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 Nachdem sie die Tür durchquert hatte, blieb Luna stehen. Das Büro des Schulleiters war groß, in der Mitte stand ein massiver Schreibtisch aus dunklem Holz auf dem jede Menge Sachen standen. An den Wänden standen Schränke und Regale in denen sich jede Menge unbekannter und merkwürdig geheimnisvoll aussehender Sachen befanden. Neben den großen Fenstern, durch die die Helligkeit in den Raum strömte, hingen Bilder von Tieren und Menschen, dem Aussehen nach Yuvai, an der Wand. Neben dem Schreibtisch stand ein großer Holzstab, an dem oben an der Spitze noch ein waagrechter Holzstab befestigt war. Verwundert fragte sich Luna, was das wohl war, doch sie fand keine Antwort darauf. Das Büro war trotz der vielen Möbel und Dinge sehr ordentlich und das Mädchen wusste gar nicht, wo sie hinschauen sollte. Ferguson führte sie bis zu dem Schreibtisch, wo sie stehen blieben. Er sah seine Schülerin nochmal freundlich an, dann sagte er: "Ich muss jetzt gehen, der Schulleiter müsste jeden Moment da sein." Ohne eine Reaktion abzuwarten, drehte er sich um und lief aus der Tür. 

Ein mulmiges Gefühl erfasste Luna, als sie nun alleine in dem großen Raum stand. Sie trat an den Schreibtisch und blickte in den hinteren Teil des Raumes, der anscheinend eine kleine Bibliothek beherbergte. Eine Tür war an der Wand, wahrscheinlich führte sie zu den Privaträumen des Schulleiters. Immer noch konnte das Mädchen niemanden entdecken, also räusperte sie sich leise und rief leise mit vorsichtiger Stimme: "Ähm.. Hallo? Ist hier jemand?" Ein paar Sekunden herrschte eine gespannte Stille, bevor Luna sich etwas entspannte und ein paar Schritte von Schreibtisch wegging. Sie würde wohl besser vor der Tür warten. Gerade als sie sich umdrehen wollte, hörte sie ein Geräusch. Es war der Flügelschlag eines großen Vogels, der direkt auf sie zugeflogen kam. Erschrocken wich Luna zurück, doch der Vogel setzte sich auf die Holzkonstruktion, die wohl eine Vogelstange war, schlug noch ein paar Mal mit den Flügeln und blieb dann still sitzen. Seine großen Augen fixierten das junge Mädchen, die sich sofort unwohl fühlte. Sie warf einen vorsichtigen Blick auf den unheimlichen Vogel, der sie immer noch anstarrte. Es war ein Uhu, soweit sich ihre Augen nicht täuschten. Er war sehr groß, hatte einen dickes, dunkelbraunes Gefieder, einen dicken Kopf mit langen Federohren und sehr große, gelb-orangene Augen. Luna wich sicherheitshalber ein paar Schritte zurück, ihren Blick starr auf den Vogel gerichtet. Das war wohl das Haustier des Schulleiters. Irgendwie unheimlich, fand sie und wollte sich gerade umdrehen, um zu gehen, als eine Bewegung sie innehalten ließ. Reflexartig blickte sie auf die Vogelstange, die jedoch leer war. Der Uhu war wie vom Erdboden verschluckt. In Lunas Kopf regte sich etwas, eine Erinnerung, die noch ziemlich frisch war. Sie sah sich um und tatsächlich bestätigte sich ihre Vermutung. 

Neben dem Schreibtisch stand ein alter Mann mit langen, glatten, dunkelbraunen Haaren, die von silbernen Strähnen durchzogen wurden. Sie fielen ihm glatt über die Schultern und endeten erst an seinem Rücken. Sein Bart war ebenfalls relativ lang und er trug eine lange, dunkelgrüne und edel aussehende Robe, die sein respekteinflößendes Auftreten noch verstärkte. In der Hand hielt er einen knorrigen, dünnen Holzstab, auf den er sich stützte. Natürlich, wie konnte sie nur so dumm sein! Das musste der Schulleiter sein, er hatte als Zweitgestalt einen Uhu. Irgendwie passte es zu ihm, fand Luna, während sie den Mann, immer noch etwas erschrocken, ansah. Sein Gesicht war alt und faltig, doch seine dunkelgrünen Augen zogen das Mädchen sofort in ihren Bann. Die Farbe war intensiv und glänzend, leichte goldene Sprenkel schimmerten darin und ein lebendiger Schimmer lag in ihrem Ausdruck. Bevor Luna irgendetwas sagen konnte, erhob er die Stimme. "Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken." Seine Stimme war tief, doch sie klang nicht bedrohlich, im Gegenteil, sie verstrahlte eine Ruhe und Gutmütigkeit, die in dem Mädchen einen tiefen Eindruck hinterließen. "Kein Problem.", meinte sie, immer noch etwas eingeschüchtert und sah zu, wie der Schulleiter sich hinter dem Schreibtisch niederließ und sie freundlich ansah.

 Er wies sie mit einer leichten Handbewegung an, sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch zu setzen und sie nahm Platz. "Mein Name ist Elladan Anduin Thurgood und ich möchte dich ganz herzlich an der Arunà Academy willkommen heißen", begrüßte er sie freundlich. "Professor Ferguson hat dir ja schon ein wenig die Schule gezeigt und wenn du noch Fragen hast, wende dich immer gerne an deine Mitschüler oder die Lehrer." Sie nickte dankbar, denn im Geiste sah sie sich schon völlig verirrt in den Gängen herumlaufen, und der Schulleiter fuhr fort: " Die Unterrichtsfächer hier sind Pflanzenkunde, Mathe, Tierkunde, Verwandlung und Verhalten sowie Geschichte. Deinen "Verwandlung und Verhalten"-Lehrer, Tian Ferguson, hast du ja schon kennengelernt, die anderen wirst du nach und nach kennenlernen." Etwas erschlagen von den vielen Informationen nickte Luna, doch Ferguson war noch nicht fertig. "Wie du bestimmt weißt, haben Yuvai heilende sowie sprossende Kräfte in den Händen, diese wirst du im Unterricht noch zu beherrschen und einsetzen lernen. Außerdem hat jeder von uns eine Zweitgestalt als Tier, die er beliebig wechseln kann. Du wirst deine noch im Verwandlungsunterricht kennenlernen, bis dahin noch ein paar Worte der Warnung: " Seine Stimme wurde strenger und er fixierte Luna mit seinen Augen. "Auf dieser Schule gibt es Regeln, die zur Sicherheit der Schüler und Lehrer eingehalten werden müssen. Keine Kämpfe zwischen Schülern in egal welcher Gestalt, nach 10 Uhr abends keine Ausflüge mehr in den Wald und vor allem möchte ich nicht, das hier zwischen Beutetieren und Raubtieren unterschieden wird. Alle Schüler haben ihre eigene Persönlichkeit und niemand darf wegen seiner Zweitgestalt geärgert, ausgegrenzt oder gar angegriffen werden." 

Seine Stimme war laut geworden und das junge Mädchen beeilte sich, zu nicken. Natürlich würde sie niemanden angreifen, sie sorgte sich eher um ihre eigene Sicherheit. Thurgood lehnte sich in seinen Stuhl, ehe er leiser und mit einem leichten Lächeln fortfuhr. "Ich hoffe, du bemühst dich,  deine Möglichkeiten in dieser Schule zu nutzen und zu lernen, deine Kräfte zu beherrschen. Sie werden dir später im Leben bestimmt noch nützlich sein." Er sah sie warm an und sie lächelte leicht. "Ich werde mir alle Mühe geben!" Die Worte kamen aus tiefstem Herzen und der Schulleiter nickte zufrieden. "Das freut mich zu hören, Luna Ellis. Du darfst nun zum Abendessen in die Haupthalle gehen, du musst hungrig sein." Ein belustigtes Funkeln glomm in seinen Augen auf und sie lächelte dankbar. Erst jetzt merkte sie, dass es schon Abend war und sie ihren Magen sträflich vernachlässigt hatte. Schnell verabschiedete sie sich höflich und machte sich mit knurrendem Magen auf den Weg in die Haupthalle.

Elladan Thurgood lehnte sich nachdenklich in seinen Stuhl und sah der Gestalt des Mädchens nach. Mehr als einmal war während des Gespräches sein Blick über die feinen Linien an ihrem Schlüsselbein, die ein Blatt bildeten, gehuscht. Sie war etwas besonderes, auch wenn sie davon noch nichts wusste. Aber er war sich sicher, dass sie die Aufgabe, die ihr das Schicksal gestellt hatte, bezwingen würde. Sie war die letzte Hoffnung für ihre Welt.



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Lulu <3

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