Kapitel 6

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- 2 Jahre zuvor –

Ich bin nun fast 2 Stunden auf Doms Party und langsam werde ich müde. Die ganze Woche voller Projekte auf der Arbeit hinterlässt seine Spuren. Ein Drink noch, dann rufe ich Ben an und fahre nach Hause. Ich bestelle mir ein Bier und geselle mich wieder zu der Gruppe, mit der ich den ganzen Abend Shots getrunken hatte. Ich fühle mich gut, unbeschwert. Mit meinem Bier in der Hand mache ich langsam die Runde und verabschiede mich schon von all meinen neuen Bekanntschaften.
„Musst du wirklich schon gehen, Liv?", fragt Dom mit diesem Hundeblick, den er immer aufsetzt, wenn er etwas ganz bestimmtes will.
„Ich bin todmüde. Manche Menschen haben einen geregelten Arbeitstag.", necke ich ihn mit einem Kniff in den Arm und er beginnt zu lachen.
Ich gehe zurück zur Bar, lasse mich auf einem der Barstühle nieder und trinke genüsslich den letzten Schluck meines Biers. Der Abend war gut.

Langsam suche ich Bens Handynummer raus und will ihn gerade anrufen, als sich eine Hand sanft auf meine Schulter legt.
„Ich hörte, du gehst schon?" Colson lässt sich in den Stuhl neben mir gleiten.
„Trink noch ein Glas mit mir... Bitte?", fragt er mit einem Grinsen.
„Wo hast du Kim Kardashian gelassen?", murmle ich schmunzelnd, doch bereue die Frage sofort als Colsons Grinsen immer größer wird. Was für eine dämliche Frage.
„Eifersucht steht dir nicht.", flüstert er in mein Ohr, was mir eine Gänsehaut verpasst.
Sofort stehe ich auf, stelle mein leeres Glas auf die Theke und mache mich zum Gehen auf, doch Colson ist schneller. Lachend stellt er sich vor mich.
„Hey, entspann dich. Das war ein Spaß." Er beugt sich leicht zu mir herunter. „Und jetzt lass uns ein Bier zusammen trinken."
Er geleitet mich wieder zu den Barhockern und zieht seinen ein Stück näher an meinen, bevor er sich setzt.
„Sie ist übrigens nach Hause gegangen, falls du es genau wissen willst. Du scheinst dich ja sehr für sie zu interessieren." Während die Worte seine Lippen verlassen schaut er mich nicht an, sondern sucht den Augenkontakt des Barkeepers. Er bestellt zwei große Gläser Bier.
„Um ehrlich zu sein, ist sie genau mein Typ. Wenn du mir vielleicht ihre Nummer geben könntest?", entgegne ich mit ernster Miene und muss mir ein Lachen verkneifen als mich seine großen Augen treffen.
„Du... ehrlich? Du stehst gar nicht auf Männer?", fragt er leise.
„Eifersucht steht dir nicht", lasse ich ihn weiter zappeln. „Ein Scherz...", kläre ich ihn dann aber doch auf und sein Gesicht entspannt sich wieder. Daraufhin reicht er mir das Bier aus der Hand des Barkeepers weiter und stößt unmittelbar danach sein Glas gegen meins. Wieder fällt mir auf, wie nah wir uns eigentlich sind und ich spüre wie Hitze in mein Gesicht steigt.
„Mache ich dich nervös? Du hast ganz rote Wangen.", bemerkt Colson mit einer Handbewegung in Richtung meines Gesichts.
„Weißt du, deine Arroganz fasziniert mich wirklich." Ich kann unmöglich zugeben, dass er vielleicht sogar recht hat. Er macht mich nervös. Aber nicht auf die schlechte, unangenehme Art. Auf die aufregende und warme Art vielmehr. Meine Augen scannen seinen Körper. Sein Gesicht, mit diesen spahierblauen Augen, umrandet von blonden Zotteln, so umwerfend schön. Seine langen, tätowierten Arme, welche nur vermuten lassen, was für eine Kunst sich noch unter seinem Shirt verbirgt. Kunst. Er ist wie ein Kunstwerk, was mich komplett in seinen Bann zieht.
„Deine Fotos sind wirklich faszinierend.", setzt er an, wissentlich, dass ich ihn gerade beobachtet hatte. „Hey, es tut mir leid, dass ich so ein Arsch war. Bin wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden."
Seine Finger tippen nervös auf die Theke. „Du entschuldigst dich nicht oft, habe ich Recht?", stelle ich fest, als er es nicht schafft mir in die Augen zu schauen. Daraufhin schnaubt er kurz hörbar durch die Nase.
„Nie!"
„Wirklich charmant.", gebe ich ironisch von mir und nehme einen Schluck aus meinem Glas.
„Ich will mich einfach nicht anpassen. Konnte ich noch nie gut. Und wenn Leuten meine Art nicht passt, ist mir das egal." Er zuckt die Achseln leicht.

Da ist sie wieder. Diese Mauer, die er um sich erbaut hat und kaum einen Blick auf seine Persönlichkeit zulässt. Es gibt kurze Momente, flüchtige Blicke, in denen man glaubt einen kurzen Blick auf den wahren Colson Baker zu erhaschen, doch gibt er sich große Mühe unerreichbar zu sein. Als hätte er Angst vor dem was passieren kann, wenn er sich nur eine Sekunde zu lang menschlich zeigt. Ich hatte während meiner Projekte einige Menschen kennengelernt, die sich nie gänzlich öffnen konnten. Ich konnte die Angst in ihren Augen beobachten und die hastigen Blicke, wenn ich auf einen Teil ihrer Persönlichkeit gestoßen war, den sie bisher verborgen hatten. Meist sind diese Menschen so geschädigt durch Paparazzi, die überall zu lauern scheinen und Artikeln in Zeitschriften, die ihnen bewusstmachen, dass sie nie ganz alleine sein können. Mir war ein solcher Ruhm erspart geblieben. Und ich schätze mich glücklich, wenn ich all die gezeichneten Seelen sehe, die früher oder später zerbrechen werden.

Pressures from outside us - A Colson Baker StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt