendete ich einfach aus. Izzy deutete auf die Haustür und langsam löste ich mich aus meiner Starre. Mit einem Mal wurde mir klar, was hier los war: ich war ein Überraschungsgast auf einer Überraschungsparty, die nicht für mich gedacht war. Ein schlechteres Timing hätte ich nicht haben können.

5 MilesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt