Als sie an diesem Abend in den Gemeinschaftsraum kam, war sie fix und fertig und wollte nur noch ins Bett. Der Kräuterkundeunterricht hatte heute etwas länger gedauert als sonst, weil einigen Schülern ihre springenden Knollen entwischt waren und sie sie wieder einfangen musste. Einige hatten sogar leichte Verletzungen davon getragen, weil ihnen in einem Moment der Unaufmerksamkeit eines dieser Biester direkt ins Gesicht gesprungen war. Sie selbst war zwar weitgehend unbeschadet davon gekommen, doch ihre Kleidung war voller Dreck und ihr taten die Füße vom vielen Stehen weh. Bellas Brief würde sie dann wohl erst am nächsten Tag beantworten.
Aber auch am nächsten Morgen fand sie keine Zeit dafür. Beim Frühstück wurde sie von ein paar Schülerinnen ihres Jahrgangs belästigt, die Fragen zu ihren Aufsätzen in Zauberkunst hatten. Zauberkunst und Verwandlung waren zwei Fächer, die ihr außergewöhnlich gut lagen und so beantwortete sie, wenn auch etwas widerwillig, die Fragen der anderen Mädchen. Mit ein wenig Glück würde sich die falsche Freundlichkeit irgendwann nochmal bezahlt machen.
Den ganzen Vormittag über hatte sie Unterricht, vielleicht hätte sie weniger Fächer wählen sollen, dann wäre wohl auch mal die ein oder andere Freistunde dabei gewesen, doch sie war nun mal ehrgeizig, auch wenn sie manchmal im Unterricht die Motivation verließ, so wollte sie doch am Ende ihrer Hogwartszeit etwas erreicht haben, denn vielleicht war dies das einzige, was sie je erreichen würde.
Und als sie auf dem Weg zum Mittagessen an Professor Slughorn vorbeilief, der ihr freundlich zulächelte und sagte, dass er sich schon freue sie heute Abend zu sehen, fiel ihr siedend heiß wieder ein, dass es bereits Freitag war und Slughorns Abendessen heute stattfinden würde. Normalerweise vergaß sie keine Termine, doch in den letzten Tagen war einfach zu viel passiert, sodass es wohl in den Hintergrund gerutscht war.
Wenn sie es vorher noch nicht gewesen war, so war sie jetzt definitiv gestresst. Bis zum Abend waren zwar noch ein paar Stunden, doch auch ihr Nachmittag war mit Unterricht gefüllt und eigentlich hatte sie sich bereits auf einen entspannten Abend, mit einem Buch am Feuer im Gemeinschaftsraum gefreut. Die letzte Woche war wirklich anstrengend gewesen und ein förmlicher Abend mit Slughorns Schleimerei war eigentlich das letzte, was sie jetzt wollte. Hinzu kam, dass sie sich noch nicht die geringsten Gedanken darüber gemacht hatte, was sie tragen wollte und nach dem Unterricht nicht unbedingt viel Zeit haben würde, um das perfekte Kleid herauszusuchen. Für einen Moment spielte sie tatsächlich mit dem Gedanken einfach abzusagen, doch dann riss sie sich zusammen, schließlich war sie eine Black und sie wollte nicht schon an einem vollen Terminkalender scheitern.
Der Abend kam schneller als erwartet und schon fand sich Narzissa auf dem Weg zu Slughorns Abendessen in den kalten Gängen des Schlosses wieder. Zum Glück war es von den Kerkern aus nicht allzu weit, sie hoffte, dass es dort warm sein würde, denn das einfache schwarze Kleid, in dem sie eine schlichte Eleganz ausstrahlte, war definitiv nicht für diese Jahreszeit gemacht.
Nervös fragte sie sich, wer wohl alles anwesend sein würde. Natürlich waren ihr einige Mitglieder des Slugclubs bekannt, doch in ihrem eigenen Jahrgang war sie zumindest die einzige aus Slytherin, die dabei war. Sie wünschte sich, dass Andromeda mitgekommen wäre, dann hätte sie sich wenigsten nicht ganz so allein gefühlt und der Abend wäre vielleicht sogar ganz nett geworden, doch so wusste sie nicht, was sie erwarten würde. Wahrscheinlich kannte sie niemanden, höchstens vom Sehen, sodass die Unterhaltung wohl mehr als nur angespannt werden würde.
Als sie schließlich vor der Tür stand, stellte sie fest, dass sie gerade noch pünktlich war, atmete einmal tief durch und setzte ein dezentes Lächeln auf, bevor sie anklopfte und eintrat.
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Eine Blume unter Sternen
FanfictionNarzissa Malfoy kennen wir alle. Doch wer ist eigentlich Narzissa Black? Woher kommt die Frau, die dem dunkelsten Zauberer aller Zeiten so kalt ins Gesicht lügen konnte? Als jüngste Tochter des altehrwürdigen Hause Black steht sie an der Spitze der...