Spinnennetze und Träume

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Die Tage vergingen nun plötzlich ganz schnell. Vormittags lernte Suga und freute sich nachmittags tierisch seinen Freund zu sehen.
Die beiden waren schon davor recht dicke miteinander gewesen doch nun hatte zumindest Sugawara das Gefühl das sie sich noch vertrauter waren.
Es spielte sich unglaublich leicht ein, sodass Daichi jeden zweiten Abend zum Abendessen blieb und das seinen Eltern gar nichts ausmachte.
Daichi hatte es geschafft das er wieder einen halbwegs vernüftigen Tagesrhytmus hatte und das tat ihm unheimlich gut.
So hatte er jeden Tag jemanden zum Reden und zum ausfragen wie es in der Schule lief.
Mit den Krücken lief es hingegen immer noch mäßig.
Andererseits bemühte er sich auch gar nicht. Wenn Daichi kam trug er ihn meistens nach draußen oder sie blieben bei schlechtem Wetter drinnen und sahen einen Film oder ratschten einfach nur.
Das war so schön, mit ihm fühlte er sich so normal und glücklich das er fast sehnsüchtig hinter ihm hersah wenn er ging.
Heute war ein Tag an dem Daichi nicht zum Essen blieb und deshalb saß er mit seinen Eltern am Tisch und aß etwas lustlos den Eintopf den seine Mutter gekocht hatte.
"Alles in Ordnung Koshi, schmeckt dir der Eintopf nicht", fragte seine Mutter mit einem unsicheren Lächeln.
"Nein, es ist sehr lecker, ich glaube ich habe einfach keinen großen Hunger", redete er sich heraus.
Seine Mutter warf erst ihrem Mann und dann ihm einen wissenden Blick zu.
"Ist gut, wenn du keinen Hunger hast musst du nicht. Wir wollten eh mit dir über etwas sprechen".
Suga sah auf und keine Ahnung wieso aber er hatte gleich ein wenig Panik.
Vielleicht kam jetzt doch alles anders. Vielleicht war ihnen die Häufigkeit von Daichis Aufenthalten hier doch zu viel oder sie waren dahinter gekommen warum Daichi eigentlich kommen sollte am Anfang.
Sein Herz schlug schnell und den letzten Bissen Suppe bekam er nur mit Mühe und Not hinunter.
Sein Kopf spann bereits die verrücktesten Netze. Wenn sie ihm verbieten würden Daichi zu sehen wüsste er nicht was er tun sollte. Er war noch nie ein aufmüpfiges Kind gewesen doch das hier war etwas anderes. Er brauchte ihn. Er fühlte sich gut wenn er da war. Er machte ihn fröhlich und er fühlte sich geborgen bei ihm. Es war ein wenig wie nach Hause kommen, nur das es viel wärmer und schöner war als wirklich sein Elternhaus zu vergleichen.
Egal was er würde sich auch rausschleichen um ihn zu sehen. Das konnten sie ihm nicht verbieten.
Das durften sie nicht.
Während Koshi immer weiter überlegte wie er es anstellen könnte nachts heimlich das Haus zu verlassen merkte er gar nicht wie seine Eltern weiter redeten. Erst als ihn seine Mutter am Arm berührte und ihn eindringlich ansah und fragte: "Meinst du das schaffst das, wir können das auch anders legen, wenn das noch nicht geht. Wir könnten... "
"Wiebitte", fragte Suga und sah sie wohl mit einem mehr als verwirrten Gesichtsausdruck an.
"Hast du etwa nicht zugehört, deine Mutter hat gerade erklärt das wir nächstes Wochenende von dem Arbeit auf einer Tagung sind", wiederholte sein Vater und sah ihn etwas besorgt an.
"Oh entschuldige ich war wohl noch in Gedanken", meinte Koshi erleichtert.
"Wir können das aber noch verschieben wenn du dir nicht sicher bist das du alleine klar kommst. Es ist schließlich ein ganzes Wochenende und du bist noch nicht wirklich fit", ergänzte seine Mutter und sah ihn mütterlich an.
"Wir könnten auch Frau Shitawa von nebenan fragen ob sie mal nach dir sieht", überlegte sein Vater laut.
"Nein, nein, das geht schon in Ordnung, ich schaff das. Frau Shitawa muss nicht nach mir sehen, ich werde schon nicht verhungern nur mich vielleicht etwas langweilen", sagte Suga schnell denn er wollte nicht von der etwas neugierigen alten Dame von nebenan kontrolliert werden. Die war ihm etwas unheimlich weil sie ab und zu Dinge wusste von denen man sich nicht erklären konnte wie sie die wissen konnte.
"Dann können wir dich mit gutem Gewissen alleine lassen mein Schatz"?
"Ja das könnt ihr, ich werd schon nicht weglaufen", scherzte er und seine Mutter musste tatsächlich grinsen.

Später im Bett überlegte er ob er es Daichi schreiben sollte das er am Wochenende alleine war.
Er hatte die Worte schon in das Textfeld eingegeben als er sie doch wieder löschte.
Sein Freund war seit seiner Verletzung sehr mütterlich gewesen. Schon alleine das er ihn ständig irgendwo hin trug zeigte wie wenig er ihn belasten wollte.
Manchmal glaubte Suga das Daichi ihn für ein kleines rohes Ei hielt das nichts ohne ihn schaffen konnte. Das war bestimmt nicht so gemeint, doch ab und zu war er schon recht zuvorkommend.
Wenn er ihm erzählen würde das er das ganze Wochenende allein zuhause war, würde er hundertprozentig vorbeischauen und ihm jegliche Arbeit abnehmen. Das war anfangs zwar wirklich erleichternd gewesen, doch mittlerweile fühlte sich Suga wie ein kleines Kind.
Nein, er würde ihm erstmal nichts sagen.
Vielleicht sahen sie sich ja am Samstagnachmittag und da könnte er ihm das so ganz nebenbei erzählen.
Ja, das war gut. Dann hatte er schon einen ganzen Tag "überlebt" und das würde Daichi dann beweisen das er auch ganz gut allein klar kam.
Zufrieden kuschelte er sich in seine Decke.
Irgendwie war ihm in letzter Zeit immer kalt.
Er schlief hier Anfang Mai mit zwei Decken und Socken. Ganz normal war das doch nicht?
Anfangs hatte er gedacht das das vielleicht eine Grippe sein könnte, doch inzwischen zog sich das über mehrere Wochen.
Gedankenverloren strich er sich selbst mit dem Arm mit dem er auf der Matratze lag über die Hüfte.
Verwirrt bemerkte er das warme Gefühl das sich augenblicklich in ihm ausbreitete.
Es war kein lustvolles Gefühl dass seine Aufmerksamkeit gleich in südliche Regionen lenkte, sondern ein sehnsüchtiges Pochen.
Komisch, war sollte das denn.
Er brauchte ein paar Minuten um das in seinem Kopf mit etwas sinnvollem zu verbinden.
Womöglich fehlte ihm der Körperkontakt. Nicht das er sonst im Schulalltag so oft mit anderen kuschelte, doch gerade auch beim Training war da der ein oder andere Kontakt dabei. Freunde die sich mit einer Umarmung begrüßten und verabschiedeten.
Daichi war leider keiner dieser Freunde. Wieso wusste er nicht, das war eben nicht sein Ding, so hatte er es einfach hingenommen.
Wann hatte er wohl seine letzte Umarmung bekommen?
Angestrengt starrte Suga an die Decke.
Seine Eltern waren in der Hinsicht auch sehr sparsam. Früher waren sie da offener gewesen, vielleicht seit der Pupertät, waren sie vorsichtiger.
Eigentlich schade, ihm schien das offensichtlich zu fehlen.
Vielleicht sollte er bei Gelegenheit, nein das war zu verrückt. Schnell verwarf er den unmöglichen Gedanken wieder und zog stattdessen die Decke enger um sich.
Es dauerte noch eine kleine Ewigkeit bis er endlich einschlief.

Doch dann träumte er.
Überall war Nebel, es war heiß und seine Klamotten klebten auf seiner Haut.
Er konnte noch nicht mal seine eigene Hand vor Augen sehen.
Aber er spürte das er nicht allein war.
Immer wieder streifte ihn etwas.
Anfangs ganz leicht so das er nicht einmal wusste ob er sich das nur einbildete.
Mit der Zeit war er sich aber relativ sicher das es Hände waren.
Mehrmals fragte er wer da war, doch bekam nie eine Antwort.
Plötzlich spürte er einen Atem direkt an seinem Ohr und drehte sich panisch um. Doch da war niemand, nicht mal einen leichten Schatten konnte man sehen. Nochmal fragte er in den Neben hinein, doch wieder keine Antwort.
"Was soll dieses Spiel, was willst du"?
"Ich will dir nur helfen", kam es plötzlich mit ihm bekannter Stimme.
Im Traum konnte er sie nicht zuordnen doch die Reaktion darauf war sofort spürbar.
Ein Zittern ging durch seinen Körper und ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus.
Dann waren die Hände wieder da, jetzt ganz deutlich erkennbar.
Erst an seinem Rücken. Vergeblich blickte er sich um, doch dann verschwanden die Hände wieder.
Deshalb gab er es auf und lies es einfach geschehen.
Über seinen Rücken, dann über die Schultern und den Nacken. Er musste zugeben das sich das wirklich gut anfühlte. Als die eine Hand durch seine Haare wuschelte und die andere beherzt um seine Hüfte griff bemerkte er erst das er kein T-shirt mehr anhatte.
Plötzlich spürte er das zu den Händen auch ein anderer Körper gehörte. Etwas größer als seiner, er konnte ihn hinter sich spüren.
Er war aber zu abgelenkt von den weichen Händen auf seiner nackten Haut das er nicht weiter darüber nachdachte.
Als die Hand über seinen Bauch strich wich die Entspannung einem anderen Gefühl das ihn nach Luft schnappen lies.
So gut, so heiß, alles mögliche spukte durch seinen Kopf.
Er spürte das vertraute Kribbeln unterhalb seiner Gürtellinie und lies seine eigene Hand nach unten wandern und bemerkte das auch seine Hose fehlte, was ihn aber nicht gerade störte.
Suga war so versunken das er regelrecht erschreckt aufschrie als die Stimme sich direkt hinter ihm wieder meldete.
"Sag das es gut ist".
Koshi nickte nur, zu mehr war er nicht im Stande.
Auf einmal spürte er den Körper hinter sich ganz deutlich.
Es war auf jeden Fall ein Kerl. Etwas hartes drückte gegen seinen Hintern.
Oh mein Gott, die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag mitten ins Gesicht.
Die Hände gehörten zu einem Mann, die Gefühle die in ihm schwirrten hatte ein Mann ausgelöst.
Er war hart weil ein Mann ihn berührte.
Urplötzlich wich der Nebel als wenn er aufgesaugt wurde und dann drehte er sich zitternd um.
Die letzten Nebenschwaden verschwanden und er gab den Blick frei auf dunkle Haare und breite Schultern.

Schweißgebadet fuhr er hoch.
Was zum Teufel?
"Daichi", sagte Koshi atemlos und strampelte die Decke weg.
Es war immer noch unglaublich heiß, sein Schlafanzug klebte an ihm wie eine zweite Haut.
Das Aufdecken brachte jedoch nicht die erwartete Abkühlung, aber sie gab den Blick frei auf etwas anderes.
Vollkommen verwirrt sah er an sich hinunter und sah die Auswirkung des Traumes ganz deutlich seine Hose füllen.
Was in aller Welt?
Es war nur ein Traum, Koshi, nur ein Traum. Alles ist gut, versuchte er sich zu beruhigen.
Immer noch aufgewühlt legte er sich wieder hin.
Den Rest der Nacht schlief er traumlos und ohne Decke.
Die Hitze war verschwunden und damit auch der Nebel und die sonderbaren Hände die ihm den Kopf verdrehten.

Daisuga  Freunde, Vertraute, Liebende Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt