Geiselnahme

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Hitze. Noch mehr Hitze. Unerträgliche Hitze. 

Ich erwachte gebadet in meinem eigenen Schweiss. Mein Kopf schmerzte, als wären Elefanten darauf herumgetrammpelt und ich vernahm ein leises Rascheln an meinem Linken Ohr. Oder war es doch das rechte? 

Kläglich versuchte ich zu rekapitulieren wie lange ich wohl bewusstlos gewesen war und wo mich die Mädchen hingebracht hatten. Erst als sich meine Augen an die brennenden Sonnenstrahlen der Wüste beruhigt hatten erkannte ich Teile meiner Umgebung. Zum Beispiel die dörre knochenweisse Eiche an die man mich gebunden hatte. Die harte Rinde scheuerte unangenehm gegen meinen Rücken. 

Mit einem kurzen Blick zur Seite entdeckte ich, dass es Thomas genau so ging wie mir. Er war wach und unsere Blicke verhakten sich sogleich ineinander. Ich wagte es nicht fortzusehen, denn das würde mich nur Verdächtig wirken lassen. 

"Hey", mehr konnte ich nicht aus meiner trockenen Kehle hervorbringen. Thomas verzog seine Lippen zu seinem typischen krummen Grinsen. Eine simple Geste, die mir mein Herz schwer werden lässt. "Guten Morgen, Prinzessin.", murmelt er sarkastisch und windet sich in seinen Fesseln, um einen besseren Blick auf mich zu haben. 

Verlegen lächle ich zurück. "Ziemlich beschissene Situation.", erwidere und versuche zu erkennen, wie schwer ihn Teresas Verrat tatsächlich getroffen  hat. Tatsächlich entdecke ich eine gewisse Schwere in seinen Augen. 

"Kannst du laut sagen", antwortet Thomas, dann deutet er mit einer Handbewegung auf den Boden vor mir. Dort stehen Wasser und Müsliriegel für mich bereit. Erleichtert atme ich aus und stürze beides hinunter, als wäre ich eine Frau, angehaucht vom Hungertod. Zumindest sind Harriet und Sonya keine vollkommenen Barbaren. 

Kaum liess ich das Müsliriegel-Papier zu Boden gleiten, näherten sich uns auch schon Schritte. Sie erklangen Schwer auf dem trockenen Sand. Erst jetzt erkannte ich, dass Gruppe B ihr Lager keine zwanzig Schritte von uns entfernt ein Lager aufgeschlagen hatte. 

"Ihr wollt uns eigentlich gar nicht umbringen." keine Frage, eine Feststellung, die Thomas äusserte. Er schien damit ins Schwarze zu Treffen, denn Sonya warf ihm einen schuldbewussten, verschämten Blick zu. Harriet hingegen liess ihn schnell wissen, dass sie in diesem Fall anders dachte. 

"Nach dem, was Teresa uns erzählt hat, sind wir drei Tage eher aus unserem Labyrinth entkommen. Wir haben weniger Leute verloren und mehr Griewer getötet . Ich denke schlappe Teenager umzupusten wird uns nicht allzu schwerfallen." 

Ich erinnere mich nur vage, an die Flucht von Gruppe B, vor allem deshalb, weil ich die meiste Zeit der drei Jahre hinter den Bildschirme der Gruppe A verbracht hatte. So viel hatte ich allerdings mitbekommen: Harriet hatte einen souveränen Job erledigt, als Anführerin zu fungieren. Sie hatte ihre Truppe mit ihrem Leben geschützt. Sie hatte so viele ihrer Freunde aus dieser Hölle herausgeführt. Sie hatte meinen herzlichsten Respekt. 

Nun war von ihrem guten Herz jedoch nicht mehr viel zu sehen. Sie musterte erst Thomas, dann mich eindringlich. Sie musterte mich scharf, ihr Blick genau so durchdringlich wie auch neugierig. "Du bist nicht aus Gruppe A.", stellte das Mädchen nüchtern fest und trat einen Schritt auf mich zu. "Da ist aber jemand ganz schlau.", gab ich bissig zurück und versuchte mein bestes sie weiterhin unverwandt anzustarren. 

"Wer bist du? Was versuchst du zu bezwecken, in dem du Gruppe A hilfst? Was hast du zu gewinnen?" Sie warf mir Frage um Frage an den Kopf, die ich allesamt nicht zu beantworten wusste. Also versuchte ich das, was ich am besten konnte: Ihr Worte an den Kopf werfen, in der Hoffnung, dass sie irgendwie Sinn gaben. 

"Ist es denn so schwer zu glauben, dass ich ihnen aus purer Gutmütigkeit helfen möchte?" Weder Harriet, noch Sonya, ja nicht einmal Thomas schienen mir diese Antwort abzukaufen. Also räusperte ich mich und versuchte es erneut. "Na gut. Ich erhoffe mir, mit ihrer Hilfe aus dieser verdammten Wüste zu kommen. Ich halte es hier nicht mehr aus. Und ich bin überzeugt, dass wir von einander profitieren können." Die Mädchen scheinen noch immer nicht besonders überzeugt zu sein, harkten diesmal allerdings auch nicht genauer nach. 

Als wir wieder alleine waren, mustert Thomas mich durchdringlich. Anders als die anderen scheint er sich nicht mit meiner Antwort zufrieden zu geben. "Ich mag dich Tara, wirklich, aber das was du da erzählst...ich weiss einfach nicht ob ich dem trauen kann. Woher weiss ich, dass du nicht auch eine Verräterin bist."

Seine Worte treffen mich direkt ins Herz. Es sollte nicht so sehr schmerzen, wie es das tut, schliesslich hatte er recht. Mir kann und sollte man nicht trauen. Ich hatte sie in der Vergangenheit verletzt und ich würde es immer und immer wieder tun. Das lag in meiner Natur."

"Ich kann nicht mehr tun, als mein Wort zu geben. Das muss genügen.", brachte ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. 

Ich komme nicht umhin als mir vorzustellen, dass wenn Thomas bereits so über mich dachte, Minho wahrscheinlich genau das selbe tat. Ich versuchte die aufkommende Panik im Keim zu ersticken, doch stattdessen machte ich alles nur noch schlimmer. Die Worte hatten meine Lippen verlassen, ehe ich es überhaupt realisieren konnte. 

"Würdest du das selbe zu Brenda sagen?" Es war ein Tiefschlag. Ein jämmerlicher Versuch Thomas genau so zu verletzten, wie er mich verletzt hatte. 

"Brenda? Warum sollte ich Brenda-." Seine Brauen zogen sich verwirrt zusammen. Dann schien es ihm zu Dämmern. 

"Oh, Tara-. Es tut mir Leid. Ich weiss, dass dies für dich auch keine einfache Situation ist. Nur, durch deine grosse Klappe machst du dich zur Zielscheibe. Ich wollte dir nichts unterstellen."

Ich seuftzte. "Schon in Ordnung. Ich verstehe dich." , noch während ich das sagte realisierte ich, dass es stimmte. 

"Du hast Teresa vertraut und sie hat dich verraten. Die eine Person, von der du dachtest, dass sie zu dir hält, egal was geschieht und genau sie hintergeht dich, als wäre es das einfachste der Welt." Tränen brodelten an die Oberflächen und hinterliessen nasse Flecken in Sand. 

Auch Thomas verstand. Auch ich fühlte mich verraten. Brenda hätte mein ein und alles sein müssen, mein Fels in der Brandung. Stattdessen hatte sie sich als Kies entpuppt, der durch den kleinsten Tritt bereits im Nichts verschwand. 

Schweigend sassen Thomas und ich da und versauerten in gegenseitigem Selbstmitleid. 

Don't you remember? (A Maze Runner ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt