Teil 24

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Wir klettern auf mein Bett und legen uns hin. „Danke für heute.“, meine ich flüsternd zu ihr. „Ist doch selbstverständlich. Ich bin froh, dass du bei der Polizei so stark geblieben bist.“ Ich kuschle mich an sie und schließe meine Augen. Dass irgendwann Levi und Marie wieder reinkommen und sich auf mein Sofa legen, bekomme ich gar nicht mehr mit. In den nächsten zwei Wochen gehe ich nicht zu Schule, wie es der Polizist geraten hat. Hanji bleibt ebenfalls zu Hause, um auf mich aufzupassen. Währenddessen räumen wir ihre Wohnung ein. Da wir den ganzen Tag freihaben, sind wir in den zwei Wochen damit fertig. Die Staatsanwaltschaft hat sich gestern bei uns gemeldet. Es wird einen Prozess geben. In drei Wochen schon… Armin, Mikasa, Connie, Zeke, Levi und Hanji sind als Zeugen geladen. Immerhin haben sie am meisten mitbekommen. Yelena wurde in Gewahrsam genommen. Ich kann ja schlecht die nächsten drei Wochen ebenfalls zu Hause bleiben. Und die Staatsanwaltschaft sieht bei Yelena hohes Wiederholungspotenzial. Gott sei Dank. Umso näher der Prozess rückt, umso mehr Angst baut sich in mir auf. Wie wird Yelena reagieren? Seit dem Tag, wo ich sie angezeigt habe, haben wir uns nicht mehr gesehen. Was sie wohl zu ihrer Verteidigung gesagt hat? Am ersten Dezember zieht Hanji endlich offiziell um. Ich bin froh, sie jetzt immer in meiner Nähe zu haben. Na gut… Davor war sie eigentlich auch immer da. Aber es ist schön, dass sie, wenn sie zu sich geht, immer noch im selben Haus ist. Am Tag des Prozesses komme ich kaum aus dem Bett. Ich will nicht… „Nina, du musst dich endlich fertigmachen. Komm bitte.“ „Nein… Hanji, mir ist schlecht. Ich bleibe da.“ „Aber du musst aussagen.“ „Bitte nicht. Ich muss wirklich gleich kotzen.“ „Los. Komm jetzt. Wenn du brechen musst, halte ich deine Haare zurück.“ Unfreiwillig stehe ich auf. Ich merke schon, wie sich mein Magen innerlich umdreht. „Ich habe dir Klamotten hergelegt. Aber erstmal solltest du dich duschen.“ „Schaff ich nicht…“ „Ich helfe dir. Komm mit.“ Sie nimmt mich an die Hand und bringt mich ins Badezimmer. Mit ihrer Hilfe, dusche ich mich. „Siehst du… War doch gar nicht so schwer.“ „Naja…“ Langsam ziehe ich mich an. „Du isst bitte noch was, bevor wir gehen.“ „Aber mir ist wirklich kotzübel!“ „Vergiss es. Du wirst mir hier nicht ohne zu essen aus dem Haus gehen.“ „Dann rauch ich aber dabei eine.“ „Wie du meinst…“ Hanji macht mir eine Schüssel Cornflakes fertig, während ich schonmal auf den Balkon gehe und mir eine anzünde. „Hier, bitte.“ Sie stellt die Schüssel vor mir ab. „Dankeschön.“ Zitternd esse ich Löffel für Löffel. „Mehr kann ich nicht.“, meine ich nach der halben Schüssel, als ich meine Zigarette ausdrücke. „Das war doch fast gar nichts. Iss bitte noch was.“ „Hanji, es geht wirklich nicht mehr, wenn ich jetzt nicht kotzen soll.“ „Na gut… Dann lass uns losfahren.“ Wir gehen zu ihrem Auto und fahren zum Gericht. Meine Freunde sind schon da. „Wie geht´s dir, Nina?“, fragt Armin besorgt. „Geht schon irgendwie…“ Wir betreten das Gebäude. Ungeduldig warten wir vor dem Sitzungssaal. Der Prozess hat gerade angefangen. Meine Freunde, die keine Aussagen machen müssen, sitzen schon drin. Unruhig laufe ich auf und ab. „Was geht dir durch den Kopf, Kleine?“ Hanji hält mich fest. „Was, wenn sie mir nicht glauben werden?“ „Warum sollten sie das denn, Dummerchen?“ „Keine Ahnung.“ „Sie werden dir glauben, ganz sicher.“ Plötzlich geht die Tür auf und ein Polizist kommt zu mir. „Ihre Aussage ist dran. Kommen Sie bitte mit.“ Ich folge ihm in den Saal und setze mich nach vorne. Nachdem der Richter meine Personalien abgefragt hat, will er wissen was passiert ist. Zitternd schildere ich das Geschehen. Als ich bei Yelenas Misshandlungen in den Ferien angekommen bin, mischt sie sich plötzlich ein. „Halt die Fresse! Ich habe dir nie weh getan, wenn du das nicht wolltest!“, schreit sie mich an, worauf sie eine strenge Maßregelung vom Richter erhält. „Fahren Sie bitte fort.“, fordert er mich anschließend auf. Aber ich kann nicht… Yelenas Ausraster hat mir Angst gemacht. Ich zittere am ganzen Körper. „Geht es Ihnen nicht gut?“ Ich nicke. „Können wir trotzdem fortfahren?“ „Ich versuch´s...“ „Okay. Also, was ist dann passiert?“ Langsam erzähle ich weiter und versuche meine Angst zu unterdrücken. Als ich fertig bin, darf ich mich nach hinten auf die Zeugenbank setzen und Hanji muss nach vorne. Nach und nach müssen alle ihre Sicht der Dinge erzählen. Es sieht schlecht aus für Yelena… Die Beweislage und die Zeugenaussagen sind eindeutig. „Darf ich mich nochmal äußern?“, fragt sie den Richter. „Natürlich.“ „Ich bin der Meinung, nachdem ich diese ganzen Lügen gehört habe, dass sich Nina mit den anderen abgesprochen hat.“ „Wie kommen Sie darauf?“ „Sie hat mich betrogen. Und weil sie sich nicht getraut hat, mir das zu sagen, hat sie Schluss gemacht. Aber ich wollte natürlich eine Erklärung… Und weil sie mir keine geben wollte, haben ihre neue Freundin und sie sich diese abartige Geschichte ausgedacht. So muss es gewesen sein!“ „Was sagen Sie dazu?“, fragt der Richter nun an mich gewandt. „Das stimmt nicht!“ „Und wie das stimmt!“, ruft Yelena zurück. „Yelena, haben Sie eine Vermutung mit wem ihre Exfreundin jetzt zusammen sein sollte?“ Ich halte die Luft an. Bitte nicht… „Aber natürlich. Sie ist in einer Beziehung mit Frau Zoe. Stellen Sie sich das mal vor… Mit ihrer eigenen Klassenlehrerin!“ Gespielt entsetzt sieht sie den Richter an. „Sie stehen weiterhin unter Wahrheitspflicht. Stimmt das?“ Ich schweige. „Frau Zoe… Für Sie gilt dasselbe. Stimmt das, was Yelena sagt? Sind Sie mit Ihrer Schülerin zusammen?“ Auch Hanji bekommt keinen Ton raus. „Bitte hören Sie auf die beiden danach zu fragen.“, mischt sich plötzlich Armin ein. Er steht auf und setzt sich zu mir. „Wir wollten es zwar bisher noch nicht offiziell machen, aber es muss jetzt sein.“ Er holt tief Luft. „Nina und ich sind seit zwei Wochen zusammen.“ Er greift nach meiner Hand und drückt sie sanft. „Also kann das, was Yelena da behauptet, gar nicht wahr sein. Nina und ich haben uns gar nichts ausgedacht. Sehen Sie sich meine Freundin doch mal an! Ihr geht es wegen dem, was dieser Psycho ihr angetan hat, wirklich schlecht!“ „Warum erzählen Sie uns erst jetzt von Ihrer Beziehung, Armin?“ „Weil wir noch nicht wollten, dass alle gleich darüber reden. Vor allem nach Ninas letzter Beziehung.“ Liebevoll nimmt er mich in den Arm und streichelt über meine Wange. „Also Yelena…“ Der Richter wendet sich wieder Yelena zu. „Auf mich machen die beiden doch einen recht überzeugenden Eindruck. Finden Sie nicht? Ich glaube kaum, dass zwischen ihrer Exfreundin und Frau Zoe etwas läuft.“ „Nein! Schauen Sie doch genauer hin!“ „Ich weiß, du verkraftest es nicht, dass Nina jetzt mit mir zusammen ist… Aber vor Gericht zu behaupten, sie wäre mit unserer Lehrerin zusammen… Das geht wirklich zu weit! Sollen wir demonstrieren, dass wir uns lieben?! Willst du das?!“ „Ja!“ Yelenas Gesicht ziert ein gemeines Lächeln. Sie wirkt ziemlich überzeugt davon, dass Armin daran scheitern wird. „Dann pass mal auf.“ Mit seiner linken Hand hebt er mein Kinn an und dreht meinen Kopf zu sich. Tief sieht er mir in die Augen, bevor er sich zu mir beugt und mich küsst. So gut es geht, bewege ich meine Lippen gegen seine. Ich bin Armin gerade unheimlich dankbar, dass er uns hilft. „Ich hoffe, die letzten Zweifel sind jetzt ausgeräumt.“, meint Armin, nachdem wir uns voneinander gelöst haben. Der Richter räuspert sich. „Das denke ich auch.“ Yelena wirft mir einen extrem wütenden Blick zu, hält aber die Klappe. „Ich schließe die Beweisaufnahme. Die Erklärung der Jugendgerichtshilfe bitte.“ „Yelena wirkt auf mich sehr reif. Allerdings würde ich, bei einer Verurteilung, zu Jugendstrafrecht raten, weil sie ein ziemlich teenagertypisches Verhalten an den Tag legt.“ „Danke. Ihre Anträge bitte. Frau Staatsanwältin, Sie sind zuerst dran.“ „Die Angeklagte zeigt sich uneinsichtig. Ihr Verhalten gegenüber Ihrer Exfreundin war gewalttätig und unmenschlich. Und während des ganzen Prozesses hat Sie Ihre Taten heruntergespielt und klein geredet! Deswegen beantrage ich zwei Jahre Jugendstrafe. Ihr muss klar gemacht werden, was sie angerichtet hat. Um diese erzieherische Maßnahme kommen wir, meiner Meinung nach, nicht herum.“ „Herr Verteidiger.“ „Meine Mandantin hat einen Fehler begangen. Aber… vielleicht trägt Nina ja auch eine Mitschuld daran. Vielleicht wollte sie, an einem gewissen Zeitpunkt, diese Behandlung. Vielleicht hat sie es einfach nicht geschafft, ihrer Freundin zu sagen, dass sie es nicht mehr wollte. Ich denke, Sozialstunden reichen vollkommen aus. Danke.“ Der Richter wendet sich an Yelena. „Sie dürfen sich selbst noch verteidigen und Sie haben auch das letzte Wort.“ „Ich kann nur nochmal betonen, dass ich Nina niemals wehtun wollte. Wissen Sie… Ich liebe sie immer noch. Und ich hoffe, dass sie irgendwann zu mir zurückkommt. Bitte geben Sie mir noch eine Chance. Und Nina… Bitte gib UNS noch eine Chance.“ Gespielt traurig sieht sie mich an, dabei sehe ich wie wütend sie ist. „Wir ziehen uns zur Beratung zurück.“ Damit verschwindet der Richter mit den Schöffen ins Hinterzimmer. „Danke Armin…“, flüstere ich dem Blondhaarigen zu. „Kein Problem.“ Er lächelt mich an. Hanji beugt sich zu uns. „Der Kuss war zwar heftig, aber vielen, vielen Dank. Ohne dich hätte ich jetzt ein Verfahren wegen Missbrauch von Schutzbefohlenen am Hals.“ „Das mit dem Kuss tut mir auch leid. Aber ich wusste mir nicht anders zu helfen.“, entschuldigt er sich ängstlich bei Hanji. „Keine Sorge. Ich reiß dir nicht den Kopf ab. Immerhin hast du meinen gerade gerettet.“ Erleichtert atmet er aus. Nach ein paar Minuten kommt der Richter mit den Schöffen wieder. Wir erheben uns. „Ich verkünde nun das Urteil. Wir befinden die Angeklagte für schuldig. Sie wird hiermit zu zwei Jahren Haft verurteilt. Gegen das Urteil kann noch innerhalb einer Woche Einspruch eingelegt werden. Bitte führen Sie Sie ab.“ „N-Nein! Nina, Nina! Komm schon! Du liebst mich doch noch! Gib es zu!“ Yelena springt auf und stürzt auf mich zu, wird aber von dem Sicherheitsmann aufgehalten. „Lassen Sie mich los!“ Wütend schlägt sie um sich. „Nina! Du kannst mich nicht verlassen! Bitte!“ Ich stehe auf und gehe auf sie zu. „Yelena… Wie oft noch? Wir sind nicht mehr zusammen.“ „Aber Nina… Ich… Ich liebe dich.“ „Ich habe dich auch geliebt. Früher. Lass mich ab jetzt bitte in Ruhe.“ „Tu mir das nicht an.“ Sie verliert ein paar Tränen. „Yelena… Ich wünsche dir alles Gute. Auf Wiedersehen.“ Ohne auf ihre Antwort zu warten, drehe ich mich um und geh aus dem Gerichtssaal. „NINA!“ Ich drehe mich nicht um. Ich will Yelena nie wieder sehen. Nie wieder… „Das hast du gutgemacht.“ Hanji streichelt mir über die Schulter. „Wir sehen uns morgen, oder?“, fragt uns Levi. „Ja, genau. Bis morgen.“ Marie und Levi wollten noch irgendwas zusammen unternehmen, Mikasa muss zu Eren und Marco hat noch einen Arzttermin, bei dem Jean ihn begleiten will. Sasha und Connie gehen nochmal in die Schule, weil sie eine Arbeit nachschreiben müssen. „Kommst du nochmal mit zu uns, Armin? Wir laden dich zum Essen ein.“, schlägt Hanji ihm vor. „Klar, gerne. Also, wenn das für dich in Ordnung ist, Nina?“ „Ja, sicher.“ Eigentlich habe ich im Moment keine Lust auf Besuch. Aber immerhin verdanke ich Armin, dass meine Freundin keinen Ärger bekommt. Zusammen fahren wir zu mir. „Ich würde mal sagen, wir bestellen einfach was. Einverstanden?“ „Find ich gut.“, antwortet Armin. „Ich auch.“, stimme ich zu. Wir bestellen uns etwas asiatisches. Während wir auf das Essen warten, gehe ich eine rauchen. Ich muss in Ruhe über den Prozess nachdenken. Yelena ist wirklich weg. Ich werde jahrelang Ruhe vor ihr haben. Endlich… Ohne Hanji und meine Freunde hätte ich das nie geschafft. Als ich fast fertig bin, kommen die beiden ebenfalls raus. „Du siehst so nachdenklich aus. Willst du drüber reden?“, fragt Armin besorgt. „Naja… Es geht mir einfach ´ne Menge durch den Kopf.“, antworte ich. „Wegen dem Prozess?“, hakt Hanji nach. Ich nicke. „Yelena ist weg. Sie kommt nicht mehr wieder.“ Beruhigend nimmt sie mich in den Arm. Irgendwie muss ich anfangen zu weinen. Vor Erleichterung… „Ich weiß. Es ist endlich vorbei.“, antworte ich. Nach zehn Minuten ist unser Essen da. Armin und Hanji lenken mich so gut es geht von den Gedanken an den Prozess ab. Gegen Abend macht sich Armin auf den Weg zu sich. Hanji und ich gehen in ihre Wohnung. Ihr Bett ist einfach viel bequemer, als meine Couch. „Bist du müde?“ „Ja, ziemlich.“ „Dann komm.“ Sie kuschelt sich mit mir zusammen auf das Bett. „Wir haben es geschafft, Kleine.“ „Danke für alles, Schatz.“ Arm in Arm schlafen wir ein.

You're toxic! (Yelena x OC x Hanji)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt