Ob er wohl noch stumm weinen konnte?
Nur die Tränen, die wie Regentropfen über seine blassen Wangen rannen und klammheimlich ihr eigenes Kunstwerk schufen?
So viele einsame kalte Nächte im Manor, die er üben hatte können.
So viele Tage hier, die es ihn nie verlernen lassen hatten.
Er spürte das wohlbekannte Brennen und das Kribbeln in der Nase, das eigentlich sonst nur die salzige Meerluft in ihm auslöste.
Also ja.
Er hätte jetzt nachgeben können.
Die Tränen strömen, und sich gehen lassen.
Und obwohl der Gedanke so bitter und ungerecht war, konnte er ihn sich nicht verbeißen.
Das „Wie Harry" lag ihm schwer wie eine Galione auf der Zunge.
Weil es doch wahr war.
Am Ende war es seine Schuld.
Vielleicht hatte der Tagesprophet all die Jahre Recht gehabt.
Vielleicht war Harry der Lügner und Betrüger, als den sie ihn hinstellten.
Aber vielleicht war er auch nur ein Waisenjunge, der in seinem eigenen Kopf mehr gefangen war, als er es gewesen wäre, wenn sie ihn in Askaban eingesperrt, und den Schlüssel weggeworfen hätten.
Wenn er es nur gewusst hätte.
Wenn sie nur nicht verlernt hätten, wie man miteinander sprach.
Und...
Wenn sie nur nicht verlernt hätten, wie man liebte.
Jetzt hatte er es geschafft.
Eine der verräterischen Tränen lief ihm sanft die blasse Wange hinab, als wollte sie sich wie eine schützende Decke über sein porzellanähnliches Gesicht legen, und fiel dann auf die rissigen Seiten des Buches, wie ein einziger Regentropfen auf eine verdorrte Pflanze.
Als hätte der Regentropfen sie noch irgendwie retten können.
Als hätte die Träne ihn retten können.
Wenn doch nur nicht alles so nutz- und sinnlos gewesen wäre.
Das Gefühl des Seidenschlafanzuges gegen seine Haut.
Der Pfefferminzgeschmack seiner Zahnpasta, von dem Harry gesagt hatte, er wäre ein Teil seines Armortentias.
Der bittere Geschmack von ungesüßtem Kaffee gegen seine trockenen Lippen.
Seine zittrigen Hände, wenn er eine Mondwurzel zerschnitt und die Panik, die ein jedes Mal durch seinen ganzen Körper schoss, wenn es ein zu lautes Geräusch gab.
Wenn nur Harry noch da gewesen wäre.
Wenn nur noch er da gewesen wäre, gegen den er sich in Zaubertränke lehnen konnte, falls ihm danach war und der ihn ansehen würde, als sei er Genie, nur weil er einen Schlaftrank brauen konnte.
Wenn er doch nur dieses Lachen nicht verloren hätte.
Das Lachen, das seine Augen strahlen gelassen hatte.
Und das Lachen, das Harry ihm geschenkt hatte, als er ihn damals gezwungenermaßen zum Tanzen auffordern hatte müssen.
Damals, als alles angefangen hatte.
Damals, in ihrem vierten Schuljahr.
Damals, bei dem Ball, zu dem er nicht gehen hatte wollen.
Damals, als er ihm den letzten Tanz geschuldet hatte.
Es war gewesen, als hätte ganz Hogwarts sich gegen sie verschworen gehabt, denn nur einen Feuerwhiskey später, schien es die gesamte Schülerpopulation geschafft zu haben, einen Tanzpartner zu finden und sich entweder auf die Tanzfläche oder hinaus in den Garten zu verziehen.
Nur Harry hatte noch dagesessen.
Direkt gegenüber vom ihm, auf der anderen Seite der Tanzfläche an einem der kleinen Tischchen.
Seine Partnerin hatte ihn ganz offensichtlich stehengelassen und es hatte ihn kein bisschen interessiert.
Er hatte ihn nur mit diesem provokanten Grinsen angesehen, das ihn seit dem zweiten Jahr weiche Knie bekommen hatte lassen.
Eine Augenbraue spöttisch und auch ein wenig amüsiert hochgezogen, als hätte er gewusst, was ihm durch den Kopf geschossen war.
Blaise hatte es sich nicht nehmen lassen, ein anzügliches Pfeifen hören zu lassen, für das er mit Sicherheit einen Rippenstoß von ihm kassiert hätte, wenn er nicht zu weit weg gewesen wäre.
„Jetzt geh schon... Frag ihn! Du ziehst ihn sowieso schon den ganzen Abend mit Blicken aus!", hatte Pansy ihm zugeflüstert, die plötzlich wie aus dem Nichts neben ihm gestanden hatte, ein Mädchen aus Beauxbaton neben sich, das zwar kein Wort Englisch verstanden zu haben schien, aber enthusiastisch zu jedem Wort von Pansy genickt hatte.
Und er hatte sich auf die Lippe gebissen, gefragt, ob er es riskieren konnte.
Wenn Harry ihn weggeschickt hätte, wäre das die Blamage schlechthin gewesen.
Wenn er nicht hingegangen wäre, hätte Pansy es für ihn getan und das wäre vermutlich noch schlimmer gewesen.
Und noch während er da gesessen und gegrübelt hatte, war es Harry offensichtlich selbst zu blöd geworden, ihn nur über die Tanzfläche hinweg anzustarren, den Blick immer wieder unterbrochen.
„Willst du tanzen?"
„Was?", hatte er entsetzt gestammelt, als Harry plötzlich vor ihm gestanden hatte und Pansy mit ihrer kleinen Freundin sich in Luft aufgelöst hatte.
„Ob du tanzen willst, Malfoy. Und wenn ich du wäre, würde ich es mir jetzt besser überlegen, nochmal frage ich nämlich nicht... Dann gehe ich doch zu Ginny, sie-"
Weiter war er nicht mehr gekommen, da hatte Draco ihn am Kragen seines Umhangs gepackt und zu sich gezogen.
„Ja. Also... Ja, will ich"
Wenn er jetzt daran zurückdachte, dann war es furchtbar kitschig.
Und peinlich, den Fakt bedenkend, dass er vermutlich rot geworden war.
Aber das hatte nicht mehr gezählt.
Nur noch das Prickeln des Champagners, den sie nicht trinken hätten dürfen und Harry's Lippen auf seinen.
Nur noch Harry's Lachen in seinen Ohren.
Nur noch Harry.
„Vergiss nicht, der letzte Tanz gehört immer noch uns", hatte Harry gewispert, bevor er ihn das erste Mal geküsst hatte.
Er würde zu spät zu Geschichte der Zauberei kommen.
Am liebsten wäre er nicht gegangen.
Jetzt, da sie seine Hausarbeit an die hungrigen Flammen des Kamins verfüttert hatten.
Er seufzte und gab sich selbst einen Ruck, die Ärmel seines Hemds zurechtrückend.
Auf ihre Fragen konnte er verzichten.
Oder wohl eher auf ihr Starren.
Gefragt hätten sie sowieso nicht.
Und dabei hätte ein einfaches „Hey, alles okay bei dir? Willst du vielleicht darüber reden?" ihm die Welt bedeutet.
Seine Hände zitterten, als er nach dem, mittlerweile abgewetzten, Lederriemen seiner Tasche griff.
Sie war notdürftig geflickt, seit einer der Drittklässler es für witzig gehalten hatte, die Nähte des Bodens durchzuschneiden und zu beobachten, wie all seine Bücher (zusammen mit Tinte und Feder) sich über den Boden ergossen hatten.
Er schlug die Augen nieder, als er sich an den anderen Slytherins vorbei aus dem Gemeinschaftsraum drückte.
Ein abwertendes Schnauben folgte ihm, mehr nicht. Blick gesenkt, Porträt geschlossen.
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𝕥𝕙𝕖 𝕝𝕒𝕤𝕥 𝕕𝕒𝕟𝕔𝕖
Fanfic"ᴰᵘ ˢᶜʰᵘˡᵈᵉˢᵗ ᵐⁱʳ ⁱᵐᵐᵉʳ ⁿᵒᶜʰ ᵈᵉⁿ ˡᵉᵗᶻᵗᵉⁿ ᵀᵃⁿᶻ..." "ᴱˢ ᵗᵘᵗ ᵐⁱʳ ˡᵉⁱᵈ..." Man brauchte elf Striche, um einmal Hangman zu spielen. Dann hing die Figur. Und vielleicht war es irgendwann nicht mehr nur die Figur.... ------- written by tory; finished