☍ Twenty-Two

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Zayn rannte auf den Blonden zu, doch mit jedem Schritt begann es in seinem Inneren noch stärker zu gurgeln und zu kochen. Die Sorge saß ihm so tief im Mark, dass er befürchtete, es würde ihn vergiften können.

"Niall!", seicht und lieblich verließ der Name seine vollen Lippen und der Angesprochene drehte sich alamiert zu ihm um. Sein Gesicht völlig verzerrt, voll Grauen.

"Zayn, du machst es nur schwerer.", die Stimme des Blonden holperte. Er richtete sich auf wackligen Beinen auf und der Ältere war gerade dabei, ihm zur Hilfe zu eilen, als Niall ihm das Zeichen gab, stehen zu bleiben. Er wollte keine Hilfe.

"Was- ... Was machst du hier, Niall?", das blanke Entsetzen machte sich in Zayn breit und wie erstickender Qualm kroch es in ihm langsam hinauf. Er wollte keine Antwort, er hätte es nicht verkraftet.

"Ich habe über Einiges nachgedacht. Ich hatte viel Zeit zum Denken.", mittlerweile stand Niall um einiges sicherer auf dem steinernen Gerüst. Sein Blick heftete sich an die befahrene Autobahn.

Es ließ Zayn das Blut in den Adern gefrieren und in diesem Moment erstarrte er vollkommen.

"Niall, ich bitte dich, mach jetzt nichts Falsches.", das flehende Paar brauner Augen traf den Blonden und ein heiseres Lachen entwich dessen blassen Lippen, welche schon durch die dunklen Abdrücke seiner Zähne gekennzeichnet waren. Zu oft hatte er durch all die Angst und Nervosität auf ihnen herumgekaut.

"Ich mache doch alles falsch. Dieses Mal würde auch nicht viel ändern.", seine Worte klangen so kalt, als wären sie schmerzende, harte Hagelkörner, welche es direkt auf Zayn abgesehen hätten.

"Niall, bitte.", mit jeder Sekunde, die hinzukam, steigerte sich die Panik des Schwarzhaarigen und in jeder Faser seines Körpers spürte er klar und deutlich die Sorge und Furcht davor, den Jungen vor sich zu verlieren. Er wusste Niall war in einem dunklen Loch gefangen, doch dass er so weit ging, ließ das Innere des Größeren auf Kopf stehen.

"Sie haben es geschafft.", es war nicht mehr, als ein leises Hauchen, welches die Kehle des Jüngeren verließ und doch war die weiße Spur seines heißen Atems, wie stechender Qualm in der kühlen Nacht deutlich zu sehen. Langsam schloss er seine Augen und streckte sein Gesicht sehnsüchtig dem grellen Licht des Mondes entgegen. Eine kühle, doch angenehme Brise durchfuhr seine goldenen, bleichen Strähnen wie gespreizte Finger und seufzend ließ der Blonde den Wind seinen schmalen Körper liebkosten. Wie gierige Hände zerrten die Luftzüge an dem dünnen Stoff seines weißen Shirts und in diesem einen Moment würde er nichts lieber tun, als zu folgen.

"Nein, haben sie nicht. Lass' sie diesen Kampf nicht gewinnen.", einen zögerlichen Schritt trat der Schwarzhaarige auf den Anderen zu und verwundert öffneten sich die blauen, matten Augen des Blonden erneut.

"Sie haben schon lang' gewonnen.", beschämt senkte er den Blick und starrte somit direkt in die Tiefe unter sich. Die Spitzen seiner dreckigen Sportschuhe ragten minimal über die steinerne Kante der hohen Brücke und nur wenige Autos waren zu dieser Zeit unterwegs. Ein paar große Laster und andere Fahrzeuge überquerten mit ihren lauten Motoren die dunkle Autobahn unter ihm und ihre grellen Scheinwerfer waren selbst aus der Entfernung von mehreren Metern perfekt zu erkennen.

"Ich weiß, dass du sie besiegen kannst.", stur hielt Zayn mit seinen Argumenten Stand, doch dieses Mal hörte er einen wehleidigen Schluchzer aus der Richtung des zierlichen Blonden kommen.

"Sehe ich etwa wie ein Gewinner für dich aus? Hm?", die Lautstärke in Nialls Stimme war weit angestiegen und mit einem Mal drehte er sich zu dem Älteren. Zayn blieb der Sauerstoff beinahe im Halse stecken und geschockt sah er zu dem Blonden vor sich. Seine blauen Augen blutunterlaufen, die matte Farbe drohend in salzigen Tränen zu versinken. Dunkle Schatten lagen unter ihnen und das blonde Haar glänzte unter dem großen Mond in einem zarten Silber.

numb  › ziallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt