Kapitel 11

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Eine Stunde lang irre ich von Person zu Person und werde in unwichtige Gespräche verwickelt. Dom bekomme ich den ganzen Abend kaum noch zu Gesicht und auch seiner Begleitung Jesse laufe ich nicht mehr über den Weg. Dom hatte da was erwähnt, hallen ihre Worte noch immer in meinen Gedanken nach. Aus irgendeinem Grund muss ich schmunzeln. Ich öffne gerade eine neue Flasche Bier, als ich die rothaarige Frau, mit welcher Colson zuvor verschwunden war, am anderen Ende des Raumes sehe. Ihre Wangen sind gerötet und ihre Augen glänzen. Unweigerlich lasse ich meine Augen durch den Raum schweifen, in der Hoffnung einen Blick des großen blonden Mannes, welcher mir seit geraumer Zeit kaum aus dem Kopf geht, zu erhaschen. Einige Minuten vergehen bevor ich ihn sehe. Seine Haare sind noch zerzauster als zuvor und auch er hat leicht gerötete Wangen. Mein Magen zieht sich bei dem Gedanken an seine Hände in ihren roten Haaren und seinen Lippen auf ihren zusammen. Sofort bin ich genervt von mir selbst und den Gefühlen, welche Colson in mir auslöst. Plötzlich schaut er mir direkt in die Augen und fixiert meinen Blick.

Mit meiner Bierflasche in der Hand gehe ich zu Dom und Jesse, um mich zu verabschieden. Meine Motivation, noch länger auf dieser Party zu sein ist auf einmal verschwindend gering. Als ich es schließlich geschafft habe, den beiden glaubhaft zu vermitteln, dass ich eine harte Arbeitswoche hinter mir habe und zu müde für eine Fortsetzung des Abends bin, verlasse ich den Raum und stehe auf einmal in der frischen Nachtluft. Der leichte Nieselregen ist eine angenehme Erfrischung. Ich beschließe, ein Stück zu gehen, um den Kopf freizukriegen.
„Zu müde also?", ruft mir eine allzu bekannte Stimme hinterher, als ich mir gerade eine Zigarette anzünde.
„Colson... Was willst du?" Mit seinen langen Beinen hat er mich schnell eingeholt und läuft neben mir her.
„Du musst vergessen haben, dass du dich nicht von mir verabschiedet hast", entgegnet er mir. Reflexartig entfährt mir ein schnaubendes Lachen.
„Jetzt mal ernsthaft Colson, was willst du von mir? Von deinen Launen bekomme ich ein Schleudertrauma. Erst bist du extrem unfreundlich, dann extrem nett, dann ignorierst du mich und willst mich so schnell wie möglich loswerden, dann sprichst du mit mir, als wäre nichts gewesen und dann vögelst du-" Abrupt bleibe ich stehen. Shit, den letzten Teil wollte ich gar nicht mehr aussprechen. Ich atme tief ein und aus und schaue ihm schließlich in die blauen Augen. „Warum bist du mir hinterhergelaufen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir keine Freunde oder irgendwas in der Art sind."
„Du störst dich daran, mit wem ich Sex habe?" Seine Mundwinkel schießen in die Höhe, was mir einen Tritt in die Magengrube verpasst und meine Atmung schneller werden lässt. Ich schüttle den Kopf, ziehe an meiner Zigarette und setze meine Beine wieder in Bewegung, doch er läuft neben mir her. Es kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit, die wir so nebeneinander gehen, bevor er sich mir in den Weg stellt und mich fragend, aber immer noch grinsend anschaut.
„Was soll das Ganze Hin und Her? Macht es dir wirklich so viel Spaß mich zu verunsichern? Ich habe keine Lust auf deine Psychospielchen." Sein Grinsen beginnt zu schwinden. „Meinst du wirklich, ich bin noch keinen toxischen Männern begegnet, die Spaß daran gefunden haben, mich nach Belieben in eine bestimmte Richtung zu manipulieren? Fuck, wir sind doch nicht mehr in der Schule, oder? Sag mir einfach was du von mir willst, oder lass mich in Ruhe." Es tut gut, mir meine Gedanken von der Seele zu reden und ihm dabei in seine Augen zu schauen. Während ich spreche verliert Colson sein schelmisches Grinsen und schaut mir ernst entgegen.
„Ich... Ich weiß nicht, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen soll. Du gehst mir seit dem Fotoshooting nicht aus dem Kopf. Ich will dir die ganze Zeit nah sein und mit dir sprechen und... Das macht mir Angst. Ich wollte dich nach der Nacht in meinem Haus auf Abstand halten. Lieber unterbinde ich das Ganze selber, als dass am Ende ich derjenige bin, der verletzt wird.", beginnt er zu erzählen. „Aber dann warst du heute wieder da und ich musste einfach mit dir reden. Und dann hat Dom mir nach dem Auftritt gesagt, ich sei auf einmal so anders, was ich nicht auf mir sitzen lassen konnte. Und dann war da Lexi..." Die rothaarige. „Als ich dir danach in die Augen geschaut habe, habe ich es genossen zu sehen, wie aufgewühlt du auf einmal warst. Und als du dann gegangen bist, hat mir das einfach Bestätigung gegeben." Sein Blick sinkt auf den regennassen Boden und er atmet tief ein, bevor er mir erneut in die Augen blickt. „Ich bin es gewohnt, dass Frauen diese Psychospielchen, wie du sagst, mitspielen. Ich habe nicht erwartet, dass es dich so verletzt. Tut mir leid" Colson scheint auf einmal außer Atem zu sein und mindestens genau so überrascht von seinem Geständnis wie ich es in diesem Moment bin. Ich hatte wohl mit allem gerechnet, nur nicht mit einer solchen Gefühlsoffenbarung.
„Colson..." Plötzlich reißt er seine Augen auf und tritt einen Schritt von mir zurück. Für einen kurzen Moment schaut er mir in die Augen, als würde er versuchen, meine Reaktion zu deuten. Als ich zunächst nicht weiterspreche dreht er sich und setzt sich in Bewegung.

„Hey!", rufe ich ihm hinterher, doch er bleibt nicht stehen. Ich habe keine Chance mit seinen großen, langen Schritten mitzuhalten. „Jetzt warte doch mal!" Daraufhin bleibt er schließlich doch stehen und dreht sich langsam wieder in meine Richtung. Instinktiv greife ich seine Hand und warte, bis er meinen Blick erwidert. „Das kannst du nicht machen!", sage ich bestimmt. Sein Blick wandert erneut auf den Boden. „Ich... Ich wollte nicht...", beginnt er, doch ich unterbreche ihn. „Du kannst sowas nicht einfach sagen und dann wieder weggehen. Ich bin hier... Und du kannst nicht – Nein, ich will nicht, dass du gehst." Er bleibt still, drückt meine Hand nun aber auch mit seiner. Und auf einmal schließt er ohne Worte den Abstand zwischen uns und schließt mich in seine Arme. Ich spüre, dass er zittert.
„Ist alles okay?", frage ich leise und atme dabei seinen hypnotisierenden Duft ein. Dabei muss ich an die Nacht denke, welche ich in seinem Bett verbracht hatte. Colson drückt mich noch fester an sich, als zuvor schon und ich wünschte, der Moment würde nie enden. Doch das tut er und Colson lockert seine Umarmung und schaut runter in meine Augen.
„Ich wollte das alles gar nicht sagen. Ich meine, meine dummen Gedanken sind nicht dein Problem.", flüstert er beinahe.
„Wenn sie dich dazu bringen, mich als Marionette zu benutzen, sind sie es doch.", sage ich halb scherzhaft, halb ernsthaft. „Colson, wovor hast du so eine Angst?" Nun vergrößert er den Abstand zwischen uns um einen Schritt.
„Warum hast du so eine Angst dich mir zu öffnen?"
„Du könntest hassen was du siehst.", haucht er, wendet dabei seinen Blick aber nicht von meinem ab. Ich beginne meinen Kopf zu schütteln, doch seine Miene bleibt ernst.
„Ich hatte sehr dunkle Zeiten, habe Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin. Wenn ich dir all das offenbare und du mich dann verlässt... Ich weiß nicht... Ich weiß nicht, ob ich stark genug bin." Das einzige Licht, kommt von einer Laterne, ein paar Meter von uns entfernt. Doch das Licht reicht aus, um zu erkennen, dass sich seine Augen mit Tränen füllen. Als er sich gerade abwenden will, greife ich, wieder instinktiv, seine Hand. Dann trete ich ein Stück an ihn heran und führe beide Hände an die Seiten seines Gesichts. Seine Wangen sind leicht stoppelig. Ich schaue ihm nun direkt in die blauen Augen. „Colson, ich habe keine Angst vor deiner Vergangenheit. Wir haben alle eine, oder nicht? Und irgendwie hat sie dich zu dem Menschen gemacht, der du heute bist. Und der Mensch ist gut. Du bist gut genug, Colson." In meinen Händen spüre ich, wie er seine Zähne zusammenpresst und langsam ausatmet. Er bewegt seine rechte Hand zu meiner Hüfte und drückt mich näher an ihn heran. Sein Gesicht noch immer in meinen Händen stelle ich mich auf die Zehenspitzen und nähere mich mit meinem Gesicht immer näher seinem, bis er mir schließlich entgegenkommt und seine Lippen auf meine legt. Die Anspannung der letzten Wochen ist auf einmal wie weggeblasen. Seine Lippen fühlen sich weich auf meinen an. Nach einigen Sekunden öffnet sein Mund meine Lippen und unsere Zungen treffen sich. Ich bin wie elektrisiert. Ich wünschte, dieser Moment würde nie enden. Es fühlt sich an, als würden wir verschmelzen. Colsons linke Hand wandert langsam meinen Rücken bis zu meinem Nacken entlang und drückt mich noch näher an seinen Körper.

Als sich unsere Lippen wieder voneinander lösen, ruht seine Stirn noch für einen Moment an meiner. Ich öffne meine Augen und sehe, wie er noch mit geschlossenen Augen lächelt. Auch ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.
„Lass uns von dieser Party verschwinden", flüstert er mir zu und küsst meine Stirn. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 24 ⏰

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