13. Der Spind

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Nach drei Filmen und zwei weiteren unnötigen Schulstunden hatte ich endlich aus und holte meine restlichen Bücher aus meinem Spind, da dieser bis zu den Sommerferien leer geräumt sein musste. Und ich hatte recht wenig Lust am letzten Schultag, der schon Mittwoch war, alle Bücher auf einmal mit nach Hause schleppen zu müssen. Ich öffnete also meinen Spind und zog drei von den fünf schweren, dicken Büchern heraus um sie in meinen Rucksack zu packen. Mein Blick fiel auf die Fotos die in meinem Spind klebten. Ich hatte mich bei der Dekoration von meinem Spindfach etwas von den amerikanischen Teenagerfilmen, die Lily und ich so gerne zusammen guckten, inspirieren lassen und neben ein paar Fotos auch noch einige Sticker in meinen Spind geklebt.
„Und was für Fotos kleben so in deinem Spind Emma?", fragte mich meine Psychologin und riss mich etwas aus meinen Gedanken. „Ein Foto von Lily und mir und eins von Mia, Benni und mir, wo wir noch klein waren." „War Benni auch in deiner Grundschulklasse.", fragte sie nach. „Ja, Benni, Mia und ich waren in der Grundschule wirklich gute Freunde gewesen." „Und wieso seid ihr es nicht mehr gewesen als ihr auf die weiterführende Schule gekommen seid? Ich meine ihr wart ja alle in einer Stufe." „Ja dazu komme ich nachher noch.", sagte ich um der Frage schnell auszuweichen und zurück in meine Gedanken versinken zu können.
Mein Blick blieb an einem Foto von Mia, Benni und mir kleben. Ich erinnerte mich daran, diese Fotos auch auf Bennis Fußboden heute Morgen gesehen zu haben. Doch bevor ich mir weiter Gedanken darüber machen konnte nahm ich die Fotos vorsichtig ab und steckte sie zu den Büchern in meinen Rucksack. Als ich mich umdrehte sah ich Lily strahlend auf mich zukommen. „Hey Mia. Hast du Lust mit mir ins Schwimmbad zu kommen?", fragte sie mich und grinste mich an. „Heute?", frage ich sie. „Ja jetzt gleich." „Ja eigentlich schon. Wer kommt denn noch so?", fragte ich sie da ich in ihrem Grinsen schon erkennen konnte, dass sie entweder einen Plan hatte oder jemand den sie noch mehr mochte als mich mit kommen müsste. „Niemand nur wir beide.", sagte sie und lächelte immer noch von einer zur anderen Wange. „Okay dann lass uns doch in 2 Stunden bei mir treffen und dann da zusammen hinfahren.", sagte ich und setzte mir meinen schweren schwarzen Rucksack auf. „Ne lass uns lieber schon in 1 Stunde treffen." „Ach ne ich will zu Hause noch in Ruhe was essen und alles." „Ne Em, essen kannst du da auch im Freibad. „Boa okay, dann in 1 Stunde bei mir.", sagte ich und umarmte Lilly etwas genervt. „Okay bis dann.", sagte sie und ging in die von mir entgegengesetzte Richtung.
Als ich zu Hause war war ich durchgeschwitzt, weil es so warm draußen war und mein Rucksack so schwer und warm auf meinem Rücken gelegen hatte. Ich zog mir meine unbequeme kurze Hose und mein T-Shirt aus und zog mir meine Bikini und mein kurzes rosanes Kleid an, welches mir für die Schule dann immer doch etwas zu freizügig war und ich es deshalb nur zu Hause trug oder wenn ich einen Bikini darunter an hatte. Ich packe meine Tasche für das Freibad als es an unserer Tür sturmklingelte. Es war Lily , die natürlich eine halbe Stunde zu früh da war. „Du bist zu früh.", sagte ich nicht gerade freundlich als sie in meinem Zimmer stand. Meine Mutter musste Lily wohl die Tür geöffnet haben. „Ja ich weiß aber wir müssen los." „Wieso hast du es denn so eilig?", fragte ich sie während ich meine Tasche zu Ende packte. „Erzähl ich dir gleich im Bus.", sagte sie und wie ging aus meinem Zimmer in den Flur. Ich schlüpfe schnell in meine Schuhe und schnapte mir den Schlüssel von der Flurablage. Ich schaute noch kurz I n den Spiegel im Flur, um zu sehen ob ich mich heute Morgen geschminkt hatte, denn mit Wimperntusche schwimmen zu gehen kam mir irgendwie nicht wie die beste Idee vor. Jedoch war ich komplett ungeschminkt wie eigentlich immer und hatte schon von den letzten Tagen einen kleinen Sonnenbrand auf meinen Wagen, auf denen außerdem noch ein paar Sommersprossen zu sehen waren. Sie taucht immer auf sobald es warm wurde. „Ich bin dann im Freibad bis nachher.", rief ich noch in Richtung Wohnzimmer. „Ja viel Spaß euch beiden bis nachher.", rief meine Mutter zurück.
Als wir bei der Bushaltestelle ankam mussten wir noch 3 Minuten auf den Bus warten. Ich nutze die Zeit damit Lily fragend anzuschauen, die die ganze Zeit lächelnd auf ihr Handy schaute. Ich fühlte mich etwas ignoriert, also nahm ich Lily schnell ihr Handy weg und steckte es in die Tasche in der sich auch mein Handy und ein großes Handtuch und noch mehr fürs Freibad befand. „Hey, was soll das denn?", beschwert sich Lily. „Du sollst mit mir reden.", sagte ich. „Und außerdem hast du mir immer noch nicht gesagt wieso du so schnell unbedingt in dieses Freibad willst. Das hat doch bestimmt einen Grund also sag mir endlich was so toll an diesem Freibad ist dass du da so schnell hin willst. Was ist so besonderes in diesem Schwimmbad, wofür es sich jetzt gelohnt hat mir meine Essenszeit zu streichen?" Lilli schaute auf dem Boden und lächelte schon wieder so wie sie es auch vorhin in der Schule getan hatte. „Da ist ein heißer Jan.", sagte sie und schaute mich lächelnd an. „Na das erklärt jetzt einiges.", sagte ich und merkte wie ich lächeln musste und gleichzeitig etwas enttäuscht darüber war, weil ich eigentlich gedacht hatte, dass Lily und ich einen schönen Mädels Nachmittag im Freibad zu zweit verbringen würden. Doch bevor ich etwas sagen konnte kam schon der Bus und wir stiegen ein. Lily setzte sich natürlich ganz cool nach ganz hinten in den Bus und ich folg ihr. Als wir uns beide nebeneinander gesetzt hatten wollte ich mit Lily eigentlich darüber reden, dass ich es etwas doof fand, dass sie mir vorhin nichts von Jan und so erzählt hatte, doch ich kam nicht dazu, denn Lilly zog schon ihre Kopfhörer aus ihrer Tasche. „Hier, ich muss dir was zeigen.", sagte sie stolz und drückte mir ein Kopfhörer in die Hand. Sie steckte sich den anderen Kopfhörer in ihr linkes Ohr und strich sich ihre langen blonden Haare aus dem Gesicht. Auch ich steckte mir den Kopfhörer in mein rechtes Ohr und fing an der Musik zu zu hören, die aus dem Kopfhörer kamen. „Seit wann hörst du denn Deutschrap warst du nicht immer so eher Charts und so?", fragte ich sie verwundert und packte den Kopfhörer aus dem Ohr. „Die Playlist hat mir Jan geschickt und ich finde die echt ganz gut.", sagte Lily ohne den Kopfhörer aus ihrem Ohr zu holen. „Jaja, du findest die nur gut weil Jan dir die geschickt hat.", sagte ich und lächelte Lily an. Sie lächelte zurück und boxte mich leicht gegen den Arm ohne etwas zu sagen. Das machte sie immer, wenn sie wusste dass ich Recht hatte es aber nicht zugeben wollte. Ich holte also meine eigenen Kopfhörer heraus, machte meine Musik an und schaute aus dem Busfenster.
„Ja ich weiß, wir hätten uns auch unterhalten können. Und ja ich weiß wir bedienen hier gerade das typische Jugendbild, was man von uns hat.", sag ich zu meiner Psychologin, die mich nämlich etwas zu vorwurfsvoll ansah. Sie lächelte leicht. „Und was für Musik hörst du gerne Emma?", fragt sie mich. Obwohl ich nicht wusste, was sie mit dieser Information anfangen wollte antwortete ich ihr in einer Ausführlichkeit, die sie wohl nicht erwartet hatte. „Also mein Musikgeschmack ist ziemlich komisch und nicht wirklich typisch für meine Generation. Ich meine ja ich hör auch gerne Charts also modernen Pop und so aber mit Deutschrap kann ich nicht viel anfangen. Ich höre lieber englisch Rap, egal ob alten aus den Zweitausendern oder neuen. Da ist auch ein bisschen deeperer Stuff dabei und die Texte haben noch Sinn und einen gute Beats. Außerdem mag ich gelegentlich auch Platten von zum Beispiel Michael Jackson ganz gerne.", erzählte ich ihr, als wären wir alte Freundinnen. Mit diese ausführlichen Antwort hatte sie wohl wirklich nicht gerechnet, da ich sonst immer nur sehr wenig von meinen persönlichen Interessen mit ihr teilen wollte. Sie schaute mich an und fragte dann etwas verwirrt: „Was hast du dir so gedacht auf diese Busfahrt, als du aus dem Fenster geguckt hast?" Ich starrte sie etwas verwirrt an. „Auch wenn es total unwichtig war erzähl mir gerne davon.", sagte sie und musst du wohl die Fragezeichen in meinem Gesicht als gute Psychologin nicht ganz richtig gedeutet haben, den ich schaute nur verwirrt weil ich mich fragte wieso sie gerade diesen Gedanken wissen wollte. Es war fast so als würde sie ahnen, dass dieser Gedanke in irgendeiner Weise nicht ganz unbedeutend für mich war. Ich erinnerte mich noch genau an den Gedanken den ich damals hatte, denn dieser Gedanke war wenn ich zurückblicke einfach nur Ironie des Schicksals gewesen und im Nachhinein schämte ich mich etwas für diesen Gedanken. „Ich dachte in diesem Moment wie schön es sein musste jemanden so sehr zu mögen, dass man sogar Dinge akzeptiert die man vorher abgelehnt hat und einem solche Dinge dann auch sogar noch gefallen können.", sagte ich zu ihr. Meine Augen füllten sich mit Tränen. „Ich dachte wie schön es sein müsste so verliebt in jemanden zu sein, wie Lily es zu dem Zeitpunkt war. Wie verrückt das war, dass verliebt sein dich und deine Wahrnehmung und deine Meinung ja so verändern und betäuben und die Realität im Kopf so verzehren kann, dass einem sogar dummer Deutschrap gefällt... Wie man einfach blind verliebt sein kann... Einfach blind voll Liebe.", sagte ich und merkte wie wütend ich wurde. „Es geht nicht um den Deutschrap alleine oder Emma?", fragte mich meine Psychologin. Ich antwortete nicht und schaute nur auf die kleine Narbe, die auf meinem Knie immer noch gut zu sehen war und alle Erinnerung an diesen Sommer, der so schön angefangen hatte, dass man gar nicht zu glauben wagen würde, dass er so schlimm enden würde, schossen wieder in meinem Kopf. Die Tränen rollten nun meine Wangen runter. „Hier, es ist okay mal deine ganzen Emotionen und Gefühle raus zu lassen. Lass es ruhig in aller Ruhe und Ausführlichkeit raus.", sagt meine Psychologin in eine sehr monoton und beruhigenden Stimmlage und gab mir ein Taschentuch . Ich schaute immer nur noch weiter auf die Narbe an meinem Knie und atmete einmal tief durch. „Inzwischen ist es mir etwas peinlich wie ich damals gedacht hab.", sagte ich. „Wollte er auch von dir dass du seine Sachen magst und dich für ihn veränderst?", fragte sie mich weiter. „Nein, das wollte er nie. Er hat mich ganz sein lassen wie ich wollte.", sagte ich. „Zumindest am Anfang...", fügte ich noch leise hinzu. „Nein er wollte nicht dass ich so bin wie er... Vielleicht weil er wusste was für ein Monster er ist. Er wollte einfach nur das ich seins bin. Ganz und gar komplett zu 100% seins.", sagte ich noch leise und versank wieder in den Gedanken an die Busfahrt.

Wieder ein etwas längeres Kapitel und ich hoffe euch gefällt euch wieder gut. Ich freu mich über jeden Kommentar von euch und vergesst nicht für mich abzustimmen. 💜💜💜

Mein Freund der FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt