Kapitel 14 ~ Was mache ich hier?

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~ Katherine Jackson ~

Innerlich tobte ein Sturm in mir. Sie hat mich jetzt nicht wirklich einfach so alleine gelassen. Auch, wenn dies gewaltig an meinem Ego kratzte, gefiel es mir, dass mir jemand mal die Stirn bittet. Denn normalerweise, wer ich die Person, welche provoziert und im Regelfall traute sich auch keiner etwas sagen zu sagen, oder zu tun. Aber ich wusste schon von Anfang an, dass Regina anders war. Ich hatte nur nie damit gerechnet, dass sie mein Spiel mitspielen würde. Aber so einfach werde ich es ihr nicht machen, was sie kann, kann ich auch, bloß besser.
Dennoch frage ich mich, was sie jetzt wohl von mir denkt...
Das ist zum verrückt werden! Ich lief das Hotelzimmer auf und ab und ärgerte mich über mich selbst. Wie kann sie mich jetzt einfach alleine lassen? Irgendwie kratzt dies nicht nur ein bisschen, sondern gewaltig an meinem Ego! Ich hatte gehofft, dass sie immer noch halb nackt an der Zimmerwand verweilte, oder zumindest verwirrt auf der Bettkante saß. Aber nein! Sie hatte sich komplett fertig gemacht und sah dabei noch verboten heiß aus. Jede andere Frau hätte mich gefragt warum ich sie geküsst habe, aber sie fragte mich nicht. Sondern ging einfach mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Diese Frau spielt mit mir.
Aber was sollst. Was geschehen ist, ist geschehen. Ich kann nun sowieso nichts mehr ändern und es scheint in kleinster Weise so, als hätte ihr der Kuss nicht gefallen. Also was soll schon schiefgehen.
Ich machte mir da eher Sorgen über mich selbst!
Warum hatte ich sie bloß geküsst? Ich verstehe es nicht. Allein die Tatsache, dass ich ihre Chefin bin, hätte mich abhalten müssen. Jedoch hat es das nicht. Was ist bloß los mit mir...
Ich habe ein Mann, mit welchem ich erst zwei Jahre lang verheiratet bin und mein Traum war es immer eine Familie zu gründen.
Und nun... ich bin 37 Jahre alt, hab keine Kinder und habe soeben meine Mitarbeiterin geküsst. Zugegeben, es war mehr als gut. Aber verdammt noch mal warum?
Lag es dran, dass es schon länger nicht mehr gut mit Sebastian läuft, oder lag es daran, dass ich Regina mehr mochte, als ich wollte? Ich hatte echt keine Ahnung... Ich kann nicht leugnen, dass Regina mich schon seit dem ersten Tag an fasziniert hat. Ich habe immer versucht möglichst viel in ihrer Nähe sein zu können. Am Anfang war sie genau so freundlich zu mir, wie es alle anderen waren. Auch meine bissigen Kommentare steckte sie genauso weg. Sie schien mir schon fast langweilig zu werden. Doch nach drei Monaten legte sich ein Schalter bei ihr um. Sie fing an mir die Stirn zu bieten. Sie ließ mir meinen Sarkasmus nicht mehr einfach so durchgehen. Manchmal haben wir uns so laut angekeift, dass die halbe Kanzlei es mitbekommen hatte. Mir fiel irgendwann auf, dass sich die Luft anfühlte, als wäre sie elektrisch aufgeladen, wenn wir miteinander stritten, oder nur eine kleine Auseinandersetzung hatten. Ich fing an mich in diese Gefühl zu verlieben. Jedoch wollte ich mir das nicht eingestehen. Denn ich durfte mich nicht verlieben und schon garnicht in eine Frau.
Als sie in meiner Kanzlei anfing, war ich schon mit Sebastian verlobt und das schon mehrere Jahre. Wir hatten uns erst spät dazu entschlossen wirklich zu heiraten. Ich kannte ihn schon lange. Wir waren zusammen auf der gleichen Schule und später auch auf der gleichen Uni. Ich war nie mit jemand andern zusammen außer ihm. Ich hatte nie Gefühle für jemand anderen außer für ihn. Und jetzt... Jetzt bringt sie mich zum Verzweifeln! Was soll das! Sonst ist mir doch auch alles gleichgültig... diese Frau macht mich fertig.

Wie soll das jetzt nur weiter geht? Mir wird langsam bewusst, dass meine Gefühle doch starker waren, als ich mir eingestehen wollte. Ich kann nicht mit ihr zusammen sein. Ich kann mich nicht so einfach von Sebastian trennen. Was würde nur meine Mutter dazu sagen. Sie würde mir den Kopf abreißen. Schließlich war Regina nur meine Angestellte. Ich seufzte... ich hasste meine Mutter dafür.

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~ Vor 21 Jahren ~

„Katherine kommst du mal.", rief meine Mutter am Treppenaufgang zu mir hoch. Ohne eine Antwort zu geben, trottete ich die Treppe nach unten.
„Da bist du ja endlich. Wir bekommen heute Besuch. Ich habe Mr Piper und sein Sohn Sebastian zum Essen eingeladen. Sebastian müsstest du ja schon kennen."
„Mutter Stopp. Sag mir nicht, dass du mich verkuppeln willst.", sagte ich aufgebracht.
„Ich will nur das beste für dich, Katherine. Mr Piper hat mir letztes erzählt, dass Sebastian dich sehr nett findet. Er ist perfekt für dich. Sebastian wird in paar Jahren die Firma übernehmen. Dir wird es an nichts fehlen. Und jetzt zieh dir was schönes an.", ihr Blick verriet, dass ich keine Widerworte geben durfte.

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Als ich auf die Uhr schaute, wurde mir bewusst, dass in einer halben Stunde das nächste Meeting anfängt. Ich sollte Regina hinterhergehen. So verpeilt wie sie immer ist, weiß sie bestimmt nicht einmal, dass wir gleich ein Meeting haben. 

Kurz versank ich noch einmal in meinen Gedanken. Warum hat diese Frau so eine Anziehungskraft?
Egal... darum kann ich mir jetzt wirklich nicht weiter den Kopf zerbrechen. Ich muss Regina suchen! Ich werde sie bestimmt draußen vor dem Hotel finden.

Und so war es auch. Regina stand draußen mit einer Zigarette in der Hand und starrte ins nichts.
„Regina?", sagte ich leise, als ich direkt neben ihr stand. Sie zuckte leicht zusammen und drehte ihren Kopf in meine Richtung. Als sie mich sah, formte sie ihren Mund zu einem Lächeln. Mir wurde direkt warm ums Herz. Dieses Lächeln ist einfach wunderschön... Genug geträumt dafür habe ich keinen Zeit!
„In 15 Minuten fängt das Meeting an. Ich wollte nur nicht, dass du es vergisst.", sage ich deswegen und versuchte meine Dominanz wiederzuerlangen. Ich war heute schon nett genug. Das muss reichen!

15 Minuten später saßen wir auch schon wieder in dem uns zugeteilten Raum. Heute ging es darum, wie man merkt, wenn ein Klient lügt, oder einem etwas verschweigt.
Das Meeting heute war recht interessant bzw. nicht so einschläfernd, wie das gestrige. Henry Varz, der Psychologe, welcher das Seminar leitet, erklärte uns mehrere Auffälligkeiten, welche einem Hinweise geben, dass man angelogen wird.

„Es ist durchaus sinnvoll, einen Klienten in verschiedenen Sitzungen die gleiche Frage zu stellen. Sie fragen sich jetzt bestimmt, warum sie dies tuen sollen bzw. ihre Zeit mit den gleichen Fragen verschwenden sollten. Dies ist ganz einfach zu beantworten! Wenn ein Mensch lügt, benutzt er meistens den identischen Wortlaut. Denn ein Mensch der lügt, kann nicht frei aus seinen Erinnerungen erzählen, sondern muss sich bestimmte Sätze zurechtlegen. Wenn ihnen also auffällt, dass ihr Klient euch jedes Mal die gleich Geschichte, mit den identischen Worten erzählt, können sie davon ausgehen, dass sie grade angelogen wurden.", erklärte Mr. Varz.

Nach 20 so ähnlichen Erklärungen war das Meeting auch schon vorbei. Da es erst Mittag war, entschloss ich mich wieder hoch ins Zimmer zu gehen, ein bisschen entspannen. Ich legte mich erst aufs Bett und schaute stumpf die Decke an. „Und jetzt?", fragte ich mich. Ich zog mein Handy aus meiner Tasche und scrollte eine Runde durch Instagram.
Paar Minuten später bekam ich eine WhatsApp Nachricht von einer unbekannten Nummer.

>> In 10 Minuten am See. <<

Mehr stand da nicht. Ich fragte mich, wer hier meine Nummer herausgefunden haben könnte. Mir fiel niemand ein. Ich werde es wohl gleich herausfinden. Ich stand auf, nahm meine Jacke von der Garderobe und verließ das Zimmer.
Für Mitte Januar ist es gar nicht so kalt draußen, dachte ich mir. Es waren bestimmt knapp 10 Grad. Ich lief den Weg vom Hotel zum See entlang. Wenn man sich ganz stark anstrengte, könnte man ihn schon von der Hoteltür sehen.
Paar Minuten später sah ich Regina am Steg stehen. War sie es die mir die Nachricht geschrieben hat? Nein das kann nicht sein! Woher sollte sie denn meine Handynummer haben?
Da ich sonst niemanden sah, entschied ich mich zu ihr zu gehen.
„Hey, was machst du denn hier?", sagte ich erstaunlich freundlich zu ihr.
„Hey, du hast meine Nachricht also erhalten."
Also war sie es doch! Wo hat sie bloß meine Nummer her? Ich entschloss mich sie einfach zu fragen.
„Woher hast du meine Nummer? Niemand hat diese im Büro."
„Du hast deine Geheimnisse, ich habe meine. Lass uns spazieren gehen.", sagte sie trocken mit einem Lächeln im Gesicht.

Also gingen wir den Weg am See entlang. Irgendwann griff Regina nach meiner Hand. Ich ließ es zu. Hier kannte uns sowieso keiner, dachte ich mir. Wenn ich mich da nur nicht getäuscht hätte.

The Anderson Story (gxg) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt