L O G A N

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Mit eiligen Schritten verlasse ich das Auto und klingel an Mat's Tür.  Eine Frau mitte 40 öffnet die Tür. Sie hat blondiertes Haar und trägt  ein breites Lächeln auf dem Gesicht, als sie mich erblickt. "Hallo  Logan! Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen. Komm rein." Mat's  Mutter tritt zur Seite und lässt mich reinkommen. Dass ich dich erst vor  einer Woche bei ihnen gewesen bin, erwähne ich nicht. Viel zu sehr freue ich  mich über die herzliche Begrüßung.

"Freut mich auch dich  wiederzusehen, Hannah." Sie strahlt mich an, was für eine wohlige Wärme  in meinem Inneren sorgt. So hat mich meine Mutter noch nie angesehen.  "Ich weiß ja wegen wem du hier bist. Aber du bleibst doch hoffentlich  zum Essen, dann kann ich dich ein bisschen ausfragen." "Natürlich bleibe  ich noch zum Essen. Wie könnte ich das Verpassen?"

Ich  steige die Treppe hoch. Vorbei  an Fotos der Familie, die  mich immer  wieder innehalten lassen. Mat und seine Eltern auf dem Spielplatz. Mat  mit fehlenden Milchzähnen. Jede einzelne Erinnerung, sei sie noch so klein, wurde aufgefangen. Bei uns zuhause gibt es jedes Jahr einen Termin zur  Aufnahme eines Fotos. Ein Fotograf kommt zu uns nachhause und schießt  Fotos. Alle müssen Akkurat aussehen. Kein einziger Fehler in der Pose, kein einziger  Makel im Gesicht. Die Fotos  werden immer im Nachhinein bearbeitet. Falten  retuschiert.

Mat's  Familie hingegen ist ganz natürlich. Sie  interessieren sich nicht für die Perfektion. Mat's Mutter hat mir damals, als ich sie auf ihre Falten angesprochen habe, gesagt, dass jede  einzelne Falte Teil ihrer Schönheit ist. Sie hat gesagt, dass die Fehler  in der Perfektion das Gesamtbild erst perfekt machen. Damals habe ich  das nicht verstanden. Meine Mutter hat immer nur  über ihre verwehende  Schönheit, aufgrund ihrer Falten, gejammert.  Doch jetzt, wo ich  älter bin, verstehe ich  sie.

Ich finde den Weg in Mat's Zimmer.  Er liegt auf dem Bett und schaut wieder irgendwelche Videos. Sein Zimmer  ist sehr wild und leicht unordentlich. Aber dennoch sieht es nicht ungemütlich  aus. Ganz im Gegenteil sogar. Es sieht bewohnt aus. Sein Bett ist gleich  links neben der Tür. Mat trägt Kopfhörer und scheint in sein Handy  vertieft zu sein. Grinsend pirsche ich mich an und springe auf ihn. Mat  wirft  sein Handy in die Luft und gibt ein ersticktes Keuchen von  sich.

Wir beide fangen an uns zu rangeln, ehe wir uns lachend voneinander  lösen. Mat fragt mich nicht einmal, warum ich unangekündigt bei ihm  auftauche, da er es sowieso schon gewohnt ist. Ich liebe sein Zuhause und seine  Familie, weshalb ich versuche so viel Zeit wie möglich hier zu  verbringen. Damals habe ich mich schon immer zu ihm geflüchtet. "Hey Loverboy, wie war dein Tag bis jetzt?", fragt mich Mat,  während er sein Handy vom Boden aufhebt. Er sieht glücklich aus, als er  keinen Riss findet.

"Naja. Ich wurde heute morgen von Nate  überrannt. Er hat mir in aller Frühe mitgeteilt, dass mein neuer  Leibwächter heute anfängt. Und das vor meinem morgendlichen Kaffee, möchte ich bitte betonen." Mat zieht entrüstet die Luft ein und schlägt  sich die Hände vor dem Mund. "Vor deinem Kaffee? Dieser Unmensch!" Ich  schlage ihm gespielt beleidigt gegen die Schulter. "Das ist nicht lustig, du weißt, wie ich dann drauf bin."

Mat nickt und schaudert. Er scheint  sich wohl an den einen Morgen zu erinnern, an dem er es wohl für eine lustig Idee hielt, mich ohne meinen  Kaffee zum Bäcker zu schicken. Mein ganzer Tag  war danach gelaufen und Mat durfte meine schlechte Laune ertragen. Das  war für uns Beide kein besonders schönes Erlebnis.

"Jedenfalls  habe ich heute meinen Bodyguard getroffen." Mat sieht mich abwartend  an. "Und, wie ist er nun?", fragt er mich ungeduldig, nachdem ich immer  noch nicht zu einer Antwort angesetzt habe. "Er ist einschüchternt und  nicht wirklich gesprächig. Ich weiß nicht so recht, wie ich mit ihm  umgehen soll." Ich seufze. "Und wie sieht er aus?" Augenblicklich werde  ich rot, was Mat zum grinsen bringt. "Das ist doch schon mal ein  gutes Zeichen, oder nicht?"

"Naja, er sieht vielleicht ganz  gut aus-.." Ich untertreibe Maßlos "Doch ich finde dass sein Verhalten  entscheidender wäre. Ich glaube der nimmt mir wirklich den letzten  Funken Freiheit, den ich noch habe." Mat beäugt mich skeptisch. "Und  dass willst du inerhalb von,  vielleicht einer Begegnung, wissen?"  Ich verenge meine Augen. "Ich weiß, dass er mich einschüchtert. Und du  weißt , dass ich das Gefühl nicht ausstehen kann."

Mat nickt. "Ich bin mir sicher, dass ihr bestimmte Defferenzen aus dem Weg schaffen könnt, wenn ihr euch einfach mal austauscht. Ich weiß vor allem dir fällt das manchmal besonders schwer, doch ich bin mir sicher, dass du das schaffen wirst." Mat sieht mich aufmunternd an. Ich liebe ihn genau dafür. Er ist immer für mich da und gibt die besten Ratschläge. Er gibt mich nicht auf. Das war bestimmt auch einer der Gründe, warum ich damals für ihn ein bisschen sehr geschwärmt habe. Doch diese Zeiten sind vorbei.

"Danke Matty!" Ich umarme ihn und wieder müssen wir beide lachen. Er ist der einzige der weiß, dass ich schwul bin, weil ich ihm vertraue. Nathan vertraue ich auch, doch ich weiß nicht wie er mit dieser Information umgehen wird. Mat hat mich von anfang an akzepiert. Es hat unsere Freundschaft zwar verändert, doch nicht ins negative. Seit dem kann ich viel offener mit ihm sprechen.

„Nathan hat mir außerdem mitgeteilt, dass der Typ jetzt bei mir einziehen soll." Das scheint auch Mat zu überraschen. „Ich hätte nicht gedacht, dass er einer fremden Person, in Verbindung zu dir, so viel Vertrauen schenkt. Das sieht ihm garnicht ähnlich." Ich nicke zustimmend. „Nein, das tut es nicht. Das habe ich mich auch schon gefragt. Ich weiß nur nicht wie ich damit umgehen soll. Was ist wenn ich mit seiner Art nicht aus komme?" Mein bester Freund schmunzelt. „Ich bin mir sicher dass ich eine Lösung findet, euch aus dem Weg zu gehen. Deine Wohnung ist groß genug. Außerdem kannst du immer zu mir kommen, wenn es gar nicht mehr gehen sollte. Du weißt, ich bin immer für dich da." Ich lächle ihn dankbar an.

"Also, hast du Bock was zu zocken?" Ich grinse. "Wenn du bereit bist, von mir plattgemacht zu werden?" Wir beide lassen uns in die Sitzsäcke fallen und schalten die Playsi an.

Nach einigen Stunden werden wir von unten zum Essen gerufen. "Ich hätte gewonnen," beschwert sich Mat, während wir die Treppe hinunter laufen. "Träum weiter, ich habe haushoch gewonnen. Du bist einfach nur ein schlechter Verlierer." Auser Atem komme ich im Esszimmer an, hinter mir Mat. "Ich hätte gewonnen! Nimm das zurück."

Hannah sieht uns tadelnd an, was uns zum kichern bringt. "Wie alt seid ihr Beiden? 1o?" Doch auch sie muss schmunzeln. Das Essen duftet wunderbar und ich schließe genüsslich meine Augen. Das Wasser läuft mir schon im Mund zusammen. "Braten aller Mama," sagt Mat, mit dem schlechtesten Akzent den ich jemals gehört habe. Ihn scheint das jedoch wenig zu interessieren und er sezt sich einfach auf seinen Platz.

"Das riecht wirklich köstlich," ertönt es hinter mir. Ich drehe mich um und dort steht Mat's Vater. Er umarmt seine Frau und gibt ihr einen Kuss auf den Scheitel. "Hallo Logan, sieht man dich auch mal wieder." Er wuschelt mir durch die Haare, was ich sonst gatrnicht leiden kann. Aber ich lasse ihn machen, denn ich liebe die Herzlichkeit mit der sie mich immer empfangen. "Ich freue mich auch wieder hier zu sein."

Wir wünschen uns alle einen guten Appetit, ehe wir zu Essen beginnen. Auch ein Phänomen, dass sich bei mir zuhause nie ergeben hat. Mit zwei Ausnahmen. Meine Mutter und mein Vater haben eine kritische Beziehung. Während mein Vater sich in Arbeit und Bekanntschaften stürzt, trauert meine Mutter um ihre vergangene Schönheit und Liebe. Für so etwas wie Familie bleibt da keine Zeit. Als Mat's Eltern davon erfuhren, waren sie ziemlich erstaunt. Sie haben mich damals fast immer zum Essen eingeladen, weil ich ihnen leid tat.

"Das schmeckt wirklich fantastisch!" Lobe ich Hannahs Essen. Die anderen Stimmen mir zu. "Ach was," winkt sie mit Bescheidenheit ab. Doch diese Bescheidenheit ist unbegründet, denn sie ist eine grandiose Köchin. Ich glaube schon seid dem ich klein bin, dass ihr Geheimrezept Liebe ist. Das hatte sie einmal nebenher gesagt, doch mir ist es im Gedächtnis geblieben. Vielleicht war das der Grund, warum meine Mutter nie kochte.

Nach dem Essen rufe ich James an. Es sind mehrere Stunden vergangen und der Tag neigt sich dem Ende. "Hallo?" Seine Stimme klingt abgehetzt. "Hallo James? Hier ist Logan. Könntest du mich gleich-.." Er unterbricht mich. "Bin in 10 Minuten da." Er würgt mich ab und ich starre nur fassungslos auf mein Handy. Wut kocht in mir hoch. Mat sieht mich fragend an. "Dieser Kerl ist doch nicht mehr normal! Er hat einfach aufgelegt." Mat schüttelt nur belustigt den Kopf.

Bodyguard (boyxman) your love is mineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt