8 - Mondscheintanz

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Es ist Samstag. Fast 24 Stunden sind seit dem Vorfall zwischen Blake und dem rothaarigen Jungen vergangen. Eigentlich habe ich mir geschworen, nie wieder Kontakt mit Blake zu haben – höchstens um ihn wegen gestern anzusprechen – aber ich habe meine Meinung geändert.

Ein letztes Gespräch. Ich werde noch einmal mit ihm reden und dann das Kapitel Blake Archer abhaken. Ohne dieses Gespräch und ein paar Antworten würde ich es nämlich nicht schaffen, loszulassen.

Ich seufze und beobachte mein Spiegelbild. Das, was ich sehe, bin nicht ich, sondern eine hübsche junge Frau. Ich trage ein schwarzes schulterfreies Kleid, das mir bis zur Hälfte der Oberschenkel reicht und ebenso schwarze High Heels. Meine blonden Haare fallen mir in langen Locken über die Schultern und umrahmen mein Gesicht. Mayleen hat mir dabei geholfen, mich zu schminken und das Endergebnis lässt sich wirklich gut sehen.

Ich fühle mich schön.

„Bist du dir sicher, dass du das durchziehen willst?", wendet sich meine Freundin ein letztes Mal an mich, bevor wir das Haus verlassen. Ich nicke. Roxy hat mir erzählt, dass Blake und seine Freunde heute Abend im Air sind und ich werde dort auch auftauchen. Wenn Blake dann genug Alkoholintus hat – zur Not werde ich selber nachhelfen – werde ich ihn mit meinen Fragen konfrontieren. „Ich werde das sowas von durchziehen!"

Eine halbe Stunde später befinden sich May und ich zwischen lauter tanzenden Menschen. Der Bass der Musik dröhnt in meinen Ohren und passt sich mit der Zeit meinem Herzschlag an. Überall sehe ich Menschen, die lachen und tanzen. Sie feiern ausgelassen und vergessen für einen Abend all ihre Probleme.

Ich wünschte, ich könnte das auch, allerdings ist mein Problem der Grund, weshalb ich überhaupt hier bin.

„Sollen wir uns etwas zu trinken holen?", fragt mich Mayleen lauthals über die Musik hinweg und deutet auf die Bar. Bei der Ausführung meines Plans könnte etwas Alkohol sicherlich nicht schaden. Zusammen schlängeln wir uns also zu der Bar und lassen uns von einem 20-jährigen Schönling zwei Maracuja Shots spendieren.

Das ist der Vorteil, wenn man zusammen mit May feiern geht. Sie zieht die Jungs wie Magneten an und bekommt letztendlich alle Getränke umsonst. Wir als ihre Freundinnen profitieren meistens auch davon.

„Du solltest mit ihm tanzen gehen", meint meine Freundin augenbrauenwackelnd, als wir unseren dritten Shot herunterkippen. Der 20-jährige Schönling hat sich als Jason vorgestellt und wirkt auf den ersten Blick ziemlich sympathisch. Spätestens als er uns erzählt hat, dass er in einem Tierheim arbeitet, ist es um mich geschehen.

Das ist auch der Grund, weshalb ich kichernd nach seiner Hand greife und ihn mit mir auf die Tanzfläche ziehe. Unsere Körper bewegen sich zu der Musik und harmonieren perfekt miteinander. Ich schiebe es einfach mal auf den Alkohol, als wir wenig später eng umschlungen weitertanzen. Ich habe meine Hände in seinem Nacken verknotet, während Jason seine Hände auf meinen Hüften platziert hat.

Er ist ein guter Tänzer, aber ich merke auch, dass er sich mehr als diesen Tanz erhofft. Ständig wandern seine Augen zu meinen Lippen oder in meinen Ausschnitt.

„Wie kann es sein, dass ich dich zuvor noch nie gesehen habe?", brüllt Jason gegen die Musik an und schenkt mir ein breites Lächeln. Ich zucke als Antwort nur mit den Schultern und lasse meine Hüften kreisen. „Du bist echt hübsch. Wie wäre es, wenn wir nach draußen gehen? Dort kann man sich besser unterhalten."

Aus Filmen weiß ich, dass Jungs definitiv nicht nach draußen gehen wollen, um zu reden. „Das ist aber gerade mein Lieblingslied", lüge ich und setze einen Schmollmund auf. „Ich kann jetzt nicht gehen. Ich muss unbedingt zu diesem Lied tanzen."

„Na schön. Dann danach?", fragt Jason hoffnungsvoll. Auch wenn es unfair von mir ist, nicke ich. Mir wird bestimmt noch eine gute Ausrede einfallen, warum wir doch noch weitertanzen müssen. Zur Not verstecke ich mich einfach auf der Toilette und komme nicht mehr wieder.

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