Panic

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Auch auf diese Entfernung wusste ich ganz genau, welcher der sechs Reiter Blake war. Nicht nur wegen ihrem Pferd, das eine ungewöhnlich hohe Geschwindigkeit aufbrachte und alles Licht in der Umgebung in seinem pechschwarzem Fell zu verschlucken schien. Sondern auch, weil Blakes goldene lange Haare die Sonne so hell wiederreflektierten, dass es mich durch mein Fernglas geradezu blendete.

Diese Mischung aus dem tiefstem Schwarz und gleißendem Licht machte die Reiter-Pferd Kombi zu etwas, von dem man kaum aufsehen konnte. Das Pferd war mich aber egal. Wenn ich könnte, würde ich es hier und jetzt erschießen, und Blake gleich danach.

Am besten vor den anderen fünf Kerlen, die ihr überall hin folgten, um ein und alle Mal klarzustellen:

Blake.Gehört.Mir.

Und niemand anders würde sie mir jemals wieder wegnehmen können.

Denn sie würde tot sein.

Unerreichbar für Alles und Jeden.

Ich lächelte und drückte das Fernglas fester an meine Augen.

Nicht mehr lange, Blake. Dann komme ich und hole dich.

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"Hallo mein Schatz!" Rief Grace begeistert und hielt mein Gesicht in ihren runzeligen, herrlich nach Seife duftenden Händen. Sie lächelte mich an und ich beneidete sie noch einmal um ihre hellblauen, fast türkisen Augen, die trotz ihres Alters wach aussahen und Klugheit ausstrahlten.

"Ich weiß nicht, ob es mich beunruhigt, dass sie sich mehr über dich freut als mich" raunte Colt mir zu und umarmte seine winzige Großmutter. Ich kicherte und nahm mir einen Keks mit Marmeladenfüllung.

In Graces Haus roch es, wie schon bei meiner ersten Begegnung mit dieser außergewöhnlichen Frau, nach Holz, ein wenig Leder und irgendwie einfach nach... zu Hause. Ein Geruch, den ich nie wirklich zuordnen konnte, aber der jeden Besucher sich wohl fühlen ließ.

Nachdem sie ihren Enkel begrüßt hatte, wandte sie sich wieder mir zu und nahm meine Hände in ihre. Dann streckte sie meine Arme aus und begutachtete, wie fast immer, wenn wir jetzt herkamen meine Arme.

Sie waren überseht mit Narben. Große, kleine, rote, weiße. Sie strich sanft darüber und sah so unglaublich gequält aus, dass ich meine Arme sanft zurück zog und ein neues Thema anfangen wollte.

"Blake. Das wird nicht unter den Tisch gekehrt!" Schimpfte sie streng und schniefte einmal leise. "Ich habe gedacht, Ruth wäre der Mensch mit dem meisten Pech... Hätte ich geahnt, was dir passiert mein Kind..." Sie faltete ihre Hände aufgebracht.

"Naja, wie die Mutter so die..." Ruth warf mir einen finsteren Blick zu. "Tochter?" Beendete ich unsicher den Satz. "Grace! Mir geht es so gut, wie noch nie! Es ist Sommer und wir sollten ihn genießen, also los!" Rief ich und lief nach Draußen zu den anderen, die angefangen hatten, Football zu spielen.

"Du passt mir auf sie auf, hast du das verstanden, Colt?!" Hörte ich Grace mit ernster Stimme zu meinem Freund sagen, der sicherlich nickte und sie beruhigte.

Ich verdrehte die Augen und stürzte mich auf Kean. Der hatte zwar den Ball nicht, aber lief wie ein aufgeschrecktes Hühnchen davon.


Wir waren am Ende doch bis zum späten Nachmittag bei Grace und ließen uns von ihr bekochen, während die Pferde grasten und herumtollten. Sogar Shadow war geblieben und rannte mit Coco herum.

Lion war damit beschäftigt an einem festgebundenen Seil zu ziehen und somit einen Pfosten des Zauns herauszuziehen. Die Intelligenz sprühte diesem Pferd geradezu aus den Ohren.

Als wir uns auf den Rückweg machten, waren wir alle bester Laune. Die Luft wurde mild und der berühmte Sommerabend Duft machte sich in den sattgrünen Tälern breit. Die Sonne verschwand gerade hinter den Bergspitzen und tastete noch mit ein paar goldenen Lichtfingern nach unseren Nasen.

Ich atmete die frische Luft bis in die letzte Ecke meiner Lungen und fühlte mich einfach hervorragend. Shadow war auf Hochform und wir hatten die Anderen längst hinter uns gelassen. Mit rekordverdächtigem Tempo rasten wir im Wettlauf mit dem Wind Richtung Ranch Ruth und genießen unseren gemeinsamen Moment. Ich breitete meine Arme aus und schloss die Augen. Ich nahm alles in mich auf. Wie einen Tank füllte ich meine Seele mit diesem Moment und hoffte, er würde ewig andauern.

Viel zu schnell waren wir dann zu Hause und es wurde sogar ein wenig kühl.

Ich wollte mich gerade von meinem riesigem Pferd verabschieden, doch Shadow starrte stur geradeaus zu meinem Haus. Seine Muskeln waren steinhart und er versuchte schließlich, mich vom Haus wegzudrücken.

Mich überkam ein so übles Gefühl, dass ich das Gefühl hatte, zu ersticken. Panik stieg in mir hoch und ich klammerte mich an Shadow.

Verschreckt kletterte ich zurrück auf den sicheren Rücken meines Pferdes. Keine Millisekunde später jagte Shadow los. In die Richtung, aus der wir gekommen waren.

Ich krallte mich diesmal in seine Mähne. Denn unser Rhythmus war aus dem Takt geraten, er lief jetzt nicht mehr gleichmäßig, sondern kopflos.

Er wollte mich so schnell es ging, so weit weg bringen, wie es nur möglich war.

Ungefähr zweihundert Meter rechts von uns ritten die Jungs gerade und sahen uns fragend an.

Ich sah sie noch hinter uns, doch bald waren wir zu weit weg.

Nach einer halben Stunde hielt Shadow schließlich an und ließ mich sogar absteigen.

Eine Millionen Gedanken flogen in meinem verängstigtem Kopf herum.

War jemand in meinem Haus? Jemand böses? Vielleicht sogar...

Ich wagte es kaum seinen Namen zu denken. Ich fing an zu zittern und lief hin und her, raufte meine Haare und atmete schwer ein und aus.

Da hörte ich jemand meinen Namen sagen.

"Blake".

Panisch drehte ich mich um.

Nein.

Das konnte nicht sein.

Wie...?








"April?!"

Wyoming Love Story III Cruel Summer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt