Kapitel 11

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Noch immer kniete sie vor dem Berg aus Knochen, unfähig sich zu bewegen. Rai war keine schwache Person, sie konnte problemlos gegen Flüche der Sonderklassen Stufe kämpfen, ihre Fluchkraft war stark, genau wie ihre Techniken. Trotzdem war sie vor ihm, Sukuna, unfähig sich zu rühren-obwohl er sie zu sich gerufen hatte. Ihr war bewusst wie stark er war, was für eine machtvolle Seele er besaß und trotzdem empfand sie Scham, weil sie so schwach vor ihm war. Während Rai sich aufrichtete, hatte sie das Gefühl, ihre Beine kaum spüren zu können, sie war kaum in der Lage aufzustehen. Alles in ihre Schrie vor Furcht. Als ihr Blick seinem begegnete, musste sie ihn sofort senken, woraufhin sein Lachen erklang. Langsam erklomm sie den Berg, die Knochen schmerzten an ihren Füßen und es blieb die Angst, dass sie wegrutschten. Letztendlich stand sie vor ihm, kniete auf seinen Befehl hin nieder und war wieder kleine als er. Sukuna sah auf sie herab. ,,Erklär dich. Jetzt.", sein Ton war kalt, Rai schluckte schwer.

Sie war sich nicht sicher, wie sie sich erklären sollte, ohne das es völlig dämlich klang. Wie sollte sie dem König der Flüche erklären, dass sie sich wegen eines Traumes so verhielt? ,,Es.. Es ist wirklich dumm...", flüsterte sie. -Und peinlich...- Rai spürte einen heftigen Luftzug unmittelbar über ihren Kopf hinwegfegen, kurz darauf erklang ein lauter Knall und sie hörte, wie das Wasser am Boden in die Höhe schoss und laut platschend wieder zu Boden ging. Das war eine der Schnitt Attacken Sukuna's, eine eindeutige Warnung seinem Befehl sofort Folge zu leisten. Neben dem blanken Entsetzen spürte sie ihren Hass. Der Hass, der sich gegen alle richtete. Gegen ihren Vater, der sie opferte, gegen ihre Mutter, die nicht für sie kämpfte, gegen ihre Brüder, die ein glückliches Leben haben durften, gegen Bara die sie damals nicht getötet hatte und letztendlich gegen Sukuna, der Rai ihre restliche Freiheit genommen hatte. Und jetzt kamen diese Träume dazu, die ihr diese Nähe zu Sukuna nehmen wollten, welche ihr so sehr gefiel. Rai hasste Sukuna, aber sie mochte ihn für das was er ihr gab, genau wie sie Bara dafür hasste, sie nicht einfach getötet zu haben-sie jedoch nahezu liebte, wie eine Mutter. Sie empfand Mitleid für ihre Eltern und Reue gegenüber des Hasses auf ihre Brüder, die nichts dafürkonnten. Rai spürte, wie ihr Körper sich versteifte.

,,Durch meine Verbindung zu Bara, habe ich vermutlich etwas von ihren Erinnerungen aufgeschnappt, Dinge, die ihr Mann ihr vor langer Zeit angetan hat. Dadurch habe ich das Gefühl... Das es falsch ist..." Sukuna legte eine Hand an ihr Kinn und hob es an. ,,Wegen so etwas Lächerlichen, schränkst du deinen eigenen Willen ein?" Er betrachtete sie voller Spott. ,,Du bist nicht schwach und traust dich, mich so voller Hass anzusehen. Trotzdem gefällt es dir, wenn ich dir näherkomme, aber dieses Mitleid hält dich zurück?" So sah sie ihn also wirklich an und das war es, was sie gegenüber Bara empfand, Mitleid? ,,Zudem ist es nicht dein Problem und schon lange geschehen.", seine Stimme war verächtlich und sein Blick durchbohrte sie förmlich. Aber Sukuna hatte recht, es war nicht ihr Problem und sie konnte an dem was passiert war, nichts mehr ändern. Trotzdem blieb dieses Gefühl. Als sie zur Seite sehen wollte, um seinem Blick auszuweichen, packte Sukuna sie grob am Kragen und zerrte sie mit einem Ruck zu sich. Als Rai spürte wie die Schädel in Bewegung kamen, schlang sie reflexartig ihre Arme um seinen Hals. Sein Griff an ihrem Kragen löste sich und er legte die Arme um sie, woraufhin er sie fest im Griff hatte. ,,Siehst du, Rai? Es ist doch ganz einfach.", sagte er amüsiert und blickte ihr in die Augen. Er grinste süffisant und lachte kurz darauf auf, als sie seinen Blick erwiderte, sie wusste warum. In ihrem Blick lag wieder der Hass, den er offenbar überaus amüsant fand, was sie noch wütender machte. Sie spürte, wie er mit dem Finger Kreise auf ihren Rücken malte. Als sie spürte wie ihr Blick weicher wurde, sah sie beleidigt zur Seite und konnte nun einen noch besseren Blick auf die Sphäre werfen. Ihre Gefühle waren völlig durcheinander, einerseits war sie in Sukuna's angeborener Sphäre, ihre Seelen waren sich unglaublich nahe und das alles machte ihr schreckliche Angst. Allerdings lag sie auch schon wieder in seinen Armen und war mit ihm auf seinem Schädel-Thron, neben der Angst mischte sich diese absolute Zuneigung zu ihm hinzu, welche sich mit dem unwohlen Gefühl ihrer Träume stritt sowie ihr Hass. Diese Art der Zuneigung hatte sie noch nie für jemanden empfunden und das sie so etwas überhaupt erhielt, war überraschend genug. Das alles war... Wirklich viel...

,,Hast du endlich fertig geschmollt?", fragte er nach einer Weile. Am liebsten hätte sie ihm gar nicht geantwortet, nickte letztendlich aber. Vorsichtig setzte sie sich etwas grader hin und sah ihn wieder direkt an. ,,Ich... Ich habe eine Frage...", murmelte sie leise. Entspannt wie immer stützte er seinen Kopf an seiner Hand ab. ,,Und die wäre?" ,,Könnten sie... Ihre Technik nochmal einsetzen? Ich will es nur dieses Mal sehen..." Ihre kindliche Neugierde von früher, war zurückgekommen und der Wunsch Sukuna in Aktion zu sehen. Sukuna zog eine Augenbraue hoch, kurz darauf breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. ,,Gut, dann schau genau hin." Er deutete auf das Wasser vor ihnen, was plötzlich mit einer gewaltigen Wucht geteilt wurde und mehrere Meter in die Höhe schoss. Laut platschend krachte das Wasser zurück zu Boden, Rai spürte wie ein Tropfen auf ihrer Wange zersprang. Für einen Moment vergaß sie ihre Angst und die pure Faszination spiegelte sich in ihren Augen. ,,Das ist verdammt cool...", murmelte sie leise. Sukuna's Finger glitten durch ihre Haare. ,,Davon wirst du heute genug sehen, es wird jetzt auch Zeit." Mit seiner Erlaubnis zog sie sich aus der Sphäre zurück.

Als Rai ihre Augen öffnete, saß sie noch immer auf seinem Schoß. Gefühlt hatte sie eine Ewigkeit in seiner Sphäre verbracht, dabei waren es grade mal 18 Minuten. Sie stand auf und Sukuna erhob sich ebenfalls, da fiel ihr etwas ein. ,,Wenn sie erlauben, Meister Sukuna, bringe ich meiner Mutter noch etwas." Er musterte sie und nickte, schnell nahm Rai die Einkaufsliste und ging zur Tür. ,,Sukuna reicht bei dir übrigens und das Siezen kannst du auch sein lassen." Rai hielt inne und sah ihn etwas irritiert an. ,,Machen wir das ganze doch etwas persönlicher.", er grinste süffisant und aufgrund dieser viel persönlicheren Anrede, errötete Rai. ,,Wie... Wie du möchtest..." Schnell verließ sie das Haus, ihr Herz klopfte.

Ihre Mutter erwischte sie grade noch so, bevor sie das Gelände verlassen wollte, schnell drückte sie ihr die Einkaufsliste in die Hand. Der Blick ihrer Mutter war unsicher und sie schien etwas sagen zu wollen. Einen Augenblick lang betrachtete Rai sie. ,,Er hatte den Schlag verdient und du weißt das es stimmt." Mit diesen Worten kehrte sie ihrer Mutter den Rücken zu und ging zurück zum Haus, aus welchem Sukuna bereits trat. Rai sah wie er an ihr vorbeispähte, kurz darauf zog er sie an sich, dass typische Grinsen zierte seine Lippen. ,,Ich schätze mal, du bist nicht so schnell wie ich.", begann er. ,,Damit uns keine lästigen Jujutsu-Zauberer in die Quere kommen, werde ich eine kleine Ausnahme machen." Daraufhin hob er sie hoch. Völlig irritiert hielt sie sich an ihm fest und sah ihn verdutzt an. ,,Ich nehme Rücksicht und bleibe vorsichtig, bis du den kompletten Fluch übernommen hast.", fügte er hinzu und sprintete im nächsten Moment los. Rai's Augen weiteten sich, ihre Finger krallten sich an seiner Kleidung fest woraufhin sie ihn kichern hörte. Sie selbst war schnell, wirklich unglaublich schnell-aber das hier... Die Umgebung änderte sich derart schnell, dass sie kaum glauben konnte, dass Sukuna wirklich lief. Das er seine Arme verhältnismäßig locker um sie geschlungen hatte, löste ein Gefühl der Panik in ihr aus, woraufhin ihr Griff noch stärker wurde.

Als Sukuna endlich stehen blieb, waren Rai's Haare völlig zerzaust und ihre Arme zitterten vor Anstrengung, da sie ihn die ganze Zeit über umklammert hatte. Als er sie runterließ, hielt sie sich noch eine Weile an ihm fest. ,,Ich bin wirklich gekränkt, dass du mir offenbar nicht vertraust.", sagte er für so eine Aussage viel zu amüsiert. ,,Es ist egal ob ich i...dir traue oder nicht. Du tust was du willst.", murmelte sie leise. ,,Ich war nur von der Schnelligkeit überrascht, mehr nicht." Langsam ließ sie ihn los und sah sich um. Sie standen vor einem Mietshaus, es sah schäbig aus und schien eine Sanierung bitter nötig zu haben. Ein Blick auf die Klingelschilder verrieten ihr, dass nur noch zwei Familien oder vielleicht auch Einzelpersonen hier zu wohnen schienen. Hatte er dieses Gebäude gezielt ausgewählt? Hatte er sich nach passenden Opfern erkundigt oder war es einfach nur Instinkt? ,,Sollen wir anfangen?" Rai sah wieder zu ihm auf, sein Gesicht spiegelte die pure Vorfreude und den Wahnsinn. ,,Ja... Fangen wir an." Sie begann Sukuna zu folgen. ,,Heute wirst du eine Menge lernen."  

Jujutsu Kaisen - Sukuna FF // ~The cursed ones~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt