Second Chances | ✓

SECHS

ADAM

Es war wirklich so wie in all den Träumen. Das Gefühl von vollkommener Schwerelosigkeit begleitete mich den ganzen Abend. Wärme schoss mir immer wieder von meinem Herz aus durch den ganzen Körper, wenn ich daran dachte, dass ich es wirklich geschafft hatte. Mein allererstes Spiel in der NFL und die Chicago Wolves gingen als Sieger vom Rasen. Dass es eigentlich nur ein Vorbereitungsspiel war, hatte ich in die hinterste Ecke meines Gehirns verschoben. Mein ganzes Leben habe ich auf diesen Moment hinarbeitet und wollte das Gefühl, das ich nun hatte, niemals missen.

Oliver klopfte mir kurz auf die Schulter, als er an mir vorbeilief und sich auf den Barhocker neben meinem fallen ließ. Ein paar Spieler wollten den Abend nach dem Sieg in der Hotelbar ausklingen lassen und da ich in dem Moment auf keinen Fall alleine sein wollte, saß ich nun mit einigen meiner Mannschaftkollegen an einem großen Tisch mitten in der Bar.

„Ekelhaft", hörte ich Oliver murmeln. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er mit zusammengezogenen Augenbrauen die Getränkekarte studierte.

„Kein guter Whiskey dabei?", scherzte ich und nahm einen Schluck von meinem Bier.

Oliver schüttelte den Kopf. „Mann, ich vermisse den Süden. Wieso musste das erste Spiel nur in Minnesota sein. Ich mein, die Menschen hier tun mir schon so leid, dass sie die Hälfte des Jahres im Schnee verbringen müssen, aber siehst du das?", Oliver hielt mir die Getränkekarte unter die Nase. „Nicht mal ordentlichen Whiskey haben die hier. Wie traurig das Leben nur sein kann."

„So dramatisch", gab ich schmunzelnd zurück.

Oliver verdrehte die Augen und konzentrierte sich wieder auf die Getränkeauswahl. Das Gefühl der Schwerelosigkeit wurde durch seine Anwesenheit und den Alkohol, der bereits meinen Blutkreislauf erreicht hatte, nur noch bestärkt.

Ich habe Oliver an meinem ersten Tag bei den Wolves kennengelernt. Er spielte nun die zweite Saison in der NFL und hatte es sich zum Ziel gemacht, den ersten Rookie, den er sah, den Einstieg zu erleichtern. Und durch die Tür kam ich hereinspaziert. Seitdem war Oliver so etwas wie mein bester Freund. Ich hatte zwar keine Ahnung wie es war einen besten Freund zu haben, aber Oliver kam da wahrscheinlich ganzschön nah dran.

„Na schön, dann nehme ich halt ein Bier", hörte ich ihn wieder neben mir sagen.

„Gute Idee." Ich nahm ihm die Getränkekarte ab und gab sie an die erstbeste Person weiter, damit Oliver sich nicht noch mehr über die Whiskeyauswahl aufregte. Einem Mann aus den Südstaaten kann man eben bei Whiskey nichts recht machen.

Gerade, als ich den letzten Schluck meines nun schon warmen Biers runterschluckte, kam die Bedienung wieder zu unserem Tisch. Perfektes Timing. Ich bestellte mir mein drittes Bier, Oliver gab sich mit einem Fassbier zufrieden und um mich herum vielen weitere Namen verschiedenster Biermarken.

„Clara! Ich muss dich auf einen Drink einladen!" Ich sah von meinem leeren Bierglas auf und beobachtete, wie Levi wild mit seinem Arm in Richtung Tür wedelte. Mit der anderen Hand signalisierte er der Bedienung, dass sie noch einen Moment warten solle. Levi MacCarthy war praktisch dafür zuständig, dass es immer einen beliebigen Anlass dafür gab mit der Mannschaft was zu trinken.

Mein Blick wanderte zur Tür und traf auf Clara. Sie schüttelte lächelnd den Kopf, betrat dann allerdings doch die Bar. „Du musst unsauf einen Drink einladen, MacCarthy", antwortete sie herausfordernd.

Einen kurzen Moment beobachtete ich die Szene vor mir mit zusammengezogenen Augenbraunen, bis Marlene die Bar hinter Clara betrat. „Ich glaube ich sollte besser schon mal hochgehen", hörte ich sie zu Clara sagen.