Ticket ins Haus

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Ich saß auf der Couch und blickte mich im Raum um. Umgeben von meinen engsten Freunden feierten wir meinen Geburtstag, dabei wäre ich lieber allein auf meiner Couch. Ich war nicht wirklich in Partylaune. In den letzten Jahren hatte ich begriffen, dass ich mich allein am wohlsten fühlte. Ich musste nicht lächeln oder mich verstellen. Hatte ich schlechte Laune, beschwerte sich niemand, da niemand in der Nähe war.

Leann flirtete mit Ryan nun offensiver. Selbst ein Blinder bemerkte, dass Ryan und Leann nicht mehr nur Freunde waren. Obwohl die Beiden die Sache noch für sich behalten wollten, spielten ihre Hormone nicht ganz mit. Es war für keinen in unserem Freundeskreis eine Überraschung, weshalb die beiden auch nicht weiter beachtet wurden.

Auch der Rest der Truppe kam mit Partner und irgendwie endete ich allein auf der Couch. Wenn ich die Augen schloss, konnte ich mir vielleicht sogar vorstellen nicht auf einer Party zu sein. Wann wurde ich eigentlich zum einzigen Single in meinem Freundeskreis? Es fühlte sich an als wäre ich das dritte Rad am Wagen an meinem eigenen Geburtstag.

Keith, der einzig andere Single in der Runde, schmiss sich neben mich auf die Couch und stieß den Hals seines Bieres an meines. "Happy Birthday, Babe."

Ich verdrehte die Augen. Er konnte es einfach nicht lassen. "Lass es, Keith", gab ich zurück.

Er zuckte mit den Schultern und lächelte sein schiefes Lächeln, das ich einst verehrt hatte. Die Grübchen um seine Mundwinkel gaben den harten Gesichtszügen einen sanften Ton und erinnerten an einen frechen Jungen, dem Schalk im Nacken saß.

"Ach komm schon, Adriana. Du weißt, dass ich dich nur ärgern möchte", versuchte er mich zu besänftigen, während er sich die dunkelbraunen Haare aus der Stirn strich.

Ich atmete tief durch. Natürlich wusste ich, dass er mich nur hochnehmen wollte. Das war seine Art. Er witzelte gern herum und nervte jeden, den er gernhatte. Auch das waren Eigenschaften, die mich immer zum Lachen gebracht hatten. Es waren jetzt jedoch Eigenschaften, die ich kaum in meiner Nähe ertrug. Wir versuchten den anderen zuliebe Freunde zu sein. Das waren wir aber nicht wirklich. Ich fühlte mich in der Rolle nicht wohl.

"Ich weiß, Keith. Ich kenne dich. Ich brauche noch etwas Zeit, okay?"

Keith verdrehte die Augen und schnaubte, wobei er an seiner Flasche nippte. "Es ist jetzt ein halbes Jahr her. Schluck es endlich runter."

Seine Worte verursachten einen Kurzschluss in mir. Da war wieder diese Wut. War ich mir den Rest der Zeit sicher, das ganze Drama vergessen zu haben, bewies mir Keith Nähe doch etwas anderes. Mich überkam das Verlangen mein Bier über sein Haupt zu schütten und die leere Flasche über seinen Schädel zu ziehen. Keith besaß keine Feinfühligkeit in solchen Situationen. Vielleicht half ein ordentlicher Schlag, seine Gehirnzellen zurück an die notwendigen Stellen rutschen zu lassen. "So wie die Schlampe in deinem Schlafzimmer?", zischte ich zurück.

Ich schütte den Rest des Bieres in mich hinein und knallte die leere Flasche auf meinen Glastisch. Ein Wunder, dass der Tisch ganz blieb. Angepisst stand ich auf und verließ das Wohnzimmer. Mir war es nicht Wert eine Antwort des Arschlochs abzuwarten. Er konnte froh sein, dass ich ihn überhaupt in mein Haus hereinließ.

Keith MacCallen konnte einem wirklich den letzten Nerv rauben. Ich stoppte in der Küche. Die Hände auf der Arbeitsfläche abgestützt, blickte ich aus dem kleinen Fenster in die Nacht hinaus. Nach ein paar tiefen Atemzügen ging es mir wieder etwas besser. Die Wut reduzierte sich auf ein kleines Feuer im Inneren, das ich sowieso nie wirklich loswurde. Egal, wie sehr ich es mir auch versuchte einzureden.

Ich zog die Kühlschranktür auf und nahm mir ein neues Bier raus. Hinter mir erklangen Schritte. Ich öffnete die Flasche und drehte mich herum. Keith lehnte im Türrahmen und sah mich mit verschränkten Armen an. "Wir sollten damit aufhören, Adriana."

Blindly FallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt