P r o l o g

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[Edited]

Lifs PoV

Immer wieder muss ich von dem Buch, das ich gerade lese, aufsehen, da meine Gedanken sich scheinbar nicht auf die vor mir abgebildeten Worte konzentrieren wollen. Alles wirkt so surreal, fast wie in einem Traum, der einen ständig heimsucht, sich an einem festklammert, bis man letzendlich den Verstand verliert.
Das Wort Albtraum passt dann wahrscheinlich besser.

Hätte man mir vor sieben Jahren gesagt, dass ein einziger Streit, ein einziger Satz, das Leben eines jeden betroffenden so stark aus der Bahn wirft und verändert- Ich hätte diese Person wahrscheinlich bemitleidet, aber nie diesen Schmerz, der sich jede freie Sekunde wie ein Messer in dein Herz bohrt, nachvollziehen können.

Nach dieser Aktion hat sich vieles verändert. Nicht alles zum schlechten, aber das meiste hat dafür gesorgt, dass sich ein Abgrund, der alles verschlingt, was nicht auf sich aufpassen kann, unter mir auftut.
Und das Schlimmste: Es ist noch nicht vorbei. Es wird nie vorbei sein. Weil es in mir ist, ein Teil von mir ist. Ein Teil von mir und meinen drei Brüdern, von allen Beteiligten.

Ich schüttel den Kopf um diese Gedanken zu verbannen, damit sich diese nicht in meinem Kopf festsetzen und mir dadurch jegliches Denken Schmerzen bereitet. Selbstmitleid stinkt im Endeffekt und bringt mich keinen Meter weiter, lässt mich stattdessen auf der Stelle verharren. Vielleicht hätte ich damals etwas ändern können, vielleicht hätte jemand auf mich gehört, wenn ich direkt meinen Gefühlen Worte gegeben hätte, aber ich war erst zehn Jahre jung. Ich war ängstlichz, naiv und noch so vieles mehr.

Frustriert klappe ich mein Buch zu, jegliche Hoffnung auf Ablenkung durch die Geschichte einer anderen auf diesen Seiten erloschen.

Von draußen höre ich Stimmen, die lautstark diskutieren und meinen Vater, der Anweisungen an diese Personen verteilt, die uns beim Umzug helfen.

Träge erhebe ich mich von meinem Bett und blicke aus dem Fenster, sehe, wie Freunde von meinem Vater ihm helfen, unser Sofa in einen Umzugswagen zu tragen.

Als er mir vor ein paar Wochen stolz verkündet hat, wir würden umziehen, hat meine schon verdrehte Welt einen Prurzelbaum geschlagen. Ein Purzelbaum, der mich kopfüber mit in die Ungewissheit gerissen hat.

Ich will nicht sagen, dass meine Heimat, das Dorf in dem ich lebe und aufgewachsen bin, perfekt ist. Aber ich fühle mich hier wohl, hier ist meine Familie... Falsch - fährt es mir schneidend durch den Kopf - , hier war meine Familie. Aber trotzdem kann ich meine Vergangenheit nicht einfach so zurück lassen, denn wenn ich dies täte, dann wäre es Vergangenheit.

Ich lache humorlos auf. Verdammt, höre ich mich erbärmlich an.

Wenn ich so drüber nachdenke, wäre ein Neustart eigentlich perfekt. Aber trotzdem hält mich hier etwas, etwas was ich nicht loslassen will und nicht kann. Erinnerungen. Wie ich als kleines Kind draußen Blödsinn gemacht habe, Fußball spielte, zum Kindergarten und später in die Schule gegangen bin...
All das kann ich nicht verlassen, denn es ist das Einzige, was mir bleibt. Und zwar die Erinnerung an die guten, alten Zeiten. Zeiten, in denen einen der kindliche Tatendrang und die Lebenslust von einem Fleck zum anderen getragen hat und niemand einem die Laune verderben konnte - jedenfalls nicht allzu lange.

Trotzdem würden wir morgen losfahren, als wären diese erinnerungen nur Gehirngespinste von mir, die nie wirklich real waren, weil wir unseren Flug nicht verpassen dürfen. Ich bin ehrlich: Ich habe Angst. Fuck, ich habe Angst. Was ist, wenn ich alles Schöne vergesse, die Menschen, die mir wichtig sind? Was ist wenn mir das Einzige, was mir noch geblieben ist - meine Erinnerungen - auch noch abhanden kommen?

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