Schlafen unter freiem Himmel

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Das Knacksen war ganz nah. Ich riss die Augen auf und musste mich einen Augenblick lang orientieren. Fast hätte ich geglaubt, dass meine Flucht oder wie auch immer ich das nennen sollte, nur ein Traum gewesen war, doch es war alles real. Mit einem Blick erkannte ich, dass das Knacksen nur von einem Hasen verursacht worden war. Für ein paar Sekunden starrte er mich an, dann aber hoppelte er schnell davon.

Ich kroch aus dem Baumstamm heraus, zog meine Jacke an und setze meinen Rucksack auf. Ich ging ein paar Schritte bis mir bewusst wurde, dass ich keine Ahnung hatte wo ich überhaupt hinging.

Was tat ich denn hier? Ich hatte alles und jeden zurückgelassen. Mein Zuhause, Mom, Dad, Mika, Juliet und alles was mir bekannt war und hatte es eingetauscht gegen all dies unbekannte. Aber mit welchem Ziel? Konnte ich sie wirklich beschützen indem ich davonlief? Sie mussten sich alle schreckliche Sorgen machen und wenn ich es zurückschaffen sollte - falls ich es zurückschaffen sollte, konnte ich mich auf einiges gefasst machen. Ich müsste allen erklären warum ich gegangen und wo ich gewesen war. Auf Fred, seine Gorillas und jeden anderen an der Schule, selbst Lehrer konnte ich mich besonders freuen. Sicherlich würde auch Dr. Digest wieder mit mir sprechen wollen. Juliet wirkte zwar manchmal nicht so, aber sie würde vermutlich immer an mir kleben, aus Sorge darum, dass ich wieder verschwinden würde. Mom und Dad würden außer sich sein und mich niewieder aus den Augen lassen.

Mika... Er war mit sicherheit sauer auf mich und enttäuscht. Ich schätze ich hätte mir mehr Gedanken machen sollen. SIE könnten schließlich überall sein. Ich hatte keine Ahnung wie viele sie waren oder was sie mit mir tun würden, wenn sie mich zu fassen bekammen. Doch eins war klar : Bei allem was bisher passiert war, nichts gutes. Es war zwar nicht bewiesen, dass SIE für diese Überfalle verantwortlich waren, doch wer sollte es sonst gewesen sein? Ich glaubte nicht das jemand so weit gehen würde, um sich seine langeweile zu vertreiben, doch vielleicht hatte ich es ja mit einem Psychopathen zu tun.

Doch es gab nunmal kein Zurück mehr, also musste ich mein bestes tun, um hier möglichst ungeschadet durchzukommen. Ich ging einfach weiter, vermutlich eher tiefer in den Wald als hinaus, doch noch konnte ich auch nicht zurück. Ich glaubte nicht das SIE bereits von Zuhause abgezogen waren. Mit sicherheit würden sie noch eine Weile lang dortbleiben, weil sie glaubten ich würde irgendwann wieder zurück nach Hause wollen. Ich sollte mich allerdings nicht darauf verlassen, also entschied ich mich dazu lieber nicht zu lange an einem Ort zu bleiben.

Mein Magen meldete sich, also packte ich eines der Brote aus obwohl ich morgens normalerweise keine Borte essen konnte. Im Moment hatte ich aber auch keine Wahl. Als ich fertig war ging ich los, denn auch wenn ich kein Ziel hatte konnte ich nicht einfach nur hier rumstehen und abwarten, bis irgendetwas geschah. Immerhin konnte ich noch sagen in welche Richtung es weiter in den Wald ging und in welche wieder zurück zur Straße, denn es ging leicht bergauf und die Bäume standen immer enger. Aber sie standen nicht so nah beieinander, dass man nicht vorbeikonnte. Es war mehr so, dass sie am Anfang noch einen Abstand von etwa zehn Metern zueinander gehabt hatten, sich dieser allerdings mit der Zeit so verkleinert hatte, dass er nun nur noch die Hälfte betrug. Zudem schien der Wind die Geräusche und Gerüche der Straße herzutragen, somit war ich also nicht zu hundert Prozent orientierungslos, hatter aber trotzdem keine Ahnung wo ich mitlerweile war.

Ich entschied mich weiter in den Wald hineinzugehen und als der Weg immer hügeliger wurde ging ich einfach nur noch quer durch. So lief es bis es dunkel wurde und ich mir wieder einen Platz zum schlafen suchen musste. Diesmal hatte ich allerdings nicht so viel Glück einen umgestürzten Baumstamm zu finden und es endete damit, dass ich einen Baum hochkletterte und dort oben erstmal einen Platz suchte von dem ich nicht sofort herunterfallen würde. Mit meinen Fähigkeiten würde das zwar nicht sonderlich schmerzhaft werden, aber auch nicht weniger anstrengend. Ich versuchte meine Jacke  so um den Stamm und mich zu knoten, dass ich zumndest etwas gesichert war.

Diese Nacht war nicht so entspannt wie die vorherige. Der Himmel war durch das Blätterdach nicht mehr zu sehen und dieser Platz war wesentlich ungemütlicher als der vorherige. Es endete damit, dass ich immer wieder aufwachte, als mich der kalte Wind erwischte oder so durch die Blätter fuhr, dass ich mich erschreckte.

Als die Sonne wieder aufging kletterte ich hinunter. Ich fühlte mich müde und mein ganzer Körper schmerzte vor Anstrengung, Aufregung und die Verletzungen, welche ich mir bei dem Überfall Zuhause zugezogen hatte, waren nicht vergessen. Am liebsten würde ich einfach nur in meinem Bett liegen und mich ausruhen. In dem Moment spürte ich ein leichtes Ziehen zwischen meinen Schulterblättern. Ich wusste was es bedeutete, doch würde ich es geschehen lassen, wäre es diesmal nicht so entspannt wie beim letzen mal. Das lag daran, dass ich kein bisschen entspannen konnte und zudem noch Prellungen an den Schultern hatte, also unterdrückte ich es ebenso wie den Hunger der sich langsam in mir ausbreitete. Ich musste mir alles gut einteilen, denn für lange würden die paar Sachen, die ich eingepackt hatte, nicht reichen. Ich müsste mir bald andere Nahrungsquellen suchen, für mich war allerdings klar, dass ich ganz sicher keine Tiere erlegen würde. Das könnte ich beim beste Willen nicht über mich bringen.

Bis zum Mittag ging es so weiter. Das Ziehen war in Schmerz übergegangen und langsam wollten meine Beine nicht mehr. Als ich irgendwann einen kleinen Bach erreicht hatte ließ ich mich an dessen Ufer fallen und sah mir das Wasser darin an. Er war vermutlich aus einer der Bergquellen entsprungen und sollte damit eigentlich trinkbar sein. Ich packte meine fast leere Wasserflasche aus, die ich mir bei einem Automaten gekauft hatte, als ich darauf gewartet hatte in den Bus gelassen zu werden und füllte sie mit dem Wasser. Ich trank einen kleinen Schluck und stellte erleichtert fest, dass es ganz normal schmeckte. Schnell trank ich mehr und füllte sie wieder auf. Zumindest war das Problem vorerst gelöst.

Ich ging am Ufer entlang und auch wenn ich mich langsam immer müder fühlte, konnte ich nicht umhin festzustellen was für einen schönen Ausblick mir das alles bot. Der Bach glänzte leicht im Licht der Sonne, sorgte mit dem leichten Plätschern für eine ruhige Atmosphere, die Blätter raschelten im Wind, der Himmel war klar und blau.

Die Sonne ging bereits unter als ich nicht mehr konnte. Ich hatte fast die ganze Zeit einfach nur vor mich hingeträumt und erst jetzt wurde ich mir bewusste, wie sehr meine Beine mitlerweile schmerzten. Noch schlimmer waren aber die schmerzen zwischen meinen Schulterblättern. Ich stützte mich mit dem Arm gegen einen Baum während meine Sicht leicht verschwamm und ich irgendwann auf die Knie sank. Mein gesamter Rücken schien in Flammen zu stehen und Schweiss ran mir übers Gesicht. Kalter Wind schien um mich zu tosen und dann war es als würde mein Rücken aufzuplatzen. Ich wimmerte leise, weil ich zum schreien nicht genug Luft bekam. Mein Oberkörper viel vorwärts um und somit lag ich hilflos auf dem Waldboden. Wieder rasten schmerzen durch meinen Rücken und noch weiter. Ich wand meinen Kopf zur Seite und betrachtete die Flügel. Die Schmerzen verstärkten sich um ein vielfaches und diesmal entwich mir ein Schrei. Schließlich trieben mich die Schmerzen und die Anstrengung in ein dunkles Nichts.

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Endlich wieder ein Kapitel. :D Das letzte ist glaube ich schon einen Monat her. :o Im Moment habe ich zwar Ferien, versuche aber zwischendurch auch für die Abschlussprüfungen zu lernen. Deswegen wird wahrscheinlich wieder eine längere Pause eintreten - außer ich schreibe immer wieder weiter daran, wenn ich z. B. nicht schlafen kann. Naja, jedenfalls bis zum nächsten Kapitel. ^^

Four - Every ElementWo Geschichten leben. Entdecke jetzt