30 - Entschuldigungen

388 27 18
                                    

Montag, 06.02.2017
„Lucy? Blake steht wieder im Garten!", höre ich die Stimme meiner Mutter. Das ist nicht sein Ernst oder? Ich habe es geschafft, ihm den restlichen Schultag aus dem Weg zu gehen und jetzt ist er bei mir im Garten? Ich rolle auf meinem Schreibtischstuhl zum Fenster und schaue auf Blake hinab. Dieses Mal trägt er keine Gitarre bei sich, sondern ein Megaphon.

„Ich weiß nicht, was ich getan habe, aber es tut mir leid. Es war sicherlich nicht meine Absicht, dich zu verletzen. Verzeih mir, Lucy!" Ich schüttele den Kopf und rolle zu meinem Schreibtisch zurück. Die Mathehausaufgaben sind wichtiger als Blake.

Außerdem kann er mir nicht erzählen, dass er nicht absichtlich mit Sabrina geschlafen hat. So wie es sich anhört, hat er sich aus Versehen ausgezogen, sie aus Versehen geküsst und ist aus Versehen mit ihr im Bett gelandet.

Dass das gelogen ist, wissen wir beide.

Dienstag, 07.02.2017
„Blake wartet draußen auf dich, Lucy." Ich reibe mir müde über das Gesicht und löffele mein Schokomüsli zu Ende. Ich ignoriere die Worte meiner Mutter und helfe stattdessen Chaya beim Essen. Ihre Finger sind mit Marmelade und ihr Mund mit Milch verschmiert. „Du kleiner Dreckspatz", lächele ich sie an und wische mit einem Feuchttuch über ihre Hände.

„Lucy, hast du mich nicht gehört? Blake steht vor der Haustür", wiederholt Mum ihre Worte und stellt eine Tasse unter die Kaffeemaschine. Dann wendet sie sich dem Wasserkocher zu und schüttet das heiße Wasser in eine andere Tasse mit einem Teebeutel. Wahrscheinlich ist dieser für Dad, da er krank im Bett liegt.

„Geh wenigstens raus und sag ihm, dass er die Straße nicht blockieren soll", fordert mich Mum auf und verschwindet mit der Teetasse Richtung Treppe.

Ich hingegen seufze und öffne die Haustür. Es dauert eine Weile, bis mich Blake sieht, doch sobald unsere Blicke aufeinandertreffen, ertönt Musik aus seinen Autoboxen. „Just one chance, just one breath, just in case there's just one left. 'Cause you know, you know, you know that I love you. I've loved you all along and I miss you."

Nickelbacks Lied Far away kann die Wunden auch nicht heilen. Also schüttele ich verletzt mit dem Kopf und gehe wieder zurück ins Haus.

Mittwoch, 08.02.2017
„Pass auf! Blake kommt hierher", warnt mich Roxy und zieht mich gleichzeitig zu ihrem Spind hinab. „Tu so, als würdest du etwas für mich suchen." Ich nicke und wühle dann wahllos durch ihre Bücher.

„Ähm, hey", nehme ich wenige Sekunden später Blakes Stimme wahr. „Kann ich kurz mit Lucy reden? Alleine?" Mein Herz setzt für den Bruchteil einer Sekunde aus, bis es sich wieder daran erinnert, dass die Scherben auf Blakes Kappe gehen. „Du siehst doch, dass sie gerade beschäftigt ist", faucht Roxy unfreundlich.

„Das ist aber gar nicht Lucys Spind, sondern deiner", erwidert Blake und zieht wahrscheinlich beide Augenbrauen in die Höhe. Es ist gruselig, dass ich weiß, wann er zum Beispiel seine Brauen hochzieht. Ich habe auf so viele Kleinigkeiten geachtet, während der Blondschopf immer nur an der Oberfläche herumgekratzt hat und das macht mich traurig.

„Weißt du, das tut gerade absolut nichts zur Sache, Blake." Ich bin unheimlich froh, dass mich Roxy verteidigt und unterstützt.

„Entschuldigung Lucy", haucht der Blauäugige und entfernt sich wieder von uns.

Donnerstag, 09.02.2017
„Wir sollten uns bald echt mal ein neues und vor allem höheres Gartentor zulegen", seufzt Mum, als sie mein Zimmer betritt. „Blake wartet unten auf dich."

Da der Blondhaarige immer noch nicht weiß, wofür er sich überhaupt entschuldigen soll, kann ich auch keine seiner Entschuldigungen annehmen. Es muss von Herzen kommen.

Paper HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt