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Die nächste U-Bahn Station war nur wenige Minuten entfernt und so erblickte Luna schon bald das Schild, welches ihr zeigte, dass sie da waren. Sie folgte ihrem Begleiter die Treppen hinunter, wobei sie darauf achten musste, ihn bei den vielen Menschen, die wohl alle zur Arbeit wollten, nicht aus den Augen zu verlieren. Drängende Körper drückten sich an ihr vorbei und sie war froh, als sie schließlich an den Gleisen angekommen waren. Ferguson warf ihr nur einen schnellen Blick zu, dann vertiefte er sich in den Fahrplan, der an der Wand hing. Das braunhaarige Mädchen ließ sich gegen die Wand sinken und atmete tief durch. Ein Blick auf ihre Uhr zeigte ihr, dass es bereits kurz nach Zehn war und sie blickte wieder zu dem Mann neben ihr, der seine dunkelgrünen Augen weiterhin auf den Fahrplan gerichtet hielt. 

Langsam fingen die Gedanken an, in ihrem Kopf herumzuschwirren und ihr Herz schlug vor Aufregung schneller. Alles ging so schnell, nie wieder würde sie in ihr altes Leben zurückkehren können. Sie war eine Elfe. Nein, eine Yuvai, verbesserte sie sich. Wieder kam ihr der Gedanke so unwirklich vor, wie ein Traum, eine Fantasie, ein Streich ihres Verstandes. Und doch überzeugten sie die ganzen Eindrücke und Reize, die ihr Körper wahrnahm vom Gegenteil. Nur schwer löste sie sich aus den Gedanken, die ihr Herz schneller schlagen ließen und dafür sorgten, dass sie nervös mit ihren Fingern an ihrem Oberteil spielte. Es war alles so endgültig. Es war, als würde sie blind geradeaus rennen, ohne zu wissen, was sie erwartete und doch konnte sie nicht umkehren. Ihr Leben würde sich verändern, ohne dass sie eine Kontrolle darüber hatte. Ein kaltes Gefühl umklammerte ihr Herz und sie spürte die Gänsehaut, die sich auf ihren Armen und ihrem Nacken ausbreitete. "Alles in Ordnung?" Eine besorgte Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Erst jetzt merkte sie, dass sie die Hände geballt hatte und sich ihre Fingernägel in ihre Handflächen gebohrt hatten. Schnell löste sie ihre schmerzenden Hände und sah auf. Es war Ferguson, der sie besorgt ansah, seine grünen Augen musterten sie freundlich. Sie nickte leicht und murmelte: "Es geht nur alles so schnell..." Verständnisvoll nickte der Mann und lehnte sich neben sie an die Wand. "Es wird dir in der Arunà Academy bestimmt gefallen. Dort gibt es viele nette Yuvai in deinem Alter, du wirst bestimmt schnell Freunde finden." Bei dem Gedanken lockerte sich Luna etwas und sie lächelte ihn dankbar an. "Sie haben recht... " Entschlossen stellte sie sich aufrecht hin und stützte den Arm in die Seite. "Wann fährt unsere Bahn?" 

Ferguson erklärte ihr, erleichtert über den Stimmungswechsel, den Plan und nur wenige Minuten später saßen sie in einer tatsächlich fast leeren U-Bahn. Das musste wohl daran liegen, dass niemand nach Feeshire wollte, was nicht weiter verwunderlich war. Wieder wanderten ihre Gedanken zu der Akademy. Wie sie wohl aussah? Ferguson hatte ihr je nichts verraten wollen. Egal wie sehr sie es versuchte, sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie mitten in diesem Wald eine große Schule stehen sollte. Leise seufzte sie innerlich, dann setzte sie sich etwas bequemer auf ihren Sitz und sah zu ihrem Lehrer, der ihr gegenüber saß und sie nun freundlich anlächelte. "Woher wussten sie eigentlich, dass ich eine...", das Wort stockte noch immer kurz auf ihren Lippen, bevor sie weiterredete, "... Yuvai bin?" Diese Frage hatte sie sich schon lange gestellt, schließlich wüsste sie gerne, wie er das herausgefunden hatte. Hatte er sie etwa beobachtet? Bei dem Gedanken wurde sie etwas verlegen, konnte ihren neugierigen Blick aber nicht von ihm lassen. Er lächelte beruhigend, als hätte er ihre Gedanken erraten, dann erklärte er: "Wir Yuvai spüren es, wenn jemand anderes zu uns gehört. Selbst wenn er seine Kräfte oder seine Zweitgestalt noch nicht entdeckt hat, so wie du. Aber meistens wissen die Jugendlichen schon von Geburt an, dass sie Yuvai sind, weil ihre Eltern ebenfalls welche sind. Für sie ist das ganz normal." Nach seinen Worten herrschte eine nachdenkliche Stille in dem Abteil. Luna starrte abwesend auf ihre Knie, während ihr Kopf fieberhaft arbeitete. Waren ihre Eltern etwa auch Naturelfen gewesen? Und was war mit ihnen passiert? Das erste Mal in ihrem Leben verspürte sie den Drang, mehr über ihre Eltern zu erfahren. Als könnte er ihre Gedanken lesen, erklang Fergusons sanfte Stimme: "Manchmal wird das Gen auch über Generationen hin vererbt, ehe es zum Vorschein kommt. Es könnte gut sein, dass deine Eltern nichts davon wussten." Luna seufzte leise und ließ sich in ihren Sitz sinken. Wahrscheinlich hatte er recht. Sie sollte nicht mehr darüber nachdenken. Es würde schon alles gut werden. Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Erschöpfung übermannte sie, es war zu viel passiert in den letzten Tagen. Langsam wurden ihre Glieder schwer und eine angenehme Stille herrschte in ihrem Kopf. Die Müdigkeit legte sich über sie und sie glitt in einen traumlosen Schlaf.

Verständnisvoll blickte der junge Lehrer auf die schlafende Gestalt. Sie hatte viel Aufregung durchgemacht. Und sie würde noch viel mehr Aufregung durchmachen. Sie hatte keine Ahnung, wer sie war und was das Schicksal für Wege für sie bereithielt. Und dennoch zweifelte Ferguson nicht eine Sekunde daran, dass sie es schaffen würde. Sanft blickte er das junge Mädchen an und konnte nicht verhindern, dass sein Blick über die kleine, blattförmige Narbe an ihrem Schlüsselbein fuhr. Es war ihr Schicksal, auch wenn sie noch nichts davon ahnte...



Das war auch schon das fünfte Kapitel meiner Geschichte, schreibt mir gerne Rückmeldungen in die Kommentare ^-^

Ich hoffe sie hat euch gefallen, votet gerne und seid gespannt auf das nächste Kapitel ;)

Lulu <3

Arunà AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt