ᶜᴴᴬᴾᵀᴱᴿ ²⁹

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Es war mittlerweile schon spät. Oder sollte man eher früh sagen? Es war immerhin schon 3 Uhr morgens. Mit der Zeit hatten sie sich dann doch etwas verschetzt. Statt sich über irgendetwas den Kopf zu zerbrechen, saßen sie lieber im Sand und schauten auf den See, der vom Mond ins weiße Licht getaucht wurde. Lauschten dabei den leichten Wellen, die durch den sanften Wind in Bewegung gesetzt wurden.
Levi saß angelehnt an Erens Schulter und schaute über den See. Sein Sitznachber genoss ebenfalls diese Stille und war mit seinem Gedanken gerade ganz woanders. Wer konnte es ihm auch verübeln? Vor nicht gerade mal langer Zeit war etwas passiert, worüber Eren zuvor nur geträumt hatte.

Er wusste schon relativ lange, dass er Levi nicht mehr als normalen Freund sehen konnte. Er merkte, wie anders er war, wie anders er dachte, wenn er in Levis Nähe war oder ihn nur ansah. Es veränderte alles für ihn. Und dass Levi diese Gefühle Eren auch entgegenbrachte, machte diese Sache nur noch reizvoller. Urplötzlich hatte er das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein. Dabei war er es vorher auch nicht. Er hatte seine ,,Familie" und seine Freunde. Doch nie hatte er sich vollkommen gefühlt. Es war, als würde immer etwas fehlen, doch nun hatte er das fehlende Teil gefunden. Und dieses saß gerade an seiner Schulter gelehnt neben ihn und schien auch gerade an jenes Szenario denken zu müssen. Es ließ Eren schmunzeln, wenn er an Levis Röte auf seinen Wangen nach dem Kuss dachte. Es schien wohl sein erster Kuss gewesen zu sein. Das verwunderte Eren auch nicht weiter. Levi war unbefleckt, rein. Und all diese und noch weitere Eigenschaften versuchte der Schwarzhaarige hinter einer harten Schale zu verstecken.
Doch an genau diesen Abend konnte Eren hinter diese Schale blicken. Ob es nun an dem Alkohol lag, wusste er nicht. Dies war jedoch eher unwahrscheinlich, da Levi etwas mehr auszuhalten schien. Zwar tranken sie nicht viel - gerade mal zwei, drei Flaschen - doch kannte Eren so manch andere, da hätte eine gereicht. Zum Glück konnte Eren mithalten. Es wäre doch etwas gefährlich geworden, hätte es zu viel gegeben.

Jedenfalls war Eren Levi sehr dankbar, dass er ihn sein Innerstes erblicken ließ. Am Abend hatte Levi gemeint, dass er keinen wahren Rückzugsort hätte - dass er Eren diesen auch nicht zeigen könne. Jedoch lag er dabei falsch. Sein Rückzugsort waren nicht die Bücher, auch nicht dieser für ihn neugewonnener Ort - Es war sein Innerstes. Levi versteckte seine wahren Gefühle, seine verletzliche Seite, vor der Welt. Eren war sich sicher, dass, wenn Levi alleine war, ganz anders dachte oder anders war. Es freute ihn sehr, dass er einen Teil Levis Schale knacken konnte, dieser es gar zu ließ. Es musste ihn wohl, wie Eren einschätzte, eine Menge an Vertrauen gekostet haben. Er hütete es ja wie einen Schatz.

"Eren...?", erklang es leise. Levi richtete sich auf und rieb sich die Augen. Er schien wohl müde zu sein. Es war ja auch schon spät. Da würde es ihn eher wundern, würde Levi quick lebendig umher tanzen. Auch wenn ihm diese Vorstellung doch als sehr lustig erschien. "Hm..?", brummte Eren sachte lächelnd zurück. "Es ist spät, gehen wir zurück? Wenn wir Glück haben, dann ist Anna schon am Pennen und bemerkt uns nicht. Jedenfalls sollte sie das.", murmelte der Schwarzhaarige. Gut, Alkohol machte ihn wohl nicht betrunken oder kuschelig, er schien wohl eher müde und träge davon zu werden. Hätte schlimmer sein können.
"Stimmt... Na dann, lass uns gehen.", sagte Eren und stand auf.
Sie packten noch alles zusammen, schlugen die Handtücher aus und stopften alles in ihre Taschen.

Dann machten sie sich auf den Weg zurück. Währenddessen sprachen sie nicht viel miteinander. Dabei hielt Eren nur Levis Hand, da er sonst fürchtete, dieser würde verloren gehen. Es war sein erstes Mal, was Alkohol anging, da wunderte Eren es nicht besonders, würde das passieren. Wenn er an sein ersten Mal zurück dachte, mussten seine Freunde ihn danach suchen gehen, da er es wohl etwas übertrieben hatte und die Idee, Verstecken zu spielen, lustig fand. Bei Levi sollte sowas lieber nicht passieren.

Als die beiden vor der Haustür angekommen waren, kramte Eren den Schlüssel hervor. Während er diesen benutzte, um die Tür aufzumachen, versuchte er dabei so leise zu sein wie möglich. Ihres Glücks war es dieses Mal auch mehr oder weniger leise.
Auf leisen Sohlen betraten sie den Flur. Bis jetzt konnten sie keine Geräusche vernehmen, weshalb sie erleichtert ausatmeten. Sie zogen sich die Schuhe aus und wollten gerade zu der Treppe laufen, als Eren ein kleines Geräusch hörte. Sofort hielten sie den Atem an.
Eren beugte sich nach hinten, um ins Wohnzimmer zu sehen. Als er dann sah, woher das Geräusch kam, musste er sich allen Ernstes ein Lachen verkneifen. "Was ist denn?", fragte Levi leise. Er wollte auch gerne wissen, was denn so lustig sein sollte. Sich den Mund haltend zeigte Eren auf die Coach, auf der sich eine völlig fertig aussehende, laut schnarchende Anna breit machte. Levis Mundwinkel zuckten nach oben. Damit hatte er wirklich nicht gerechnet.

"Ist doch jetzt auch egal...Komm.", unterbrach Eren die Situation und nahm Levis Hand, zog ihn weiter nach oben. Als sie im Stockwerk angekommen waren, begleitete Eren Levi noch zu seinem Zimmer. Er war eben ganz ein Gentleman.
"Ich wünsche dir eine gute Nacht.", sprach Eren sanft. Levi atmete sanft lächelnd aus. "Ich dir auch, Eren.", erwiderte er. Gerade als Levi die Tür schließen wollte, zog Eren ihn nochmal kurz zu sich ran und drückte ihn einen Kuss auf die Stirn. Dann verschwand er wieder und ging zu seinem Zimmer. Überrumpelt schaute Levi ihm hinterher und beobachtete nur, wie sich Erens Zimmertür wieder schloss.
Sich die Stirn halten ging er in sein Zimmer.

Mit einem ungläubigen Gesicht setzte er sich auf seinen Schreibtischstuhl und ließ den Abend nochmal in seinem Kopf Revue passieren. Und je mehr er darüber nachdachte, desto mehr musste er lächeln und verlegen dreinschauen.

"Es ist passiert... Eren und ich haben uns geküsst... Oh man. Dieses Treffen ist ja mal genau in die entgegengesetzte Richtung verlaufen, die ich mir gedacht hatte...", witzelte er, das Rot auf seinen Wangen nicht verschwindend. Er lehnte sich nach hinten gegen die Lehne, zog sein Bein auf den Sitz heran, legte seinen Kopf darauf und schaute nach draußen.

Er musste zugeben, er hatte Eren am Anfang völlig flasch eingeschätzt. Er dachte, er wäre nur ein Junge, der nicht genug Aufmerksamkeit bekam, Mist baute und seinen eigenen Kopf hatte. Teil stimmte dies zwar auch, doch nicht in dem Ausmaß, was sich Levi vorgestellt hatte. Eren war weitaus mehr als das. Er war weitaus mehr, als der nervige Mitbewohner. Er war eben Eren. Da konnte ihm keiner was vor machen. Jedoch war dies nur positiv gemeint - verdammt positiv. Levi dachte, Eren wäre jemand, der andere für seinen eigenen Vorteil ausnutzte - stellte sich als völlig falsch heraus. Dabei war es eines von Levis höchsten Geboten: Andere vom Aussehen her nicht zu verurteilen - Das durfte man einfach nicht. Hinter dem Schein nach Außen, konnte eine komplett andere Person stecken.

Eren war hierbei das beste Beispiel für. Er war eben Eren - nicht mehr und nicht weniger.

Und an diesem Abend hatte sich Levi das erste Mal richtig wohl in seiner Haut gefühlt ... sich geliebt gefühlt.

Stay With Me [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt