Schuld & Wahrheit

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Ich startete erholt in den Morgen, etwas überrascht so gut geschlafen zu haben. Unter normalen Umständen schlief ich auswärts nicht gut. Ich wurde immer wieder wach und stand dann frustriert am frühen Morgen auf. Dieses Mal jedoch hatte ich die ganze Nacht durchgeschlafen und wurde heute erst gegen neun wach. Ich putzte mir die Zähne und verschwendete keine Zeit für Makeup. Die Maske ruinierte doch meine Arbeit. Ich schnappte mir das Ding und ließ es um meinen Hals baumeln. Das Teil wurde zu meinem neuesten Accessoire. Außerhalb dieses Hauses trug ich das Ding bestimmt nicht wieder.

Aus dem Schrank fischte ich eine leichte, weiße Leinenhose und ein schlichtes T-Shirt in der gleichen Farbe, um hinein zu schlüpfen. Mir war heute nicht danach in eine unbequeme Jeans zu steigen. Das hier war mein Urlaub, also konnte ich es mir auch gut bequem machen. Auf dem Weg zur Küche band ich mir die braunen Haare in einen lockeren Pferdeschwanz. Kleine Härchen fielen mir in die Stirn, störten mich aber nicht weiter. Ich war es gewohnt, dass ein Zopf nicht alle Haare bändigen konnte.

Die Tür zur Küche stand offen. Ein Blick auf den Tisch zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Der Tisch war bereits gedeckt und eine Thermoskanne stand bereit. Das war doch ein perfekter Start in den Tag. Einige Dinge vermisste ich schon jetzt, wenn ich an meinen Fortgang dachte. Ich nahm Platz und ließ die Flüssigkeit in die Tasse laufen. Dankend sah ich gen Himmel, dass es sich um Kaffee und nicht um Tee handelte. Ich mochte zwar Tee, der Tag musste jedoch in meiner Welt mit einem Kaffee beginnen, wenn man mich zähmen wollte. Nach dem auch Zucker in der Tasse verschwand, nahm ich genießerisch einen Schluck.

Das Rührei war gut gewürzt und der Lachs auf meinem Landbrot war nicht zu fettig. Maxime legte sogar gewürfelte Früchte für mich parat. Ich leerte meine Portionen als hätte ich gestern nichts gegessen. Die Honigmelone war süß und saftig. Er hätte mir auch nur die Melone hinstellen können und ich wäre absolut zufrieden gewesen. Nach dem Essen füllte ich meine Tasse mit Kaffee nach und beschloss im Wohnzimmer das Buch weiterzulesen. Maxime meldete sich bisher nicht. Mir fiel auf die Schnelle keine bessere Beschäftigung ein.

Ich machte es mir auf der grauen Couch gemütlich und breitete die Decke über meinen Beinen aus. Es war zwar nicht kalt, mit der Decke fühlte ich mich einfach nur heimeliger. Gerade wollte ich nach dem Buch greifen, da erklang Maximes Stimme hinter mir. "Zieh die Maske auf."

Ich zog meinen Arm wieder zurück, um mein Haargummi herunterzuziehen, sodass ich die Maske aufziehen konnte. Ich spürte seinen Blick bei jeder meiner Bewegungen und sofort reagierte mein Körper auf ihn mit Herzklopfen und kleinen Schauern. Schlussendlich nahm ich das Haargummi ganz ab und zog die Maske auf. So war es einfacher. Eine kleine Stimme in mir wunderte sich über mein Handeln. Ich zögerte nicht. Ich tat einfach, was man von mir verlangte. Die Stimme war so leise, dass ich den Gedanken nicht vollends realisierte und die Verwunderung erstickte.

Langsamen Schrittes näherte er sich meinem Rücken. Er blieb stehen. Ich spürte seine Hitze deutlich hinter mir. Maxime griff mir in den Nacken und hielt mich dort fest. Die Wärme seiner Haut übertrug sich von meinem Nacken über meine Schultern auf meine Brust. Ich atmete zittrig ein. "Gehorche mir nächstes Mal schneller, Adriana", forderte er mit strenger Stimme.

Ich schnaubte. "So schnell ich eben kann", gab ich schnippisch zurück. Sein Griff verfestigte sich, doch war es nicht schmerzhaft. Ich spürte seine Nase an meinem Hinterkopf. Ein tiefer Atemzug folgte. "Du wolltest mich provozieren und das weißt du auch."

Ertappt presste ich die Lippen aufeinander. Vielleicht wollte ich ihn ein wenig ärgern, seine Reaktion prüfen. Das machte ich nur nicht bewusst. "Bilde dir nichts ein", gab ich stattdessen zurück, um mich aus der Situation wieder heraus zu manövrieren. Sein raues Lachen hallte durch das Wohnzimmer. Er ließ meinen Nacken los. Seine Wärme verschwand aus meinem Rücken. "Gehst du schon wieder? Wolltest du etwa meine Reaktionszeit bloß testen? Sei nicht allzu enttäuscht, dass ich nicht die Schnellste bin", zog ich ihn noch etwas auf. Meine Laune war heute berauschend und die Vertrautheit zwischen uns, ließ mich lockerer werden. Der Kerl hatte mich bereits in Unterwäsche gesehen, viel mehr gab es da nicht mehr. Mal davon ab, dass er von mir Geräusche gehört hatte, die mir sonst eher peinlich waren.

Blindly FallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt