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15. - Zayn|| Wie dankte man jemandem am besten dafür, dass genau diese eine Person im Gegensatz zu allen anderen, nicht weggesehen hatte? Wie zeigte man sich dafür erkenntlich, dass jemand einem die Hand hinhielt, als man kraftlos und völlig am Ende am Boden lag?

Ich konnte mich leider nicht mehr an jedes Detail erinnern, jedoch war mir bewusst, dass sie mir gewiss mit einem Lächeln auf die Beine halfen, als ich da so lag - vollkommen umhüllt im Selbstmitleid und in der eisigen Kälte des Windes auf einem mir fremden Waldweg. Wie genau bedankte ich mich am besten dafür, dass mich genau die schwächsten aller Generationen nicht als solch ein Monster sahen, wie ich doch allerdings eigentlich eins war?

Der ältere Herr stützte mich während des Laufens, dessen Ehefrau redete mir gut zu. Doch die einzigen Sätze, an die ich mich jedoch nur noch erinnern konnte, waren leider genau in dem Zeitpunkt, in dem mich meine Kräfte erneut verließen. Wir waren gerade durch die dunklen Straßen einer kleinen Siedlung gelaufen, als wir vor einem weißen, im alten Stil gehaltenen Haus stehenblieben. "Mutter, ihr seit aber früh wieder da - Nanu?"

"Matt, Schatz, bitte hilf uns mal, ja? Der arme Kerl, er sieht fürchterlich aus. Durchgefrohren ist er sicherlich auch!"

Leider sackte ich jedoch genau in jenem Augenblick zusammen und verlor endgültig das Bewusstsein.

Nunmehr jedoch, als ich mich hier auf dieser weichen, weißen Couch befand, dies nachdem ich frisch geduscht und neue Sachen bekkommen hatte und auch noch einen heißen grünen Tee bekam, stand mir gar nicht mehr der Sinn danach, meine Kräfte noch einmal zu verlieren. Gerade, als ich meine Lippen an der Tasse ansetzte, welche meine Hände fest umschlungen, kam kleinen Schrittes die alte Frau in das Zimmer gelaufen, in welchem ich und auch ihr Mann sowie ihr Sohn zu sitzen schienen. Einen Teller voller Kekse hatte sie dabei.

"Hier, greift ruhig zu", lächelte sie und hielt mir den Teller hin. Ich bedankte mich und sah ihr in die warmen, braunen Augen. Wie wundervoll sie doch waren. Sie erinnerte mich ganz gewiss an meine Mutter damals, bevor sie an einem unheilbarem Tumor im Hirn starb. Ich dachte noch heute gerne an die Zeiten als Kind zurück, in denen auch sie mir Abends Kekse anbot. "Nun, sagen Sie aber mal, Mr. -?"

"Malik. Aber bitte nennen Sie mich doch Zayn." Ebenso warm lächelnd versuchend sah ich sie an, wobei ich jedoch kläglich scheiterte. Wie war es auch anders zu erwarten, nach all dem, was ich getan hatte? "Zayn also, ein wundervoller Name", sagte sie zart. Ihr Lächeln wurde noch wärmer und breiter als eben. Wie lieblich, dachte ich mir, als ich in einen Butterkeks biss. "Mein Name lautet Dorothy. Das ist mein Mann Percy und mein Sohn Matt", auf jeden einzelnd zeigend, als sie dessen Namen laut aussprach, sah sie in die Runde. Beide Männer lächelten ebenfalls und nickten mir zu. "Nun, Zayn", erhob nunmehr auch der alte Mann seine Stimme, "dürfte ich - nein, dürften wir - dich vielleicht fragen, wie es dazu kam, dass du, mhm, nunja -"

"Dass ich so aussehe, wie ich aussehe? So abgemagert, unrein und verkommen? Dass ich mit abgefetzten Sachen, die Löcher mit sich tragen und, herumlaufe? Wie es dazu kam, dass ich so schrecklich aussehe?" Beschämend sank ich den Kopf nach unten. Es war nur all zu wahr. Ich war erbärmlich. Wie undurchdacht von mir, zu hoffen, die drei würden sich nicht zu viele Gedanken darüber machen. "Um ehrlich zu sein, ja. Allerdings würde mich vorerst viel mehr interessieren, wie es dazu kam, dass du in diesem Wald geladet bist. Da laufen um diese Uhrzeit nicht viele rein. Aufgrund der eher lückenhaften und fehlenden Beleuchtung verlaufen sich da viele. Doch du, du hast den Waldboden ja direkt der länge nach gemessen."

Ich schluckte, nach erneutem Nippen, den Tee in meinem Mund runter. Das heiße Getränk lief meine Kehle hinunter. Er war so heiß, dass ich ihn noch dann spürte, als er meinen Magen erreichte. Ich fühlte mich unbeholfen, wenn ich genauer darüber nachdachte. Ich wusste, dass nunmehr meine Zeit gekommen war, meine Pflicht Louis gegenüber zu erfüllen. Jedoch, war ich mir nicht sicher, ob ich gegenüber dieser kleinen Familie lieber innehalten sollte. Ein altes Ehepaar mit einem Sohn, der sich um die beiden kümmerte. Allerdings musste ich erschreckender Art und Weise leider feststellen, dass er mir aus unerfindlichen Gründen, bekannt vorkam. Diese stechend blauen Augen. Er sah wie jemand aus, den ich bereits schon einmal gesehen hatte. Wenn ich ihn etwas näher betrachtete, wie er mich mit einem liebevollen, jedoch fragenden Blick durchlöcherte, wurde mir allerdings schnell klar, dass er nicht so über mich dachte. Woher also kannte ich diesen Mann?

Sein einziges ObjektWo Geschichten leben. Entdecke jetzt