20 - Auftragsmörder unter sich

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POV. Cassy

Nach mindestens acht Stunden, welche ich damit verbracht hatte in Selbstmitleid zu versinken, ergriff meine Wut erneut die Oberhand, so dass jetzt mindestens die Hälfte meiner gesamten Einrichtung in ihren Einzelteilen über den ganzen Boden verteilt lag.

Ein Schlachtfeld aus Holzsplittern, Glas- und Keramikscherben, Papierschnipseln und vielem mehr erstreckte sich zu meinen Füßen.

Trotzdem ging es mir kein Stück besser, ehr noch beschissener, denn nachdem meine Wut abgeklungen war kehrte die Trauer, in vermehrter Form, zurück.

Wie hatte diese Welt mir das antuen können?
Warum musste ich auch immer alles Hinterfragen, immer die Wahrheit wissen wollen?

Schon wieder liefen Tränen über mein Gesicht und das nicht, weil ich Barfuß durch den Raum lief ohne darauf zu achten, wohin ich trat.

Die Scherben schnitten tief in meine Haut, aber es war mir egal.
Der Schmerz war mir egal, einfach alles war mir irgendwie egal.

Das fühlte sich alles einfach so unreal an, so, als ob es einfach nicht wahr sein könnte.

Ich hinterließ leicht blutige Fußabdrücke auf dem Boden, als ich mich zur Balkontür hin bewegte und diese öffnete.

Die kühle Abendluft schlug mir entgegen und ich sog sie gierig ein.

Dann trat ich nach draußen, auf den Balkon und lief zur Brüstung. Zum springen war es eh nicht hoch genug, weshalb ich mich einfach an die Kante setzte, meine Beine herunter hängen ließ und meinen Kopf an die kühlen Geländer Stangen lehnte.

Ich weiß nicht mal wie lange ich dort saß und meinen Gedanken nachhing, aber als es hinter mir auf einmal klapperte war bereits die Dunkelheit herein gebrochen.

Die Mühe, mich nach dem Geräusch umzudrehen machte ich mir gar nicht erst, da mir eh egal war, was dort passierte.

Mir war kalt und mein gesamter Körper tat weh, ebenso wie meine Seele.

Sollte doch, wer auch immer sich da an mich heran schlich, mich einfach erschießen. Das würde alles leichter machen.

"Cassy?"

Nein, nein, alle nur ER nicht!

"Verschwinde Ron", knurrte ich, ohne aufzusehen mit heiserer Stimme, vom ganzen weinen.

Wie konnte er es überhaupt wagen hier wieder aufzukreuzen?

"Bitte, ich will es dir nur erklären", versuchte er es erneut und ich drehte mich langsam zu ihm um.

Um sein halbes Gesicht war ein weißer verband gewickelt, der deutlich aus der Dunkelheit heraus stach.

Der sonst, zugegeben, recht attraktive Mann sah echt mitgenommen aus, was mir normalerweise ein grinsen entlockt hätte, aber nicht heute...

"Ich hab gesagt du sollst abhauen", war alles was ich sagte, bevor ich mich wieder von ihm abwand.

"Bitte, du sollst dich nicht mit mir unterhalten, du sollst dir nur anhören was ich zu sagen habe", versuchte er es erneut und setzte sich dabei in sicherem anstand zu mir ebenfalls auf den Boden.

Ich drehe meinen Kopf von ihm weg, hoffe aber insgeheim trotzdem von ihm zu erfahren, was genau er mir noch zu sagen hatte.

Eigentlich sollte ich eh nicht auf ihn sauer sein, sondern auf seinen Auftragsgeber, immerhin sagte ich mir so etwas in der Art auch immer.
Die wahren Mörder waren die, die uns anheuerten...

"Ich habe damals doch nur einen Auftrag ausgeführt, der gut bezahlt wurde. Ich... Das ist doch nichts persönliches. Glaub mir, wenn ich die Zeit umkehren könnte würde ich vieles anders machen", versuchte er niedergeschlagen zu erklären.
Ein wenig nuschelte er, was vermutlich an der Wund ein seinem Gesicht lag, welche seine Mimik ein wenig einschränkte.

"Aber du wusstes es... Und... Und hast es mir nicht gesagt", flüsterte ich und versucht mit aller kraft die Tränen zurück zu halten.

"Ich wusste nicht wie", seine Stimme zitterte und ich hätte schwören können, dass er gerade ebenfalls mit den Tränen kämpfte.

"Es tut mir so schrecklich leid, Cassy. Seid ich dich kenne vergeht kein Tag mehr, an dem ich nicht daran denke, dass all das meine Schuld ist, dass es meine Schuld ist, dass du geworden bist wie ich. Und das schlimmste ist, dass ich mich nicht mal daran erinnere wer mir diesen Auftrag erteilt hat", murmelte er traurig.

"Aber das ändert nichts. Ob es dir leid tut oder nicht, das ändert nichts. Es wird sie nicht zurück bringen", ich konnte die tränen nicht länger zurück halten und begann erneut zu weinen.

"Ich hätte sie doch so gerne noch einmal gesehen. Nur einmal", schluchzte ich und drehte meinen Kopf nun endlich in seine Richtung.

"Ich weiß, ich weiß", flüsterte er nur und nahm mich ganz behutsam in seinen Arm, ich ließ es zu.

"Ich kann die Vergangenheit nicht verändern, aber ich kann dir versprechen, dass wir dir helfen werden den Mörder zu finden", flüsterte Ron nach eine Weile, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte.

"Wir?", verheult blickte ich ihn fragend an.

"Ja, wir", hörte ich auf einmal Aron Stimme hinter mir.

War er die ganze Zeit schon hier gewesen?

Schwerfällig ließ sich Aron auf meine andere Seite fallen und blickte gedankenversunken in den Park hinter dem Haus, auf welchen man von hieraus einen perfekten Blick hatte.

"Ich bin dir nicht Böse."

"Was?", Ron war eindeutig verwirrt, was mir ein kleines Lächeln entlockte.

"Ich bin dir nicht Böse. Immerhin war ich es selber immer, die meinte, die wahren Mörder wären die Auftraggeber. Wir sind nur die, die sich die Hände schmutzig machen", meinte ich, mit einem, nicht wirklich überzeugendem, lächeln.

"Wenn es doch nur so einfach wäre", flüsterte Ron darauf nur, dann herrschte wieder Stille.

Irgendwann verabschiedeten Ron und Aron sich dann und verließen das Haus.

Eigentlich wollte ich nicht alleine sein, aber das zugeben wollte ich erst recht nicht, weshalb ich die beiden Wortlos gehen ließ.

In dieser Nach konnte ich nicht schlafen, wurde permanent von Alpträumen gequält und fühlte mich, trotz der Versöhnung mit Ron, einfach elend.

Es war fast wie damals, als meine Eltern gestorben warn, nur dass ich dieses mal schon wusste, dass noch viele schlaflose Nächte folgen würden.

(966 Worte)

Shades - I see youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt