„Hey, ich bin Amina. Und wer bist du?", fragte ich mit sanfter Stimme. Noch in der gleichen Position flüsterte sie. „Ich bin... Ich bin Emilie." Ich streichelte behutsam über ihren Kopf. „Emilie, hast du dir irgendwo weh getan?", fragte ich weiterhin mit ruhiger Stimme. Sie schüttelte nur leicht den Kopf. Eine Erleichterung machte sich in mir breit, jedoch beschloss ich, dass es hier nicht sicher war und wir verschwinden sollten. „Emilie, willst du mit mir kommen?" Ich sah sie fragend an. Doch anstatt mir zu antworten, wurde ihr weinen nur noch schlimmer. „Emilie?", fragte ich leise. Nun schüttelte sie wieder den Kopf. „Ich will zu meiner Mama", flüsterte sie leise vor sich hin.
Ich stand auf und schaute mich um. Der Nebel verschwand nun allmählig das Chaos und der Tod wurde immer deutlicher. Dann fiel mein Blick auf die kleine schlotternde Emilie. Sie konnte nicht hierbleiben. Ich bückte mich. „Emilie, du kannst nicht hierbleiben. Es tut mir leid." Mit diesen Worten hob ich sie hoch und nahm sie auf meinen Arm. Sie kreischte und versuchte sich loszureißen.
„Nein, lass mich los! Ich will zu meiner Mama", schrie sie und schlug mit ihren kleinen Händen auf meinen Rücken. Ich streichelte sie leicht, um sie zu beruhigen. Während ich einen Weg aus unserem Dorf suchte, schrie sie immer weiter und streckte ihre Hände in die Richtung, aus der wir kamen. Emilie zappelte und tritt. Nun schaute sie mich an. „Wieso? Bitte, bitte lass mich zu meiner Mama", krächzte sie mit heiserer Stimme. Ihr Gesicht war rot vom Schreien und ihre Augen aufgequollen. Ich schaute sie traurig an und schüttelte nur leicht den Kopf. Anstatt weiter zu schreien und sich zu wehren, vergrub sie ihren Kopf in meine Schulter und weinte. Mir zerbrach es das Herz, sie so leiden zu sehen. Nach einer Weile schlief Emilie vor Erschöpfung ein. Erleichtert streichelte ich ihr über den Kopf und hielt sie jedes Mal ein wenig fester, wenn wir an einer weiteren Leiche vorbeikamen.
Was war nur passiert?
Die Leichen der Menschen lagen immer noch in ihren Betten, kaum einer lag auf der Straße.
Warum, hatte niemand Alarm geschlagen?
Unser Dorf war, im Vergleich zu anderen, recht groß.
Und wie konnte das Feuer so leise gewesen sein?
Ich versuchte die Fragen zur Seite zu schieben und mich auf das Laufen zu konzentrieren. Als ich schon die Hauptstraße sehen konnte, hörte ich ein komisches Geräusch hinter mir. Im Augenwinkel erkannte ich eine dunkle Gestalt am Boden. Ich drehte mich langsam um, da ich Emilie nicht wecken wollte. Doch als ich sah was es war, fuhr ich so stark zusammen, dass Emilie leicht ihren Kopf hob, um zu schauen was mich erschreckte.
Reflexartig drückte ich ihren Kopf gegen meine Schulter. „Emilie, kannst du mir ein kleines Lied singen?", fragte ich wobei ich versuchte, nicht zu schreien. „Ich versteh nicht. Was für ein Lied?", kam es leise von Emilie. Ich starrte nach vorne. „Hast du irgendein Lied gegen Alpträume?", fragte ich stotternd und lief dabei rückwärts. „Ja, meine Mama singt mir immer eins, wenn ich nicht schlafen kann", antwortete Emilie traurig. Mein Blick war immer noch nach vorne gerichtet. „Kannst du das für mich singen?", stammelte ich.
Ich spürte nur ein leichtes Nicken gefolgt von einer leisen Melodie. Das Geräusch, welches mich zum Umdrehen veranlasste, wurde immer lauter. „Emilie, du musst lauter singen und immer weiter!", befahl ich ihr.
Ich hielt ihren Kopf weiterhin fest. Was hinter uns her gekrochen war, durfte sie auf gar keinen Fall sehen.
„Hilf mir!!", kreischte es von einem Mann, dessen ganzer Körper schwarz und verbrannt war. Ich schüttelte entsetz meinen Kopf und flüsterte: „Ich kann nicht."
„Kleiner Stern bring mir Licht, dann versprech ich, ich weine nicht", sang Emilie immer lauter. Der Mann machte eine Waffe an seiner Hose los und streckte sie mir entgegen. Wortlos ging ich weiter rückwärts. Seine Augen flehten mich an. „Bitte-", flüsterte er. Aber als ich immer noch nichts sagte, wurde sein Blick zornig und er richtete die Waffe auf Emilie. „Wenn du es... nicht tust, tu ich es!", schrie er mit schmerzerfühlter Stimme. Nein, nein nicht Emilie, dachte ich. Doch ich konnte es nicht tun. Er hielt die Waffe weiterhin auf Emilie, dann entsicherte er sie mit einem lauten Klick. Emilie verstummte. „Hey, mach weiter. Das ist ein schönes Lied", klagte ich. Emilie wusste, dass etwas nicht stimmte, jedoch fuhr sie zögernd fort. „Bitte nicht", flüsterte ich. Doch sein Blick war zu Stein geworden. Er zählte. „Eins..." Emilie und ich würden es nie schaffen wegzurennen. „...Zwei..." Ich zitterte und sah Emilie an. „Sternenlicht, verlass mich nicht...", sang sie leise. Ich hatte Angst.
Mein Körper wurde kalt. Impulsiv riss ich ihm die Waffe aus der Hand und richtete sie auf ihn. „Emilie, egal was du gleich hörst, du darfst nicht aufhören zu singen und auf gar keinen Fall darfst du deine Augen öffnen. Hast du mich verstanden", befahl ich. Emilie nickte leicht und sang lauter. Ich sah den Mann an. „Wieso können Sie es nicht selbst machen? Aber dafür ein kleines Mädchen töten!", schrie ich ihn an. Er lächelte nur schwach. „Ich habe Angst", gestand er. Mein Blick wurde dunkel. Als er merkte, dass ich zögerte, sagte er abfällig: „Was interessiert mich diese kleine Göre?! Wieso sollte ihr Leben mehr wert sein als meins. Dieses Kind ist nicht mehr wert als ein Stück-" Ein lauter Schuss unterbrach seinen Satz und er fiel ohne einen Ton zu Boden. Ich starrte nach vorne und mein Blick wurde kalt.
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Das Wispern des Windes-Man sagt, die Augen seien das Fenster zur Seele-
Fantasy„Amina, meine Süße. Es gibt viel da draußen, was du noch nicht verstehst. Ich kann dir nur sagen, dass manche Menschen meinen, die Augen seien das Fenster zur Seele." Als Amina ihre Augen öffnet, ist nichts mehr wie es vorher war. Ihr Dorf, ihre Fre...