15 - Hoch hinaus

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Es ist Samstag – der Tag vor dem dritten Advent – und somit auch der Tag, an dem Blake seine Überraschung ausführen möchte.

Pünktlich um elf Uhr morgens klingelt es an der Haustür, sodass ich in Blitzgeschwindigkeit die Treppenstufen hinunterstolpere und die Tür aufreiße. „Troy!", springe ich Blake übermütig in die Arme und wuschele ihm durch die Haare. Er taumelt einen Schritt nach hinten, ehe er sein Gleichgewicht zurückerlangt und mir einen Kuss auf die Wange haucht.

Für einen kurzen Moment bin ich wie erstarrt. Ich weiß, dass dieser Wangenkuss nichts zu bedeuten hat, aber er löst einen Wirbelsturm aus Gefühlen in meiner Magengegend aus. Überall flattern Schmetterlinge herum.

Um mir nicht anmerken zu lassen, wie ich mich gerade fühle, wische ich mir über die feuchte Stelle und strecke Blake die Zunge heraus. „Bäh", murre ich dann und setze einen angeekelten Gesichtsausdruck auf. In Wirklichkeit würde ich am liebsten vor Freude in die Luft springen.

„Ich habe dich auch vermisst, Gabriella", grinst Blake schließlich und setzt mich wieder auf meinen Füßen ab. Sofort wandern seine Augen über meinen Körper. „Nicht schlecht", kommentiert er mein Aussehen und beißt sich auf die Unterlippe.

„Du hast ja darauf bestanden, dass ich mir Sportsachen anziehe", rechtfertige ich mich für meine schwarze Leggings und das türkise Sport Top. Meine Haare sind zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. „Hast du an die Wasserflasche und an Wechselklamotten gedacht?"

„Ja, Mum", seufze ich gelangweilt, wofür mich der Blondhaarige in die Seite zwickt. „Ich wette mit dir, dass du irgendetwas vergessen hast, Lucy."

„Wetten nicht?!"

„Wetten doch?!"

„Okay, Wette angenommen. Wie sieht es mit dem Einsatz aus?"

„Der Gewinner darf auf dem Rückweg entscheiden, welche Musik wir hören."

„Die Wette gilt, Blake."

Wir schütteln uns herausfordernd die Hände und versuchen dabei möglichst böse Blicke aufzusetzen, scheitern jedoch beide. „Dann kann es ja endlich losgehen", unterbricht der Blauäugige unseren Blickkontakt und schnappt sich meinen Rucksack.

„Bis nachher, Mum und Dad! Hab euch lieb!", brülle ich zum Abschied durch das Haus und schließe schnell die Tür hinter mir, damit mir ihre Antwort entgeht. Selbstverständlich musste ich meinen Eltern gestern erklären, mit wem ich heute etwas unternehme und gefühlte dreitausend Fragen beantworten. Im Endeffekt war aber – ganz zu meinem Erstaunen – mein Vater ziemlich glücklich, dass ich endlich mehr Kontakt zu Jungs habe.

Seiner Meinung nach gibt es keinen Grund, warum ich noch keinen festen Freund habe. Aber wer weiß – vielleicht habe ich ja bald schon einen Partner an meiner Seite?!

„Verrätst du mir, wo wir hinfahren?", durchforste ich nach einer Viertelstunde die Stille und drehe meinen Kopf zu Blake. Er schaut konzentriert auf die Straße und trommelt nebenbei im Takt der Musik auf das Lenkrad.

Wenn ich ihn genauer betrachte, fällt mir wieder auf, wie hübsch er eigentlich ist. Mit den himmelblauen Augen, den verwuschelten Haaren und seinen ausgeprägten Wangenknochen ist er ein absoluter Hingucker.

„Nope", grinst Blake nach einer dramatischen Ruhepause und veranlasst mich damit zum Seufzen. „Bitte", schmolle ich und schiebe die Unterlippe über die Oberlippe. „Bitte, Blaki." Leider schüttelt er bloß schmunzelnd den Kopf. „Idiot."

Die restliche Autofahrt ist in Schweigen gehüllt, das nur dann unterbrochen wird, wenn sich Blake über andere Autofahrer aufregt und diese mit vulgären Ausdrücken beleidigt.

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