~drei~

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2 Monate waren vergangen seit ich mit Jannis geredet hatte, seit dem hatte er sich nicht mehr gemeldet. Doch das war ok. Er sollte die Zeit bekommen die er braucht.
Ich war auf der Arbeit und hatte gleich Feierabend. Darauf freute ich mich, wenn ich ehrlich war. Denn ich hatte danach 1 Woche Urlaub, mein Geburtstag stand vor der Türe. Jetzt konnte ich langsam wieder etwas Gutes daran finden, selbst wenn ich ihn morgen alleine verbringen würde.
Meine Mutter war im Urlaub, sie hatte mir bei allem geholfen und selber eine schlechte Zeit durchgemacht. Die beiden brauchten den Urlaub.
Jetzt wollte ich eigentlich nur noch nach Hause, doch ich entschied mich dann zu Hause um und fuhr nach Köln. Parkte dort mein Auto und ging am Rhein joggen. So bekam ich am besten den Kopf frei.
Gerade an den Kranhäusern angekommen fing es an zu Regnen, deswegen stellte ich mich unter. In der Nähe war ein Restaurant und wenn ich es nicht auf den Augen hatte stand Jannis davor.
Bevor ich aber den Mut fand, zu ihm zugehen trat Julian aus der Tür, mit einer Tüte und einer Blondine im Arm. Sofort stockte mir der Atem. Er sah so anders aus als früher, hatte nicht mehr diesen jungenhaften Blick, war erwachsener geworden. Als er irritiert in meine Richtung schaute, verschwand ich ganz schnell um die Ecke vom Gebäude. Drückte mich an die Hauswand und schloss die Augen. Innerlich hoffte ich das sie in die andere Richtung gingen, was sie scheinbar auch taten, denn auch nach 10 min kam keiner hier her.
Vorsichtig lugte ich um die Ecke, sie waren weg. Gott sei Dank.
Zwar wollte ich mit Julian reden, doch nicht, wenn er seine Freundin dabei hatte.

3 Tage später war mein Geburtstag, 24 Jahre. Morgens setzte ich mich ins Auto und fuhr erst Blumen holen bevor ich mich auf den Weg zum Friedhof machte. Eigentlich war ich morgens nicht viel los, doch heute standen mehrere Wagen hier. Scheinbar war heute Morgen eine Beerdigung an der Kapelle. Also fuhr ich zum Seiteneingang und parkte dort.
Ganz langsam machte ich mich auf den Weg zum Grab, doch als ich um die letzte Ecke bog konnte ich dort jemand stehen sehen.
„Was machst du hier?" fragte ich den blonden und ging auf ihn zu.
„Jannis hat mir dein Brief gegeben. Ich dachte mir das du heute herkommst." erklärte Julian, sah mich aber nicht an, sondern sah nur auf das kleine Grab vor uns.
Ich stellte die Blumen ins Wasser und ging dann wieder einen Schritt zurück, wollte ihm nicht zu nahetreten.
„Hast du ihn gelesen?" fragte ich leise, er schaute noch immer auf das Grab.
„Ja habe ich. Sonst wäre ich nicht hier." schon während er das sagte, ging er einen Schritt zurück und sah nun zu mir. Ich konnte die Veränderung bei Julian sehen. Sein Gesicht hatte markantere Züge angenommen, seine Augen sahen auch nicht mehr so aus wie früher. Sie waren härter und nicht mehr so liebevoll wie früher, doch das hatte ich auch nicht verdient.
„Können wir reden?" meine frage kam nicht so sicher rüber wie ich es mir erhofft habe.
„Ja." antwortete er und setzte sich schräg gegenüber auf die Bank, ich ging auch dorthin, setzte mich ans andere Ende der Bank, soweit von ihm weg wie es ging.
„Es tut mir leid, dass ich dir damals vorgeworfen hab das du an allem Schuld bist. Wir hatten Streit, ich wollte zu dir kommen und mit dir nochmal reden. Jannis hatte mir gesagt du bist zu deinen Eltern gefahren. Also wollte ich dann dorthin kommen, auf dem Weg dahin fing es halt Stark an zu regnen."während ich das aussprach, kamen mir die Tränen, daran konnte ich nichts ändern. Immer wenn ich an diesen Tag dachte, kamen mir die Tränen.
„Ich bin nie gern bei so einem Wetter gefahren, dazu hatte ich schmerzen bekommen. Vermutlich durch den ganzen Stress. Ich wollte nur noch zu dir und mit dir reden, das alles wieder gut wird. In dem Moment schlug der Blitz in den Baum ein und ich konnte mir aussuchen vom Baum erschlagen zu werden oder den Wagen herumzureißen. Ich weiß bis heute nicht welches die bessere alternative gewesen wäre. Das, dass Auto hinter mir dann in meine Fahrertür knallt, wusste ich ja nicht. Ab da weiß ich eigentlich nichts mehr, erst wie ich im Krankenhaus lag und man mir sagte, dass die kleine Maus gestorben ist." ich schaute auf das Grab, doch viel sah ich nicht durch meine Tränen.

Julian saß noch da das wusste ich, durch meinen Augenwinkel.
„Dieser blöde Streit. Darin hab ich die Schuld gesucht und es tut mir bis heute schrecklich Leid das ich dich aus dem Krankenhaus geworfen habe. Ich hätte dir nie die Schuld dafür geben sollen. Als du weg warst, musste ich das Kind trotzdem gebären, glaub mir das war das schlimmste was ich bis jetzt in meinem Leben machen musste." nun legte ich mein Gesicht in meine Hände. Wenn ich daran dachte wie ich diese kleine Wesen, im Arm halten dürfte, konnte ich nur weinen. Als ich eine Hand an meinem Rücken spürte, zuckte ich zusammen.
„Ich wäre gern bei dir gewesen und hätte dir geholfen." hörte ich ihn sagen, das er überhaupt etwas sagte, wunderte mich. Also wischte ich mir die Tränen weg und schaute ihn an.
„Es tut mir leid. Ich weiß, dass es falsch war. Nachdem ich sie beerdigen konnte, fiel ich in ein Loch. Es hat 1 Jahr gedauert bis klar war das ich Depressionen hatte und Hilfe brauchte. Ich war in Therapie, hab mich sogar in eine Anstalt einweisen lassen auf eigenen Wunsch. Da musste ich natürlich alles aufarbeiten, alles nochmal durchleben und auch über uns reden."schon als ich weiter gesprochen hatte, sah ich wieder auf den Boden. Ich konnte ihn einfach nicht weiter anschauen, es tat zu weh.
„So wurde ich dann auch eben wieder mit dir Konfrontiert. Es tat verdammt weh unsere Beziehung nochmal durchleben zu müssen. Dieser blöde Streit war total Sinnlos, ich hätte dir nicht Nachfahren sollen. Doch das kann ich heute nicht mehr ändern. Ich möchte einfach nur noch damit abschließen. Ich möchte mich bei dir entschuldigen Julian. Mir tut es wirklich Leid wie es gelaufen ist doch ich kann es nicht mehr rückgängig machen."sobald ich geendet hatte war es still, nur den Wind der sich in den Bäumen fing konnte ich hören.
Seine Hand lag noch immer auf meinem Rücken, es fühlte sich schwer an doch ich würde nicht hingehen und sie abschütteln. Diese Stille war erdrückend.
„Wir können die Vergangenheit nicht rückgängig machen." hörte ich nun seine Worte, damit hatte er natürlich recht. Ich nickte deswegen nur.
„Ich hab Jannis schon gesagt das ich kein Problem damit haben, wenn ihr wieder befreundet seit, ihr wart gute Freunde und könnt es gern wieder werden." während er das sagte, nahm er seine Hand von meinem Rücken und stand auf. Ich schaute zu ihm hoch, er sah aber nur wieder Richtung des Grabs.
„Ich muss erst einmal alles sacken lassen." mit den Worten wand er sich ab und ging in die andere Richtung davon. Ich konnte es ihm nicht verübeln und ich war einfach nur froh, dass ich mir alles von der Seele reden konnte.

Ich hab keine Ahnung wie lange ich nun hier saß, doch irgendwann spürte ich wie sich jemand neben mich setzte und eine Hand an meinen Arm legte.
„Ist alles ok?" hörte ich die Stimme und als ich zu ihm schaute, war ich erstaunt.
„Was machst du hier Jannis?" fragte ich ihn und lächelte leicht, er war früher immer da gewesen, wenn ich mich schlecht gefühlt hatte. Jetzt war er wieder da und schon wieder, wenn es mir schlecht ging.
„Julian hat mir erzählt was passiert ist. Er hat dich gestern gesehen, wollte es erst nicht wahrhaben doch als ich ihm dann erzählt habe das du schon mal bei mir warst ist er fast ausgetickt. Sobald er deinen Brief hatte, ist er hergekommen, er dachte sich das du heute hierherkommst." erklärter er mir nun, ich nickte und schaute wieder zum Grab. Eigentlich war ich einmal die Woche hier, wenn ich es einrichten konnte.
„Komm lass uns gehen, hier den ganzen Tag sitzen bringt doch auch nichts." er zog mich mit hoch und wir gingen zum Ausgang.
An meinem Auto angekommen bleibe ich stehen und dreh mich zu ihm um.
„Danke das du ihm den Brief gegeben hast. Ich kann vielleicht endlich mit allem abschließen." sagte ich zu ihm und schaute ihn an. Er nickte und sah ein bisschen besorgt aus.
„Du willst jetzt aber nicht. Keine Ahnung. Selber aufhören zu leben, oder?" fragte er mich etwas unsicher. Ich schüttelte mit dem Kopf.
„Darüber hab ich zwar mal nachgedacht aber nein. Doch ich hab ein Angebot für einen Job in England. Vielleicht werde ich dahin gehen. Weg von dem allem hier."erklärte ich ihm, sofort schaute er mich traurig an aber er nickte.
„Ich fände es sehr schade, wenn du gehst." sagte er nun und ich schaute ihn überrascht an. Klar wäre es nicht einfach hier wegzugehen, doch ich hatte nichts mehr was mich hier halten konnte.
„Wieso?" mit viel Mut musste ich ihn das fragen. Immerhin war auch Jannis jemand der in meinem Leben keine Rolle mehr spielte.
„Ich hab meine Freundin vermisst. Nach deinem Brief ist mir klar geworden das du eine schreckliche Zeit durchgemacht hast. Ich möchte meine Freundin wiederhaben, wenn sie mir mein Verhalten verzeiht." sagte Jannis zu mir und schaute mich traurig an.
„Was soll ich dir den verzeihen? Ich hab doch alles kaputt gemacht." meinte ich zu ihm und sah ihn traurig an. Natürlich fehlte mir mein Freund und ich hatte meine anderen Freunde auch verloren da viele zu Julians Freunden gehörten. Deswegen hatte ich mich auch von ihnen Distanziert.
„Vielleicht einfach ein Neustart?" fragte er mich und lächelnd nickte ich.
„Gern." antwortete ich ihm und muss gestehen, dass es sich gut anfühlte mit ihm wieder zu reden.

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Ein Neustart mit Jannis?
Freunde kann man doch immer gebrauchen, oder?

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