Kapitel 2

47 2 0
                                    

- 2 Jahre zuvor -

Triefend nass vom Regen komme ich am Montagmorgen mit zwei Bechern heißem Kaffee in mein Büro in Los Angeles. Als ich mit 19 Jahren anfing meine Bilder öffentlich zu posten, hatte ich es mir niemals erträumt, dass ich eines Tages davon leben könnte. Ein Bild, welches ich von meiner sehr guten Freundin gemacht hatte, nachdem sie mir erzählte, dass sie auf Frauen steht, ging um die ganze Welt. Es zeigte ihr von Tränen überlaufenes Gesicht mit roter Nase, dabei ein unfassbares Lachen auf dem Gesicht. Sie konnte die größte Last, welche sie über Jahre mit sich herumgetragen hatte, in diesem Moment hinter sich lassen und war befreit. Bis heute ist es mein absolutes Lieblingsbild, weil die Emotionen einen durch das Bild zutiefst berühren. Seither sind sechs Jahre vergangen und ich besitze mein eigenes Fotostudio, mit meinem eigenen angestellten Sekretär und mittlerweile besten Freund, Ben. Ich fotografiere auch längst nicht mehr nur meine engsten Freunde und Hochzeiten fremder Menschen. Durch das virale Wunder hatte ich es geschafft, mir einen Namen in der Welt der Stars und Sternchen zu machen. Die erste prominente Person vor meiner Kamera war Cole Sprouse, der selbst auch als Fotograf tätig ist und, nachdem er verschiedene Werke von mir begutachten konnte, von mir fotografiert werden wollte. Seitdem schwimme ich in Aufträgen, habe Personen wie Miranda Kerr, Sophie Turner oder die Jonas Brothers vor der Kamera. Ben regelt meine Aufträge, achtet darauf, dass ich meinem Job bestmöglich nachgehen kann und erinnert mich hin und wieder daran etwas zu essen, wenn ich mit meinem Kopf mal wieder nur bei der Arbeit bin.

„Was für ein mieses Dreckswetter! Nie regnet es und dann fängt es an, wenn ich keine scheiß Kapuze habe", schimpfe ich, als ich meinen durchnässten Mantel an die Garderobe hänge. Ich stelle einen der Kaffeebecher auf meinen Schreibtisch und steuere dann mit dem zweiten auf den Schreibtisch, an dem Ben es sich bereits gemütlich gemacht hat, zu.

„Du bist ein Engel" Strahlend nimmt er mir den Kaffeebecher ab und drückt mich kurz zur Begrüßung.

„Dom hat heute Morgen schon drei Mal angerufen und darum gebeten, dass du ihn für sein neues Albumcover ablichtest. „21st Century Liability" soll Ende des Monats erscheinen und er will in... einer Zwangsjacke fotografiert werden.", erzählt Ben etwas unsicher.

„Ich mag diesen Jungen. Wirklich. Aber es ist gerade mal 7 Uhr morgens und er hat schon so eine unglaubliche Energie." Er schüttelt leicht den Kopf, was mir ein größeres Lachen entlockt.

„Ich nehme an, du hast ihm einen Termin zukommen lassen?", frage ich Ben, obwohl ich die Antwort schon kenne.

„Natürlich!", antwortet er in einem gespielt beleidigten Ton.

„An deinem Platz liegt eine Liste mit allen Terminen, die diesen Monat anstehen. Du bist mal wieder völlig ausgebucht.", sagt Ben mit einem schelmischen Grinsen auf dem hellen sommersprossigen Gesicht.

Ich überfliege die Liste und klopfe mir gedanklich selbst auf die Schulter. Ich bin jeden Tag erneut wahnsinnig stolz und dankbar über meinen Erfolg. Ich sehe, dass ich heute Colson Baker fotografieren werden, doch finde keine Anweisungen wie das ganze ablaufen soll. Normalerweise haben meine Kunden bereits eine Vorstellung, in welcher Situation ich ihre Bewegungen und Emotionen festhalten darf. Zwar ergibt sich das meiste spontan, wenn man erstmal loslegt, aber ein gänzliches Fehlen von Bemerkungen des Kunden ist unüblich.

„Ben, was hat Colson für Vorstellungen geäußert? Und wofür sollen die Fotos sein?" Darauf schüttelt Ben seine roten Haare und zuckt mit den Achseln bevor er sich wieder dem Beantworten von Mails widmet. Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass ich noch zwei Stunden Zeit habe, bis ich an der vereinbarten Adresse sein muss. Ich habe also noch genug Zeit meine Arbeitstasche mit verschiedenem Equipment zu überprüfen und Ersatzakkus aufzuladen.

Pressures from outside us - A Colson Baker StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt