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„Mila" begann Cole aber ich unterbrach ihn „nein, ich will wissen wie es ist. Ist es so schlimm wie die Berichte immer sagen? Ist es besser, ist es schlimmer? Ich will wissen was es bedeutet im Krieg zu sein" versuchte ich zu erklären. Im Augenwinkel sah ich wie Cole seine Gabel weg legte. „Es ist Krieg. Es geht um leben und Tod. Du bist mit allem möglichen bewaffnet, bist bereit zu kämpfen, bereit zu töten, bereit zu sterben. Oft musst du innerhalb von Sekunden entscheiden ob du den dir gegenüber tötest oder nicht. Trägt er eine Bombe unter seiner Jacke, mit der er womöglich dich und deine Kameraden töten kann, oder ist es womöglich nur ein Familien Vater der essen für seine Kinder versteckt. Du hast oft nur den Bruchteil einer Sekunden Zeit um zu entscheiden ob du schießen wirst oder nicht. Tötest du einen Attentäter der dich töten will, oder tötest du einen unschuldigen Familien Vater ohne den die Familie ebenfalls sterben wird. Ist das Kind dir gegenüber ein Kindersoldat, der den Auftrag hat dich zu töten, oder nur ein neugieriges Kind das dich bewundert. Es kann sein das es tagelang ruhig ist, aber es kann auch sein das du tagelang unter Beschuss stehst. Du gewöhnst dich daran mit Schüssen im Hintergrund einzuschlafen, damit zu rechnen das du nachts angegriffen wirst, damit das du Kameraden verlierst oder dir selber was passiert. Es kann sein das du tagelang in deiner Station bist und es ruhig ist, aber es kann auch sein das du in der größten Hitze, tagelang um deins, und das Leben deiner Kameraden kämpfen musst. Dir ist bewusst das du sterben kannst, das deine Freunde sterben. Es kann von jetzt auf nachher vorbei sein, du fährst über eine Mine, wirst plötzlich abgeschossen, es kann alles ganz schnell gehen. Aber du kannst auch viel gutes tun. Du hilfst unschuldigen zu überleben, tust alles um den Frieden zu wahren, gibst den Menschen dort drüber das Gefühl das es jemand gibt der auf sie aufpasst. Du gibst ihnen essen, trinken, Kleidung. Du gibst ihnen Hoffnung.
Das alles hab ich bei meinen Einsätzen erlebt. Manchmal ist es total langweilig und du fragst dich warum du überhaupt hier bist, aber manchmal hast Tage an denen du nicht weißt ob du wieder lebend nach Hause kommst" sagte Cole mit ernstem Gesichtsausdruck. „Bei mir war es zum Beispiel ganz anders. Wir hatten die meiste Zeit nichts zu tun. Wir sind durch die Dörfer gelaufen, haben uns um die Menschen gekümmert, bei mir gab es vielleicht 4 oder 5 Schusswechsel in meinem ganzen Einsatz. Da waren die meisten Einsätze beim FBI schlimmer" sagte nun auch Mike. „Und bei mir war es wieder anders. Mal waren die Tage total ruhig, mal waren sie total hektisch. Es gab Tage da konnten wir keinen einzigen Kameraden retten, es gab Tage da haben wir keinen einzigen verloren.
Du kannst nicht pauschal sagen wie es im Einsatz ist. Es kommt drauf an wo du bist, wie die Lage dort ist, ob du direkt an der Front bist oder weiter hinten, was für einen Job du hast. Es gibt so viele Faktoren von denen es anhängig ist wie dein Einsatz verläuft, das kann man aber nicht so leicht beantworten" erklärte mir Jake. Ich spürte wie mir ein Kloß im Hals steckte. Mein Blick haftete auf meinem halb vollen Teller. Ich hab schon damit gerechnet das ich so etwas hören werde, aber es dann doch tatsächlich zu hören war nochmal was anderes. Mike und Jake waren beide nur einen Einsatz dabei, aber Cole nicht. Er ist nochmal zurück obwohl er wusste wie es da unten ist. „Warum bist du wieder zurück gegangen, du wusstest doch wie es dort drüben ist, warum hast du das nochmal gemacht" fragte ich an ihn gerichtet. „Bei den Marines wirst du auf all das vorbereitet. Ich wusste schon vor meinem ersten Einsatz was auf mich zukommt, klar es ist nochmal was anders wenn es dann wirklich soweit ist, aber ich war mir immer bewusst was ich mache. Es gab viel schlechte Sachen, aber auch viele gute. Man muss dafür kämpfen das die guten Sachen immer mehr werden, also bin ich wieder zurück. Es ist anders wenn du selber dort bist. Du nimmst das alles viel entspannter und gelassener. Es ist viel schlimmer wenn jemand dort ist den du liebst" sagte Cole ernst. „Wieso ist es einfacher wenn du selber dort bist" fragte ich verwundert. „Weil du es selber steuern kannst. Du weißt wie dort gerade ist, wie gefährlich oder sicher er ist. Du weißt immer genau was passiert, aber wenn du hier bist kannst du das alles nicht einschätzen. Du weißt nicht ob es dort gerade sicher ist oder nicht. Es ist die Unwissenheit, das ist das schlimme" erklärte mir Jake. „Ich hätte damals kein Problem gehabt noch weitere Einsätze zu machen, aber es wäre mir zum Beispiel um einiges lieber wenn Alex hier geblieben wäre, obwohl er nur das macht was ich auch getan hab" meinte Cole. Es ist gut das es Leute wie meine Brüder gibt, die sich für etwas einsetzten, bereit sind für etwas zu kämpfen, aber müssen das ausgerechnet meine Brüder sein...

Big Brothers 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt