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[Edited]

Lifs PoV

,,Ich weiß.", erklingt meine monotone Stimme.

Diese Worte wiederholen sich immer wieder in meinem Kopf; füllen die plötzliche Leere, die mich befallen hat, aus. Obwohl mein Kopf auf Grund meiner brausenden Gedanken zu rauschen scheint, schaffe ich es nicht diese Situation zu händeln, geschweige denn sie zu erfassen.

Wie aus einer anderen Perspektive beobachte ich alles: Jessica, die immernoch nackt vor mir steht und mich schief anlächelt; die Erinnerung an den Wolf, der sich in dieses mir doch eigentlich bekannten Frau verbogen hat...

Anstatt in Panik zu verfallen - denn schließlich ist sie eindeutig nicht menschlich -, starre ich sie mit ausdruckslosen Augen an, bloß ein kleines Lächeln, was sich nicht hätte falscher anfühlen können, ziert meine Lippen.

Ich hätte in meinen Büchern an dieser Stelle jegliche Reaktion der Protagonistin erwartet- Aber man kann zwei verschiedenen Menschen nicht miteinandner vergleichen. Jeder ist von seiner Vergangenheit und seinen Erfahrungen geprägt, so auch ich.

Und das Erste, was ich mache, ist mich emotional abzuschotten. Ich fürchte mich nicht davor, körperlich verletzt zu werden - jedenfalls nicht so sehr, wie vor diesem Druck auf der Brust, der nicht aufhört und einen in den Wahnsinn treibt, der einen wünschen lässt, garnichts mehr zu fühlen.

Die vertraute Stille, die daraufhin meinen Kopf besetzt, lässt alte, verdrängte Erinnerungen vor meinem geistigen Augen aufblitzen. Bilder, wie Mom und Dad sich trennten und jeder ohne Rücksicht sein eigenes Leben weiterlebte. Natürlich konnten sie nach einer Weile einfach so weitermachen, als wäre nie etwas gewesen, doch meine Brüder und ich nicht. Wir kannten nichts anderes, für uns war es alles, was wir hatten. Und um an diesem nicht zu zerbrechen, schottete ich mich ab.

Es versetzt mich nicht mehr in Furcht vor mir selbst, dass ich die Kälte in meinem Inneren direkt Willkommen heiße. Es war- ist besser so. Es erlaubt mir einen anderen - vielleicht neutralen - Blickwinkel auf alles. Denn ohne die vielen verschiedenen Emotionen, die durch meine Adern rasen und in meinem Denken mitmischen, lässt es sich einfacher logischer denken.

Und für mich ist das einzig Logische in dieser Situation, so schnell wie möglich weg zu kommen und sich dabei nicht verletzlich zu zeigen.

,,Ich schätze, ich sollte mir was anziehen.", lacht Jessica und schnappt sich einen Mantel von der Gaderobe, um sich diesen überzuziehen.

Als Jessica merkt, dass ich sie bloß weiter beobachten und nichts sagen würde, fährt sie fort:,,Warum bist du so früh schon wach? Ich habe dich doch nicht etwa geweckt?" Ihr Gesicht spiegelt Besorgnis wieder.

,,Nein, alles gut.", winke ich schulterzuckend ab und verspüre auf einmal das starke Bedürfnis, dieses Haus zu verlassen. Umgehend.

Noch nie hat es mich so viel Kraft gekostet, mir nichts anmerken zu lassen. Ich hatte mir bei diesen Menschen erlaubt, nachlässig im Bezug auf meine Probleme zu sein und nun? Nun sitze ich überrumpelt - völlig unvorbereitet - hier und weiß nicht wohin mit mir.

Und ich hasse es. Ich hasse es mehr, als irgendetwas sonst.

Die Treppe knirscht hinter mir, doch ich drehe mich nicht um. Sein Geruch verrät es mir bereits.

,,Was ist hier los?", sagt er mit seiner rauen Morgenstimme, die mir in einer anderen Situation vielleicht heiße Schauer über den Rücken gejagt hätte, doch jetzt widert sie mich nur an.

Connor will eine Hand auf meinen Rücken legen, doch ich drehe mich einfach um, sodass ich nun Jessica und Connor perfekt im Blick habe. Nur weil ich keine extreme Angst gegenüber den beiden verspüre, heißt das noch lange nicht, dass ich sie unterschätzen werde.

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